Ich ging langsam durch den Schulflur. Menschenleer. Seelenruhig. Meine langsamen Schritte das einzige Geräusch. Die Pumpgun in der linken Hand, die Knarre in der rechten. Auf meinem Gesicht ein Grinsen. Genugtuung.
Ich stieß eine Tür auf. Sie versteckten sich unten den Tischen. Als würde ich sie nicht sehen, ha ha! Die Lehrerin schaut mich an. Ihr Gesicht. Eine versteinerte Maske aus Angst. Purer Angst. Quälend langsam richtete ich die Waffe auf sie. Ihre Antwort war ein Wimmern. Das Ziel, zwischen ihren Augen. Es schluchzte und wimmerte unter den Tischen. Dämliche Schisser, schauten immer weg und jetzt verlangten sie Mitleid von mir, oder was?
"Wo war mein Mitleid? Die Jahre lang? WO?" ich schrie in den stillen Raum und es hallte. Einige zuckten zusammen. Die Waffe immer noch zielgerichtet. Ich war bereit abzudrücken.Das Piepen des Weckers weckte mich aus diesem wunderbaren Traum. Ich seufzte. Aber der Gedanke, dass dieser Traum bald Wirklichkeit wurde, hob meine Stimmung.
Ich dachte wieder an Alina. Wollte sie mich wirklich kennen lernen? Oder ist sie das Instrument dafür mich endgültig auszuknocken? Ich war hin und her gerissen. Sie sagte, dass sie auch gemobbt wurde. War das eine Lüge? Ich konnte es nicht überprüfen, entweder ich glaubte ihr oder ich ließ es bleiben.
Ich fühlte mich albern, weil ich mir darüber den Kopf zerbrach. Als würde mich jemand kennen lernen wollen. Es nervte mich, dass sie es schaffte, sich einen Platz in meinen Gedanken ergattert zu haben.
Der Alltagstrott ging von vorne los. Ins Bad gehen. Duschen. Zähne putzen. Tasche schnappen. Schulbrote einpacken. Das Gelaber meiner Mutter ignorieren. Den Schulweg antreten.
"Ey!" Oh nein. Ich kannte die Stimme. Die Tonlage. Alina. Ich drehte mich um. Sie kam wieder auf mich zu gerannt, wahrscheinlich damit sie wieder keuchend und prustend vor mir stand.
"Was ist?" Ich war genervt.
"Ich lasse mich so leicht nicht abwimmeln. Ich weiß, wie du dich fühlst, Oliver! Mensch, ich war auch an deiner Stelle! Jetzt sei doch nicht so stur und lass jemanden an dich ran! Meine Güte!" Sie wirkte aufgebracht. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Warum lag ihr denn so viel an mir?
"Warum?" brachte ich kalt heraus. Sie zog wieder eine Augenbraue hoch. "Warum? Weil du ein Mensch bist! Der Bedürfnisse hat und auch wenn du es nicht wahrhaben willst, du brauchst Kontakte! Jemanden mit dem du reden kannst! Nimm es doch einfach an, Mensch. Mir hat es damals niemand angeboten!" Sie gestikulierte wie wild. Irgendwie hatte sie recht. Und es gefiel mir, dass sie sich so bemühte. Für mich.
"Hm.." ich war verunsichert und entwich ihrem durchdringenden Blick. Dann rollte sie nur mit ihren Augen.
"Lass uns gehen." Sie zerrte mich energisch am Oberarm mit sich. Wortlos gingen wir zur Schule. Zusammen. Nebeneinander. Irgendwas löste es in mir aus.Spätestens bevor wir das Schulgelände betraten, würde sie sich von mir lösen, mit irgendeiner billigen Ausrede, dass ich schon mal vorgehen sollte. Würden sie sie mit mir sehen, wäre ihr ganzes Image versaut. Man würde sie mit Sicherheit mobben! Wir kamen der Schule immer näher und weder ihr Tempo noch ihr Gesicht schien sich zu verändern. Man schaute uns an, aber wir ignorierten es. Wir. Ich lief neben ihr her und fühlte mich irgendwie.. gut. Die Augen direkt auf den Boden gerichtet, den fragenden Blicken wollte ich nicht begegnen. Es reichte, dass ich sie spürte.
Zusammen gingen wir ins Schulgebäude. Betraten den Klassenraum. Setzten uns an unseren Platz. Sie grinste mich an. Ich grinste zurück. Und alle starrten uns an. "Was machst du denn mit dem Freak? Hat er dir Geld gegeben oder was ist mit dir?" fragte einer aus der vorderen Reihe lachend. "Halt dein Maul." entgegnete Alina trocken und schaute nicht einmal hoch, während sie ihre Bücher auf den Tisch legte.
"War das so schwer?" fragte sie mich. "Was?" Ich verstand die Frage nicht. "Na jemanden an dich ran zu lassen?" Sie grinste und entblößte ihre wunderschönen Zähne. Wunderschön? Warte. Sie entblößte ihre Zähne. Stinknormale Zähne. Zähne halt. Ich zuckte mit den Schultern und versuchte nochmal zu grinsen. So oft hintereinander hab ich ewig nicht mehr gegrinst und es fühlte sich komisch an. Ich hatte auch das Gefühl, dass es komisch aussehen würde, einfach weil ich dieses Gefühl nicht mehr gewohnt war.
Sie kniff mir leicht in den Oberarm und ich, was war das? Ich glaub, ich lachte. Das Mädel war nicht von dieser Welt.Der Schultag war irgendwie.. schön. Alina wich mir nicht von der Seite, wir verbrachten die Pausen zusammen. Redeten über Musik, Bücher, Schule und so weiter. Und ich musste mir kaum blöde Sprüche anhören. Hin und wieder kam mal was. Aber es traf mich nicht. Das einzige was mich traf war der durchdringende Blick Alinas grauer Augen. Oder ihr Lachen. Was war nur los. Das Mädchen wirbelte alles durcheinander mit ihrer komischen Art!
Zuhause nahm ich mir vor an Projekt Gunman zu arbeiten. Aber wie sehr ich mich auch zu konzentrieren versuchte, Alina schwirrte mir den ganzen Tag im Kopf. War sie es? Der Grund auf den ich wartete, um weiter zu machen? Ich hatte mein Ziel doch aber bereits gefunden? Und das Werkzeug dazu versteckte sich im Koffer im Schrank. Ich gab mein ganzes Geld für den Scheiß aus und nun kam ein dahergelaufenes Mädchen und versuchte alles durcheinander zu bringen oder was? Ach scheiße. Das war also immer das wovon alle redeten. Dass Mädchen nur Probleme machten. Der Gedanke, dass sie alles zum scheitern bringen sollte gefiel mir überhaupt nicht.
Ich war mir sicher, dass ich sie nicht an mich ranlassen wollte. Aber ihre Augen brannten sich in meine und ihr Lachen zog mich magnetisch an. Es war schwer, sich davon abzuwenden. Zudem brachte es meine Fassade bereits zum Einstürzen. Und ich wusste, dass ich mich nicht dagegen wehren konnte. Das einzige, was mir blieb, war die weiße Fahne zu schwingen.
War ich wirklich so schwach? Oder wollte ich aufgeben?
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BANG BANG BABY
Teen FictionIn der Sekunde, in der der Wecker klingelt, beginnt der Albtraum. War es überhaupt noch ein Albtraum? Es war einfach die Realität. Gefühle? Ha ha. Du meinst Hass? Ja, das kenne ich, sonst nichts. Mobbing? Also Alltag? Ja, das kenne ich. Freunde? Hab...