Vollidiot

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Mein Kopf wurde hart gegen die Mauer gehämmert. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen bei diesem ekelhaften Schmerz der meinen Hinterkopf eroberte. Ich fand es lächerlich, dass sie das mit mir machten, nur weil ich einmal was gesagt habe. Es war mir aber klar, dass sie nur darauf warteten, dass ich ihnen einen Grund gab damit sie es rechtfertigen konnten, wenn sie mich schlugen.

"Was denkst du, wer du bist, Lehmann? Mh?" Die Worte wurden mir wortwörtlich ins Gesicht gespuckt. Lars war mir so nah. Es ekelte mich an, dass mich dieser widerliche Mensch anfasste.

"Kennst du Alina überhaupt? Kennst du sie?"

"Ja." antwortete ich kalt. Sie lachten.

"Wir kenne sie besser, du Spast. Wir kennen solche Schlampen. In und auswendig. Und du weißt einen Scheiß." "Weißt du, was sie auf ihrer alten Schule durchgemacht hat?" tönte es von links. Ich konnte mich nicht hindrehen, ich wurde immer noch fixiert. Was hatte das denn auch damit zutun.

"Natürlich weiß ich das. Besser als ihr. Ihr wisst gar nichts über sie." Ich schaute keinen von ihnen an. Ich wusste nicht, ob es die Hand auf meinem Kehlkopf war oder ob ich einen Kloß im Hals hatte, der mir die Kehle zu schnürte. Wenn Alina wüsste, wie sie über sie sprachen. Das würde sie nicht ertragen. Allein die Vorstellung davon, dass es sie traurig machen würde, oder sie sogar anfangen würde zu weinen, brach mein mein Herz. Ich wollte nicht, dass sie wieder gemobbt wurde. Sie sollte akzeptiert werden. Ich gönnte es ihr. So sehr.

"Ihr sollt nicht so über sie reden. Das hat sie nicht verdient. Ihr kennt sie nicht." fügte ich hinzu. Und dann ohrfeigte er mich mit der Hand die mir das Atmen schwer machte. Der brennende Schmerz ließ mich kurz die Luft anhalten. Er stand vor mir und durchbohrte mich mit seinem Blick. Sollte ich was sagen? Was erwartete er?

Jemand zog mich am Oberarm nach vorne und ich stolperte über ein Bein, dass mir in den Weg gehalten wurde. Und da lag ich. Gedemütigt im Dreck. Und weshalb? Wegen Alina. Ich lag auf dem Bauch und wollte auch nicht aufstehen. Das Gelächter blendete ich aus und schloss die Augen. Ich hoffte dass es das war. Die Augen und Handys, die auf mich gerichtet waren spürte ich. Ich wartete darauf, dass man mir in die Rippen treten würde. Oder auf den Kopf.

Aber nichts.

Ich merkte wie sich jemand vor mich hinkniete. Wartend darauf dass was passierte lag ich immer noch auf dem Asphalt. Dann schaute ich auf. Ein scharfer Blick schnitt sich in meine Augen. Ich verzog keine Miene. Mein Herz schlug, weil ich nicht wusste, womit ich rechnen musste.

"Alina ist eine hässliche, fette, dreckige, dämliche Nutte." quälend langsam, sodass ich auch jedes Wort ganz genau verstand wurden mir diese Worte mit einem breiten Grinsen ins Gesicht gerotzt.

Ich stand langsam auf. Klopfte mir den Dreck von den Klamotten ab. Sein Blick verfolgte mich. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er wusste, ich würde ihm nichts tun.

Der Satz dröhnte mir immer noch in den Ohren. Im Unterton dieses widerliche Grinsen. Er kniete immer noch und ich stand vor ihm. Worauf wartete er? Mein Herz klopfte, ich wusste nichts mit der Situation anzufangen. Was kam als nächstes?

Er hockte immer noch so da und machte auch keine Anstalten sich zu bewegen. Er grinste mich einfach nur an. Mit seinem scheiß selbstgefälligen Grinsen. Der hämmernde Schmerz in meinem Kopf. Das Stechen in meinen Händen, wo sich die aufgeschürfte Haut mit dem Dreck vermischte. Der Satz dröhnend in meinen Ohren. Und das Adrenalin dass durch meinen Körper pumpte und meine Knie zum Zittern brachte. Sollte ich wegrennen? Um dann festgehalten zu werden und noch mehr Schläge zu kriegen? Oder sollte ich mich wehren?

Das war eine einmalige Chance. Sekundenbruchteile, es war so unwirklich, aber ich tat es. Ich trat ihm mit voller Wucht ins Gesicht und hoffte, dass ich ihm nicht das Genick brach. Er fiel nicht einfach so um, er flog förmlich aus den Schuhen.
Alle starrten ihn an, Münder offenstehend und Handys immer noch gezückt.

Und das war meine zweite Chance. Sie hockten sich alle zu dem armen Jungen, der keinen Mucks von sich gab. Die Hände vorm Gesicht und das Blut quoll durch die Finger.

Und ich rannte davon. Ich wusste, dass wir nicht quitt waren, dass da noch was auf mich zu kam. Aber ich hatte mich gewehrt. Ich tat das für Alina. Beleidigungen gegen mich machten mir nichts. Das war ich gewöhnt. Aber über Alina sollten sie so nicht reden. Das ließ ich nicht zu. Und das sollten sie auch wissen.

Ich hatte zwar schreckliche Kopfschmerzen, aber ich war echt glücklich. Dass ich mich gewehrt hatte, ihnen zeigte, dass ich nicht nur das Opfer bin. Das war der Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte!

Zuhause angekommen spülte ich mir erstmal den Dreck aus den aufgerissenen Stellen in meinen Handflächen weg. Das brannte etwas. Das Adrenalin ließ mein Herz immer noch in doppelter Geschwindigkeit schlagen. Es war glücklicherweise niemand zuhause, also ging ich ohne groß Reden schwingen zu müssen, hoch in mein Zimmer. Ich warf meine Schultasche in die Ecke und ließ mich auf das Bett fallen. Der Kopfschmerz erfüllte meinen Kopf und ich hatte dasGefühl, dass er zu platzen drohte. Meine Hände pochten da, wo das offene Fleisch gesäubert wurde. Und das einzige, was ich hörte, war mein schneller Atem.

Ich starrte zur Decke. Wenn Alina davon wüsste. Sie wär sicher wahnsinnig beeindruckt. Ich nahm mir aber vor, ihr das nicht zu erzählen. Ich wollte ihr aber trotzdem jetzt schreiben. Ich stand auf und ging zu meine Tasche die ich zuvor in die Ecke gefeuert hatte und kramte nach meinem Handy. Am Taschenboden zwischen den ganzen Brotkrümeln und Papierschnipseln konnte ich es ertasten und zog es raus. Ich warf mich wieder auf das Bett und schaltete es ein. Es machte nervige Piepgeräusche und dann sah ich, dass ich eine ungeöffnete Nachricht von heute früh hatte. Es war Alina.

"Hey Olli, ich bin leider krank geworden über Nacht und komme heute und wahrscheinlich morgen auch nicht. Wir sehen uns am Montag wieder und sei nicht traurig!"

Sie hatte an mich gedacht. Ich wünschte ihr eine gute Besserung und legte das Handy wieder beiseite. Sie dachte an mich. Sie schrieb mir sofort heute Morgen um mir zu sagen, dass sie nicht kommen würde. Der Gedanke dass sie morgens direkt an mich dachte, machte mich glücklich. Meine Kopfschmerzen machten den Gedanken jedoch fast ungenießbar.

Dann war ich morgen wohl wieder auf mich alleine gestellt. Und durfte mich langweilen in der Schule. Na toll. Ich vermisste Alina. Schon nach einem Tag. Das gestand ich mir zwar schweren Herzens ein, würde es aber definitiv nicht laut aussprechen.

Ich entschied mich, schlafen zu gehen. Die Kopfschmerzen machten selbst Denken unerträglich und ich musste ja schließlich ausgeruht sein für morgen. Für den Tag der Rache. Sie würden mich morgen halbtot schlagen, dessen war ich mir fast sicher.

Ich legte mich hin, zog die Decke bis zum Kinn und schloss die Augen. Ein Grinsen zuckte um meinen Mund herum. Ich hatte Alina in Schutz genommen, in ihrer Abwesenheit, weil ich sie mochte. Ich mochte sie wirklich und würde das immer und immer wieder tun.

Ich glaube ich würde alles für sie tun. Und mit diesem Gedanken schlief ich ein.

BANG BANG BABYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt