Kapitel 3

20 5 0
                                    

Schnell rief ich einem Mann zu, er solle den Notarzt rufen. Dann sprang auch ich. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte keine Angst gehabt. Ich hatte höllische Angst. Angst davor zu sterben, Angst zu versagen. Angst, dass er wegen mir gesprungen ist. Nein, dabei war ich mir verdammt sicher. Aber ich hatte Angst davor, dass ich zu spät sein könnte. Das ich ihn getötet hätte. Das könnte ich mir nie verzeihen. Dieses Bild, wie er mich ansah und dann sprang wird mir sowieso nie wieder aus dem Kopf gehen. Dafür war es bereits zu spät. Ich würde ihn jeden Abend vor dem Einschlafen sehen und jeden Morgen beim Aufstehen. Einfach immer. Doch damit würde ich dann leben müssen, genauso wie mit dem Gedanken, ihn getötet zu haben.
Plötzlich spürte ich, wie ich mit den Füßen voran ins Wasser eintauchte. Der Fluss empfing mich wie einen alten Freund. Es war kalt, aber auf seine Art auch wiederum warm. Es war verwirrend. Aber wenn ich irgendwann wieder atmen wollte, müsste ich langsam wieder auftauchen. Die Frage war nur, ob ich das jetzt noch wollte. Vor vielleicht 15 Minuten hatte ich noch gesagt, ich würde die Leute, die keinen Sinn mehr im Leben sahen, nicht verstehen. Nun war ich einer von ihnen. Nun verstand ich alles. Mein Sinn war Kunst gewesen! KUNST! Wie unbedeutend ist das eigentlich?? Täglich starben Leute und ich wollte Leben, weil ich malte und Gedichte schrieb? Gott....äh, ich meine....keine Ahnung. Auf alle Fälle war ich sooo absurd! Ich ekel mich vor mir selbst!! Einfach nur abartig! Langsam ging mir die Luft aber wirklich aus. Mir fiel ein, dass ich dem Jungen vielleicht noch helfen konnte. Also tauchte ich auf und schnappte nach Luft, während ich versuchte von der Lage einen Überblick zu verschaffen. Der Junge trieb einige Meter vor mir im Wasser. Schnell schwamm ich auf ihn zu.Als ich bei ihm angekommen war packte ich ihn und zog ihn zum Ufer des circa drei Meter breiten Flussbettes. Dort riefen mir dann zwei junge Männer zu, dass der Sanka bald käme. Einer von den Zweien kam dann auch gleich zu mir und half mir den Jungen aus dem Wasser zu ziehen. Als er endlich draußen war, waren die Sanitäter auch schon da. Sie verfrachten den Jungen auf die Liege und bestanden darauf, dass ich wegen meiner Rettungsaktion auch mitkäme um mich mal durchchecken zu lassen.

Em-Schenk mir dein Herz<3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt