Terrified- Kapitel 1

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Ich rannte mit geschwollenen, roten, verschmierten Augen die Treppe hoch. Ich konnte kaum noch etwas sehen, weil mir die Tränen so hoch in den Augen standen. Ich knallte meine Zimmertür zu, versuchte meine Schluchzer zu unterdrücken, damit er nicht wieder auf mich aufmerksam wurde. Joan, seine Freundin war noch arbeiten, nun saß er dort im Wohnzimmer mit der Bierflasche und zog sich ein Baseballspiel rein. Das war meine Chance. Ich war quasi allein, niemand würde es bemerken. Ich eilte zu meinem Kleiderschrank, meine Hand- und Fußgelenke schmerzten noch von den Fesseln. Ich riss die Türen auf und versuchte meine einzige, winzige Reisetasche aus dem obersten Regal zu ziehen. Ich konnte nicht viel mitnehmen, also musste ich gut überlegen, was ich zum Überleben brauchte. Ich nahm meine Taschenlampe, ein paar Ersatzbatterien, $ 60 - das war alles an Geld, was ich besaß - mein Taschenmesser, Streichhölzer, eine große 2-Liter Wasserflasche, eine Packung Cracker, einen Kompass, und einen Schlafsack mit. Meine dicke Jacke und Stiefel zog ich sofort an. Für Klamotten war kein Platz mehr in der Tasche. Ich musste mich in die Küche schleichen, um noch mehr Proviant einzustecken. Ich ging langsam, auf Zehenspitzen zur Tür, jetzt durfte nichts schiefgehen. Meine Hand zitterte, als ich sie angestrengt zur Türklinke bewegte, sie umfasste und langsam runterdrückte. Ich bewegte mich schwer atmend auf die Treppe zu und setzte meinen Fuß auf die erste Stufe. Ich schlich langsam die Treppe herunter, bei jedem Schritt darauf gefasst, ihn unten am Fuß der Treppe mit zornverzerrtem Gesicht zu sehen. Das geschah jedoch nicht. Ich schaffte es bis in die Küche, wo ich mir eine weitere Wasserflasche schnappte und nach langhaltbaren Lebensmitteln Ausschau hielt: ein Laib Brot, 2 Fertiggerichte: Ravioli und eine Lasagne - ich würde schon irgendwie einen Weg finden sie zu zubereiten - , 5 Äpfel, einen Salatkopf und 6 Müsliriegel. Mehr ging nun wirklich nicht hinein. Ich richtete mich auf, um nun so schnell wie möglich aus diesem Haus zu kommen. Die Dielen knacksten unter meinen Füßen. Oh nein, hatte er mich gehört? Ich hockte mich schnell unter den Küchentisch. Ich hörte seine fetten Füße in meine Richtung stapfen. Wegen seinem Fett ächzte er bei jedem Schritt. Ich konnte von hier aus seine dreckigen, klobigen Stiefel sehen. Er stand in unmittelbarer Nähe vor mir. Er riss den Kühlschrank auf und holte sich noch ein Bier heraus und stapfte wieder ins Wohnzimmer. Puh, er hatte mich gar nicht gehört, er brauchte nur noch ein Bier. Ich kroch langsam unter dem Tisch wieder hervor und schlich mich zur Haustür. Jetzt musste es schnell gehen, denn leise bekam man die Tür nicht auf. Ich packte sie fest und riss sie auf, rannte über die Schwelle, rannte und rannte, einfach immer weiter über die Hauptstrasse in den Wald hinein, immer weiter, egal wohin. Ich konnte meinen Vater hinter mir hören wie er schrie: “du verlogenes Balg! Wenn ich dich in die Finger kriege! Du wirst dich Wochen nicht bewegen können, wenn ich mit dir fertig bin! Und ich krieg dich, Lily, ich werde dich zu fassen kriegen!“ ich konnte mir vorstellen, wie er mit rotem Kopf, breitbeinig in der Tür stand, traute mich aber nicht, stehen zu bleiben und mich zu vergewissern. Er würde mir nicht nachrennen, da war ich mir sicher, aber ich durfte seine Worte nicht unterschätzen. Wenn er mich kriegen wollte, würde er auch alles geben, um das zu schaffen, aber das durfte ich nicht zulassen. Niemals wollte ich in dieses alte, grausame Leben zurück.

Terrified *ON HOLD*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt