Kapitel 5 Orchidras Sicht

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Ich laufe in das Zimmer meines kleinen Bruders.
„Roses! Du hättest ihr zuhören sollen! Sie kann nichts dafür!", sage ich ihm.
Er sitzt weinend auf seinen Bett jnd schaut mich nicht mal an.
„Achja? Und wessen Schuld ist es dann? Wessen Schuld ist es dann, dass sie mich nie kennenlernen wollte? Dass sie außer meinen Namen nichts von mir weiß? Sie kennt mich nicht! Sie hat sich nie für mich interessiert! Ich war ihr egal! Ich war ihr immer egal!", schreit Roses mich an.
„Roses, sie liebt dich! Sie hat uns beschützt, immer! Versteh es doch!", antworte ich ruhig.
„Deshalb hat sie uns immer ignoriert und sich nicht um uns gekümmert!", sagt er ungläubig.
„Weißt du, was die ersten Worte von ihr an dich sind? Ich kenne sie sehr genau, ich war damals dabei, ich war vier.", sage ich.
„Natürlich weiß ich das nicht! Sie hat mich immer ignoriert, sie hat mir nichts gesagt! Anders als du, war ich ihr schon immer egal! Sie hat dir gesagt, was sie als erstes zu dir gesagt habe, aber mir hat sie nichts gesagt! Ich war immer unwichtig für sie!", schreit er einfach weiter.
„Wir saßen da und haben dich angesehen. Mama hat uns erzählt, dass sie dich Roses nennen wollten. Roses Adelphius Mordetis. Du warst ein sehr schöner Junge. Sehr klein und niedlich. Eno hat geweint, als sie dich im Arm hielt. Sie hat gesagt: ›Ich liebe dich, Roses! Egal, was passiert, ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst. Du musst nur zu mir kommen. Ich werde alles für dich tun. Selbst, wenn ich schon tot bin. Immer. Ich verspreche es dir.‹", flüstere ich.
„Daran hat sie sich nie gehalten! Sie sagte, sie würde für mich da sein, doch das war sie nie. Sie ist in die Hungerspiele gegangen und dann hat sie mich komplett ignoriert.", sagt er leise und sieht mir in die Augen.
„Sie ist für dich in die Spiele gegangen!", versuche ich ihn zum verstehen zu bringen.
„Was?!? Wie kommst du darauf?", fragt er überrascht. „Hat sie dir das erzählt?"
„Nein. Hat sie nicht. Aber ich weiß es. Als sie erfahren hat, das Mama mit dir schwanger war, hat sie sich bei der Ernte zum ersten Mal freiwillig gemeldet, auch wenn sie nicht genommen wurde. Als du zwei warst eurde sie genommen. Sie wollte dir ein besseres Leben ermöglichen. Doch dann hat sie festgestellt, dass sie das gar nicht kann. Sie kann dir kein besseres Leben ermöglichen.", erkläre ich.
„Inwiefern? Was meinst du damit?", fragt er.
„Sie kann uns nicht ins Dorf der Sieger einladen, da wir es dann wüssten.", erkläre ich.
„Was wüssten?", fragt er drängend.
„Hast du ihr gerade nicht zugehört? Dass die Arena nicht gut ist! Dass die Gesichter derjenigen, die du getötet hast, dich niemals verlassen! Dass du die Leben siehst, die sie hätten haben können, wenn du nicht gewesen wärst. Das hat Eno gesagt."
„Und warum durften wir das nicht wissen, hä? Warum hat sie uns das so lange verschwiegen? Warum?", schreit er.
Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, da unterbricht mich Roses.
„Du kannst es nicht sagen, oder? Sie hat dir keinen Grund gegeben!", sagt er weiter.
„Doch. Ich kann dir einen Grund geben. Ich...", sage ich.
„Achja, kannst du das?", fragt er herausfordernd.
„Ja! Hätte sie uns das gesagt, hätte Snow uns getötet!", erkläre ich.
Roses starrt mich so überrascht an, wie ich, als ich es erfahren habe.
„Er will den Menschen hier, uns, glauben lassen, dass die Hungerspiele toll sind, aber das sind sie nicht. Wir aus 2 sind ihm am wichtigsten. Er will erneute dunkle Tage verhindern. Seine einzige Möglichkeit war, uns zu bedrohen, denn er kann Enobaria nicht töten. Sie ist zu sehr in der Öffentlichkeit tätig. Wir sind die Waffe, die gegen Eno gerichtet ist.", erkläre ich.
Anders als ich fragt er nicht weiter. Er will nicht wissen, warum sie es uns dann jetzt sagt. Doch ich kann es nicht dabei belassen.
„Besser tot als in den Hungerspielen.", wiederhole ich leise, was meine Schwester gesagt hat. Geschockt starrt Roses mich an.
„Wirklich? Ist es so schlimm?", fragt er überrascht, geschockt, voller Angst. Wie weich seine Augen in diesem Moment wirken! Weich, zart und schwach.
„Das hat sie mir gesagt. Das hat mir Enobaria gesagt.", antworte ich. Seine Augen verhärten sich auf der Stelle. Er hat ihr noch nicht verziehen. Das wird er wahrscheinlich auch nie, egal was ich sage. Ich habe ihr selbst ja nicht endgültig verziehen.
„Warum schickt sie dich, Orchi? Warum konnte sie mir das nicht selber sagen? Weißt du dazu auch eine Antwort?", fragt er.
„Das wollte sie doch! Nur du bist weggegangen! Du wolltest es nicht erklären lassen.", erkläre ich.
„Aber warum ist sie dann nicht hierher gekommen? In mein Zimmer? Zu mir? Sie hätte hierher kommen können und es mir sagen können!", fragt er weiter.
„Hättest du auf sie gehört? Hättest du ihr zugehört? Oder wärst du nicht einfach raus gegangen?", frage ich zurück.

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