Stegi wurde langsam wach. Der Schlaf schien noch zwischen seinen Hirnwindungen zu kleben und er warf einen trägen Blick zu Tim, der noch tief und fest zu schlafen schien.
Er setzte sich auf und sah auf sein Handy, das an der Steckdose hing. Es war um halb acht – er hatte also vielleicht fünf, sechs Stunden geschlafen. Gar kein schlechter Schnitt.
Tim sollte aber noch mehr Schlaf abbekommen, also legte Stegi sich zurück ins Bett und versuchte, noch einmal einzuschlafen. Aber seine Gedanken waren laut und aufdringlich und sein Gefühl sagte ihm, dass sein Versuch nicht von Erfolg gekrönt sein würde.
Irgendwie geisterte diese ganze Tim-Gefühls-Sache in seinem Kopf herum. Dabei war er sich doch so sicher, dass Tim nur sein bester Freund war – und nicht mehr.
Schon allein, weil Tim nicht schwul war und selbst wenn er es wäre, würde er sich nicht in Stegi verlieben. Also... Also wäre es das Beste, wenn er es schaffen würde, diese Gedanken wegzuschließen und nicht an sich heranzulassen.
Das ließ sich aber immer viel leichter feststellen als durchsetzen.
Vor allem, wenn man wach lag, während der Grund der vielen Gedanken neben einem schlief und dabei nicht einmal schlecht aussah.
Wenn Tim wenigstens sabbern würde oder komisches Zeug reden oder... um sich schlagen. Stattdessen lag er einfach ganz friedlich da und nur seine Hand zuckte einmal kurz hoch. Vermutlich träumte er irgendwas.
Stegi nahm trotzig sein Handy zur Hand und lenkte sich mit allen möglichen Internetseiten ab, die ihm durch den Kopf schossen. Stalkte Profile von Freunden, beantwortete Nachrichten und Mails. Likete Tweets und beantwortete welche.
Dabei kamen ihm Unmengen von Stexpert-Posts unter, aber er konnte das mit Distanz betrachten – das auf den Zeichnungen waren nicht Tim und er, sondern byStegi und MinecraftExpertDE. Das war ein Unterschied.
Dennoch schoss er irgendwann ein Foto von dem schlafenden Tim. Einfach so.
Und dann ein Selfie mit dem schlafenden Tim. Er grinste übertrieben und hielt einen Daumen in die Kamera. Dann schickte er Tim das Foto per Whatsapp. Er würde es ja sehen, wenn er sein Handy wieder anstellte.
Irgendwann drehte Tim sich auf den Bauch, wurde aber dabei nicht wach. Ein Blick aufs Handy verriet Stegi, dass es inzwischen neun war. Er seufzte und stand dann doch auf. Aus seiner Tasche zog er frische Klamotten und ging dann duschen und Zähne putzen.
Dermaßen erfrischt setzte er sich mit Fanta vors Ferienhäuschen auf die Bank und sah in den Tag hinaus. Der Garten war winzig und ungepflegt, aber es standen ein paar Bäume und zur Straße eine recht hohe Hecke drauf, wodurch es irgendwie idyllisch war.
Vögel sangen und es roch nach Tau. Stegis Jacke roch ein wenig nach Kohle und Grill und irgendwie war es gleichzeitig himmlisch und herzzerreißend. Er würde wirklich gern noch bleiben – schon allein um noch mehr Zeit mit Tim zu verbringen.
Er seufzte. Seine Gedanken waren schon wieder da. Es war so lächerlich.
Er ging wieder ins Häuschen und setzte Tee auf. Dann schmierte er Brötchen und packte Zeug ein, das sich durch das Haus verteilt hatte und nicht noch gebraucht wurde. Schließlich nahm er sogar den Autoschlüssel und trug schon Dinge in den Kofferraum.
Theoretisch könnte er sogar schon den Kühlschrank ausstöpseln, aber er hatte keine Lust auf die Verrenkung. Stattdessen hängte er den Teebeutel in das heiße Wasser und stukte ihn, damit der Tee schneller durchzog.
Er hörte Tim, bevor er ihn sah und grinste zu ihm hoch, als er durch die Luke schaute. „Naa?", fragte Stegi grinsend. „Schon wach?"
„Was heißt hier schon?", gab Tim zurück und zog den Kopf zurück, um dann runterzuklettern. „Ist doch noch nicht spät. Warum bist du schon auf?"
Stegi zuckte mit den Schultern und hielt ihm den Tee hin. „Bin wach geworden."
„Hm", machte Tim und nahm die Tasse. „Danke. Seit wann bist du nett?"
Stegi boxte ihn in die Seite. „Werd mal nicht frech!"
Tim lachte nur und nahm den Teebeutel aus der Tasse und entsorgte ihn in der Spüle. Dann nippte er daran und nickte. „Man schmeckt die Liebe."
Stegi neigte den Kopf. „Wer's kann, der kann's."
Tim gähnte. „Ich hab aber noch gar keinen Hunger. Vielleicht geh ich erstmal duschen."
„Mach das." Stegi ging in die Küche. „Ich ess was. Wir wollen ja recht schnell los, oder?"
Tim stand mit unschlüssigem Gesichtsausdruck da. „Ich dachte, wir packen ein und fahren dann nochmal kurz an den Strand ran und springen einmal rein."
Stegi konnte gar nicht anders als begeistert zu grinsen. „Klar! Machen wir."
Tim lächelte und nahm noch einen Schluck Tee. Dabei verzog er kurz das Gesicht.
„Ha!", machte Stegi. „Du findest das Zeug auch widerlich."
„Ne, hab bloß mit Kaffee gerechnet." Tim lehnte sich an die Leiter. „Ich hab null Bock auf die Rückfahrt."
Stegi verzog das Gesicht. „Du fährst ja auch den halben Tag."
Tim seufzte.
„Du machst einfach bei mir wieder Pause", sagte Stegi. „Und dann vergessen wir kurz, dass du noch weitermusst und ich lass dich viel zu spät gehen und du bist morgen wie tot auf der Arbeit."
Tim grinste. „Klingt himmlisch." Er stellte die leere Tasse auf den Esstisch. „Ich hüpf unter die Dusche." Damit verschwand er im Bad.
Das war die unschönere Seite am Urlaub. Das Abschied-Nehmen. Und das Zurückkehren, wenn man noch gar nicht bereit dafür war.
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Lächerlich [Stexpert]
Fanfiction[Stexpert | completed] Tim will mit Stegi in den Urlaub fahren - und das tun sie. Ein Wochenende Bodensee mit Strand, annähernder Lagerfeuerromantik und soo lächerlichen Gefühlen.