Abschied für immer

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"Das kannst du nicht ernst meinen!".
Wütend geht die junge Halbfranzösin auf den Mann zu, von dem sie dachte, dass er ihr Vater ist.
"Du kannst nicht mit ihm zurück gehen!".
Gestern hatte sie es noch für einen üblen Scherz gehalten, doch heute wurde ihr bewusst, dass er es verdammt ernst meint.
Er will wirklich zurück.
Will wirklich eine Art "Neuanfang".
Ohne sie?
"Ich werde zurück gehen, Jüli", meint er leise aber trotzdem bestimmend.
In seiner Stimme ist soviel Ausdruck, dass es ihr einen Schauer über den Rücken jagt.
"Ohne mich?", fragt sie leicht verletzt, leicht beleidigt.
"Ich halte es für keine gute Idee, wenn du möchtest natürlich, ich würde mich freuen, aber du solltest vielleicht bei deinem Vater bleiben. Ich sage das nicht um dich loszuwerden, nein, ihr habt vielleicht nicht mehr viel Zeit".
Sie legt ihren Kopf schief, betrachtet ihn und denkt über seine Worte nach.
Er hat recht, und wie er recht hat.
"Wir werden uns trotzdem noch sehen, wir werden skypen", versucht er sie zu überzeugen.
"Okey", flüstert sie leise, bevor sie zu ihm geht und die Beiden sich in die Arme fallen.

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Nervös tänzelt er vor seinem Platz herum.
"Dinozzo, setz dich wieder hin!", meint ein ziemlich genervter Gibbs.
"Ich kann nicht, ich bin zu aufgeregt. Was ist wenn sie mit ihm zurück nach Deutschland geht?", macht der Halbitaliener sich selbst verrückt.
"Sie wird nicht gehen, Tony, vertrau mir", meint Ellie beruhigend.
Er hofft, dass sie recht hat.
Sie hofft es auch.
Seine Tochter lässt ihn den Schmerz vergessen, den Schmerz von Ziva.
Sie schließt diese Leere.
Zum gefühlten Hundertsten Mal öffnet sich der Fahrstuhl.
"Hei Leute", ruft eine sichtlich gut gelaunte Jüli.
"Und? Was hat er gesagt?", fängt Tony gleich an.
Leicht verwirrt legt Jüli ihren Kopf zur Seite und sieht ihn mit ihren grünen Augen fragend an.
Natürlich weiß sie ganz genau was ihr Vater meint, nur sie will ihn ein bisschen zappeln lassen.
"Komm schon, Jüli. Was hat er gesagt?", fragt der Halbitaliener noch verzweifelter, als vorher.
"Dass wir skypen werden, wenn die Beiden in Deutschland sind".
Tony sieht sie erst fragend an, dann überrascht und dann verdammt glücklich.
Ohne etwas zu sagen schließt er sie in seine Arme.

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2 Wochen später
Nie hätte sie gedacht, dass dieser Tag je kommen würde, dass sie diesen Tag noch miterleben würde.
Immer dachte sie, dass sie dann schon längst Tod sein würde, endlich wieder bei ihrer Mutter.
Erst gestern war sie wieder bei ihrem Arzt, alleine, wie jedes Mal.
Niemanden hat sie erzählt, was er zu ihr gesagt hat.
2 Monate, mehr hat sie nicht mehr.
Dann wird es endlich vorbei sein.
Aber jetzt, jetzt ist sie noch hier.
Hier auf dem Flughafen.
Der Flug nach Frankfurt geht in 2 Stunden.
Es ist der Flug ihrer Familie.
"Jüli...", schluchzt ihr kleiner Bruder.
Schnell nimmt sie ihn in den Arm, bevor auch sie in Tränen ausbricht.
"Wir skypen und in 3 Monaten kommen wir wieder, dann können wir ganz viel unternehmen, vielleicht sogar Fußball spielen", flüstert er zitternd.
3 Monate.
Dann wird sie nicht mehr da sein.
Verdammt, sie ist dabei zu sterben.
"Okey", flüstert sie nur.
Danach lässt sie ihren kleinen Halbbruder los und streicht ihm eine Träne aus dem Gesicht.
Als Nächstes geht sie zu Mark.
"Pass gut auf ihn auf", meint sie leise aber bestimmt.
Er nickt.
"In 3 Monaten sehen wir uns wieder".
"Mach dir nichts vor. Das ist ein Abschied für immer", flüstert Jüli.
Danach fallen sich nun auch die Beiden in die Arme.
"Danke, für Alles", flüstert Jüli und bricht dabei in Tränen aus, genau wie der Deutsche.
"Bleib stark".
Wie oft hat sie das schon in den letzten Jahren gehört?
Seit dem Tod ihrer Mutter ständig.
Es kommen ihr wie Stunden vor, als die Beiden langsam durch die Sicherheitskontrolle gehen.
Nie wieder wird sie ihren Bruder sehen.
Nie wieder den Mann, welcher für sie wie ein Vater war.
"Bleib stark".
Das wird sie.
Bis zum Ende.


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