Tag 2 - Part 3

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Stegi erwachte und konnte gar nicht fassen, dass er schon wieder am Strand eingeschlafen war. Mal ganz davon abgesehen, dass Tim weg war.
Stegi setzte sich blinzelnd auf und stellte fest, dass die Sonne so intensiv schien, dass es auch wirklich ermattend und einschläfernd war. Er tastete nach der Fanta, die bereits gut geleert war und trank ein paar Züge.
Er warf einen Blick auf sein Handy. Lange konnte er nicht geschlafen haben... Und Tim war bestimmt bald wieder zurück.
Er tippte ein paar Whats-app-Antworten und schickte seiner Mutter ein Foto vom Bodensee – und nach einigem Nachdenken das gleiche noch an ein paar der Jungs. Vor allem an die, die sich aufregten, wenn er ihnen unnötige Fotos schickte.
Als er fertig war, war Tim immer noch nicht wieder da. Also scrollte er durch seine Kontakte und klingelte Tim an, aber es ging sofort die Mailbox ran.
Hatte Tim sein Handy aus? Stegi starrte die Nummer an und legte dann rasch auf, weil er nicht auf Tims Mailbox quatschen wollte.
Wenn Stegi so die letzten Tage Revue passieren ließ... Er hatte Tim tatsächlich nicht ein einziges Mal an seinem Handy gesehen. Er hatte nicht mal einen Wecker damit gestellt, ein Foto geschossen oder auf die Uhr geschaut. Also... Hatte er es wohl wirklich ausgeschaltet.
In Stegi machte sich ein ganz ungutes Gefühl breit. So eine Ahnung, dass Tims „Alles ist okay" eine ziemliche Fassade war und er nur hier war, um vor irgendwelchen Problemen zu fliehen, mit denen er mit Stegi nicht sprechen wollte.
Das... das tat weh. Weil Tim ihm nicht vertraute. Nicht daran glaubte, dass es ihm helfen könnte, mit Stegi darüber zu reden. Weil Stegi gut genug war, Spaß zu haben und zu verdrängen, aber nicht für Gespräche über Wichtiges.
Weil Stegi nur Zeitvertreib und Realitätsflucht war, nichts, was in Tims wirkliches Leben gehörte.
Aber Stegi hatte ja auch nicht gefragt. Er hatte sich ja nie als Freund qualifiziert. Vielleicht... vielleicht würde Tim ja mit ihm reden, wenn er ihn darauf ansprach?
„Hey, alles klar?"
Stegi sah auf und Tim stand mit Eis vor ihren Handtüchern. „Haselnusshörnchen oder Erdbeer?"
„Erdbeer", sagte Stegi und sah Tim musternd an. Eigentlich sah er gut aus. Und irgendwie auch zufrieden mit seinen Eis-Hörnchen in beiden Händen. „Dein Handy ist aus. Akku alle?"
Tim reichte ihm sein Eis. „Oh. Nee, habs ausgestellt."
Stegi nahm das Eis und packte es erstmal aus. Er schluckte und fragte dann leise: „Warum?" Er sah Tim lieber nicht an, sondern sah weiter auf seine ungeschickten Finger und das dumme Einpackpapier.
Tim atmete laut aus. „Ich hatte keinen Bock auf den Lärm." Er riss das Papier von seinem Eis auf und zog das Hörnchen raus.
Stegi sah auf und ihn von der Seite an. Er sagte nichts, damit Tim weitersprach.
Tim warf ihm einen kurzen Blick zu und holte dann Luft. „Manchmal... manchmal ist dieses ganze Server-Ding und Youtube und die Community und alles... Alles so laut, weißt du? Ein ständiges Rauschen aus Stimmen, die versuchen, gehört zu werden. Ich hab sie ausgestellt. Einfach so." Er zuckte mit den Schultern. „Und ich hab mich mit meinem Vater gestritten und keine Lust, dass er mich anruft." Damit begann Tim, sein Eis zu essen.
Stegi hatte nicht mit so viel Offenheit gerechnet. „Okay", sagte er langsam. „Also machen wir ein Time-Out?" Er zögerte. „Ein Tim-Out?"
Tim sah ihn einen Moment an und lachte dann auf. „Ja, genau. Ein Tim-Out."
Sie saßen einen Moment mit ihren Eishörnchen da, bis Stegi fragte: „Warum mit mir?"
Tim zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Weil ich wusste, dass wir Spaß haben werden. Schätze ich."
Stegi, der schon eine andere Antwort erwartet hatte, atmete leise durch. „Wir können auch drüber reden, wenn du willst", sagte er schnell. „Also, musst du nicht. Nur, wenn du... drüber reden willst."
Tim lächelte ihn warm an. „Ich weiß. Danke."
„Okay", meinte Stegi laut und reckte sein Erdbeereis in die Höhe. „Das ist superlecker!"
Tim lachte und hob sein Eis ebenfalls. „Meins auch!"
„Dädädädädäääa!", trötete Stegi triumphierend und lachte dann mit Tim, wobei diese Zweifel, diese Angst, nicht genug zu sein, von seinem Herzen purzelte und gleichzeitig der Gedanke in ihm wuchs, dass alles ganz normal und okay war.
Da war nichts Seltsames zwischen ihnen. Sie waren einfach unglaublich, supertolle, meganahe, beste Freunde. Und das fühlte sich intensiv an, weil es das war. Eine intensive Freundschaft.
Viel, viel mehr als nicht genug.


Lächerlich [Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt