11. WiFi für Ramsay

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Seit etwa zwei Tagen war ich nun schon nicht mehr im Internet. Sehnsüchtig seufzend stütze ich mich auf meiner linken Hand ab, während ich überschlug, wie nah diese Tatsache einer schrecklichen, menschheitsauslöschenden Apokalypse kam.

,,Haben Sie hier eigentlich WLAN?", entsetzt musterte mich der vor mir kniende Mitarbeiter, mit einem dieser unscheinbaren ,,am Tag bin ich langweiliger Büroangestellter, aber bei Nacht werde ich zu Batmans wichtigstem Handlanger, SteuerberatungsMan"-Gesichtern.

,,Junge, erstmal versuchen wir dich lebendig durch dieses Gespräch zu bringen und dann gibt es gratis WiFi und Kekse, ok?", murmelnd verschloss er meine Schutzweste und verabschiedete sich mit einem geformten Kreuz auf seiner Brust und einem verzweifelten Blick zum Himmel, also ihr wisst schon, zur grauen Betondecke.

,,Also, guck ihr nicht direkt in die Augen, fass sie auf gar keinen Fall an, keine lauten Kaugeräusche, kein Husten, sie bevorzugt Herrin als Anrede, unter deinem Tisch ist eine Tüte Chips befestigt, gib ihr zur Besänftigung im Notfall welche, wenn sie dich angreift, nimm die Arme schützend vor das Gesicht und denk daran, jeder Kratzer von ihr, ist ein Tag in der Isolationszelle für sie und ein sicherer für uns alle hier, für jeden Biss trägt sie eine Woche den witzigen Maulkorb, wie der von Schweigen der Lämmer. Bleib jetzt also einfach ganz ruhig und gelassen", noch nie habe ich so viel Angst aus einer Lautsprecheranlage herausgehört und so langsam beschlich mich das Gefühl, die Person, die da gleich durch die Tür kommen würde, sei die Verkörperung eines weiblichen Ramsay Schnee gepaart mit der bösen Besessenheit eines Gollum.

Und da stand das mysteriöse Mädchen nun im Türrahmen, die perfekten Beine beckenbreit auseinander gestellt, das spitze Kinn nach unten geneigt, die braunen Augen aber immernoch nach oben gerichtet. Das war so in etwa der beste böse Auftritt den ich je sehen durfte. Wäre sie Luke Skywalkers Mutter und hätte es ihm mit diesem Hüftschwung eingetrichtert, hätte er sicher viele Welten für sie weggesprengt.

Schluckend beobachtete ich Cruella de Vil, wie sie bestimmt die Lehne des Stuhls mir gegenüber umfasste, diesen hochriss und, wie einen verdammten Tennisball, über meinen Kopf gegen die verdammte Scheibe schleuderte.

,,Das verschissene Internet in meinem Zimmer ist so langsam, wie dein scheiß Affenhirn, Rainer, wenn sich das heute nicht mehr ändert, zieh ich deinem Pete die Nippel lang und du weißt, dass ich Humor nicht kenne", brüllend wurde die Schwarzhaarige vor mir von zwei Security-Leuten auf den Tisch gedrückt, bevor sie mit Plastikhandschellen wieder aus dem Raum abgeführt wurde.

Jeder sollte eine gemeingefährliche Geisteskranke in seinem Leben haben, das pusht das Adrenalin hoch und lässt einen weniger über den eigenen seelischen Gesundheitszustand grübeln.

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