Grace' Sicht
Ich schloss die Tür hinter mir und zog Jacke und Schuhe aus. Ich wollte gerade nach oben gehen, als das laute Schreien meiner Mutter mir noch mehr die Laune verdarb.
Ich stöhnte genervt auf, aber so, dass sie es in der Küche nicht hören konnte.
"Jaaa?"
Keine Reaktion.
"Jahhaaaaaaa?!"
Wieder nichts."Ach leck mich doch am Arsch." murmelte ich und trampelte dann die Treppe rauf.
Ich schlug meine Tür hinter mir zu, schmiss meine Tasche in die Ecke und mich auf mein Bett. Ich atmete tief ein und sehr langsam wieder aus. Endlich. Ich schloss meine Augen, um erst Mal runter zu kommen und zu entspannen. Ich wollte einfach nur meinen Kopf frei kriegen, aber aus irgendeinem Grund drifteten meine Gedanken immer wieder zu...
Jake?
Mir wurde wohlig warm, als ich an ihn dachte. An seine tiefen, dunklen Augen. An seine perfekten dunkelblonden Haare, die trotzt dessen, dass sie so zerzaust waren, so unglaublich gut und gepflegt aussahen. An seinen gut gebauten Körper. An sein schiefes, vorsichtiges Lächeln, an-
"Graaaceee?!" drang die Stimme meiner Mutter durch meine geschlossene Zimmertür. "Verdammt nochmal..." Ich sprang auf, riss meine Tür auf und stürzte die Treppen hinunter in die Küche.
"WAS?!" motzte ich etwas zu laut. "Wieso hast du nicht reagiert als ich dich vorhin gerufen habe?" Ihre Stimme war unerwartet ruhig und fürsorglich. Wollte sie mich verarschen?
"Ich nicht reagieren? Du antwortest doch nicht mehr, wenn ich frage was ist!"
"Du weißt ich will nicht immer durchs ganze Haus schreien müssen und dass du zu mir kommen sollst, wenn ich dich rufe." Ihre Stimme war immer noch unerwartet ruhig und zum Schluss hin fast schon glücklich.
Wechseljahre? Psychische Erkrankungen? Fieber?
Sollte ich keinen Arzt holen? Sie sprach nie ruhig mit mir.
"Also was ist?" Ich hatte mich etwas beruhigt und meine Stimme wieder im Griff. Egal wie sehr sie mich auch verletzte und enttäuschte, ein Lächeln von ihr, ein Funken Zuneigung und ich lag ihr zu Füßen. Ich war ihre Marionette, würde niemals von ihr fort kommen, würde sie niemals loslassen und mit ihr abschließen können. Sie und ich gehörten zusammen, wie der Schmerz in meinem Gesicht von ihren Schlägen. Vermutlich hätte ich schon längst gehen sollen und hätte dadurch weit aus weniger Sorgen. Sie würde nie begreifen was sie aus mir gemacht hatte.
"Hast du Hunger?" Sie lächelte mich an. Ich war skeptisch, jedoch antwortete ich ebenfalls in neutralem Ton.
In meinem Magen zog sich alles zusammen. Natürlich freute ich mich über ihre Geste für mich zu kochen, aber das hatte sie seit der dritten Klasse nicht mehr getan. Es war etwas womit ich nie gelernt hatte umzugehen. Noch nie wurde ich mit ihrer mütterlichen Seite konfrontiert.
"Was gibt's denn?" fragte ich vorsichtig.
Sie lächelte wieder. In mir formte sich ein Unbehagen und eine Angst, die in einer Panikattacke hätte enden können, aber ich konzentrierte mich weiter zu atmen. Es war zu spät für Hoffnung. Es würde niemals so werden können. Niemals würde dieses Lächeln etwas normales für mich sein.
Brauchte sie etwas?
"Dein Lieblingsessen..."
Jetzt war ich neugierig. Sie kannte mein Lieblingsessen?
"Was ist den mein Lieblingsessen?" Ich lächelte auch. Aber eher verwirrt, als fröhlich.
Ich fragte mich ob ich meine Mutter überhaupt schon mal angelächelt hatte. "Schau selber." Sie sah mich verschmitzt an.
Neugierig ging ich auf sie zu. Als ich einen öffnete, flog mir der fantastische Geruch von Essen entgegen. Das war nicht mein Lieblingsessen. Woher sollte sie es auch kennen..? Aber... sie hatte trotz Allem für mich gekotzt, also entschied ich sie in dem Glauben zu lassen. "Mhhhh... Danke Mum." Ich lächelte sie erneut an. Bestimmt sah es aus als hätte ich gerade eine Fehlgeburt, denn eigentlich wusste ich nicht so ganz wie man lächelt. Es fühlte sich jedefalls merkwürdig an.
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LIKE A NEW LIFE
Teen FictionNachdem Grace am absoluten Tiefpunkt ihres Lebens angekommen ist, ist die sechzehnjährige soweit, dass sie von einer Brücke springen will, um sich endlich von allem Leid zu befreien. Sie war kurz vorm Sprung, als sie jemand aufhält. Jake. Ein Mensc...