Verloren im Nirgendwo

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„Verdammte Scheiße!", fluchte ich, als ich zum dritten Mal einen Ast ins Gesicht bekam. Es war mittlerweile stockdunkel und ich hatte aufgehört mitzuzählen, wie oft ich über eine Wurzel gestolpert, gegen einen der Jungs gerannt war oder, wie gesagt, einen zu tief hängenden Ast auf die Nase kriegte.
„Du sollst als Mädchen solche Worte nicht in den Mund nehmen!", tadelte mich Louis von hinten. „Klappe Louis. Seit wann mach ich denn bitte, was man mir sagt?"
„Da hat sie recht, Lou", kam es von Harry, der neben mir lief.
„Aus deinem Mund hört es sich nicht gerade nach einem Kompliment an", brummte ich zum Lockenkopf rüber.
„Es sollte auch keins sein, Flo"
„LIAM! Sag Harry, er soll aufhören mich zu ärgern!", plärrte ich nach vorne.
„Ich hab gar nichts gemacht!", rief Harry entrüstet.
„Doch. Du existierst!", schimpfte ich.
„Oh entschuldige! Ich ruf sofort meine Mutter an und beschwere mich bei ihr, dass sie dich nicht gefragt hat, ob sie mich bekommen darf!"
„Witzig. Ich war da noch nicht mal auf der Welt. Zu deinem Glück"
„Soll das 'ne Drohung sein?"
„Allerdings!"
„Oh! Die kleine Flo droht mir! Da hab ich jetzt aber Angst!"
„Solltest du auch! Ich hab mal Karate gemacht!"
„Ja, zwei Wochen lang. Dann wurdest du aus dem Kurs geschmissen, weil du den Lehrer verkloppt hast"
„Das war ein Versehen!"
„DU warst ein Versehen"
"Du kannst mich mal. Woher weißt du das überhaupt?"
„Ich weiß mehr als du denkst, Süße. Von deiner Lieblingsfarbe bis hin zu deiner Körbchen Größe"
„WAS?! Spionierst du mir nach?"
„Hey, was kann ich dafür, wenn du deinen BHs überall rumfliegen lässt?"
„Du bist so ein Arsch, Harry!"
„Kann ich nur zurückgeben, Flo"
„Hey, ihr zwei! Habt ihr's dann mal? Wir wollen nämlich weiter!", meinte Zayn, der neben uns aufgetaucht ist. Harry und mir ist gar nicht aufgefallen, dass wir, während wir uns beschimpften, stehen geblieben sind. Ich schickte Harry noch einmal einen vernichtenden Blick, dann marschierte ich mit Zayn weiter. Die anderen folgten uns.
Langsam kamen wir aus dem Wald raus und der Vollmond spendete uns ein wenig Licht.
„Habt ihr Lust auf eine Gruselgeschichte?", fragte Harry.
„Vergiss es!", fauchten Zayn und ich gleichzeitig. So etwas wie letzte Nacht wollten wir beide nicht noch einmal erleben.
„Tut deine Hand eigentlich noch weh?", fragte ich Zayn vorsichtig.
„Es geht schon", meinte der tapfer. „Aber Respekt, Flo. Du hast echt Kraft" Er grinste.
Ich wurde rot und zuckte mit den Schultern.
„Leute? Weiß eigentlich irgendjemand wo wir langgehen?", meldete sich Niall von hinten.
„Liam", kam es von Zayn, Harry, Louis und mir.
„Ähm, ja... Wisst ihr, ich hab ein bisschen die Orientierung verloren...", stammelte Liam.
„WAS?!", riefen wir anderen gleichzeitig.
„Hey, kein Grund zur Panik! Wir finden den Weg schon wieder. Aber nicht hier im Dunkeln. Ich würde sagen, wir bleiben heute Nacht hier und morgen sehen wir weiter"
Ich starrte Liam fassungslos an.
„Du hast doch gesagt, du weißt sicher wo wir hin müssen!"
„Ich weiß es ja auch. Hier irgendwo ist unser Lager" Er fuchtelte mit der Hand in der Gegend rum. „Klasse! Hier irgendwo ist auch der Südpol! Nur noch ein paar Kilometer und wir stehen Lars, dem kleinen Eisbären gegenüber!", regte ich mich auf.
„Eisbären leben am Nordpol", korrigierte mich Louis.
„HAST DU 'NE AHNUNG, WIE EGAL MIR DAS IST?"
„Ich wollte es ja nur mal gesagt haben. Eisbären leben am Nordpol und sind mit den Braunbären verwandt. Sie-„
„Louis, willst du mal Kinder?", fragte ich lächelnd. Louis sah mich verwirrt an.
„Ja, eigentlich schon"
„Gut. Dann würde ich an deiner Stelle aufhören, mich zu nerven"
Louis kapierte sofort und hielt den Mund.
„Also, ich bin dafür, dass wir hier bleiben", sagte Liam.
„Ein bisschen Schlaf tut uns bestimmt gut" Er warf mir einen ängstlichen Blick zu, den ich mit einem Knurren quittierte. Die anderen waren einverstanden.

„Harry, kannst du mit sowas überhaupt umgehen?", wollte Niall vom Lockenkopf wissen. Der versuchte gerade, mit zwei Steinen, von denen er felsenfest überzeugt war, dass es Feuersteine waren, ein Feuer zu entfachen.
„Ich kann das, Niall", murmelte er konzentriert. Und tatsächlich. Nach ein paar Mal kamen die ersten Funkten und schließlich fing das trockene Gras Feuer.
„Cool, Harry. Du kannst ja doch was anderes außer unschuldigen Mädchen hinterher zu spionieren", meinte ich müde. Harry nickte stolz. Ich für meinen Teil lehnte mich an Louis.
„Was ist, Flo? Bist du müde?", fragte der Engländer leise und strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. „Nö. Ich bin hellwach", gähnte ich und schloss die Augen. Das Letzte, was ich hörte, war das leise Knistern des Feuers und das gleichmäßige Atmen von Louis.
Dann war ich eingeschlafen.

***

„Wenn sie schläft, kann man sich gar nicht vorstellen, dass sie richtig fies sein kann", meinte Harry mit einem nachdenklichen Blick auf Flora.
„Tja, schlafende Grizzlybären sind auch süß!", sagte Niall. Er nahm sich noch eine Packung Gummibärchen aus der Schatzkiste und riss sie auf.
„Will jemand?", fragte er in die Runde.
„Was ist? Geht die Welt unter, bist du krank oder warum teilst du freiwillig?", fragte Zayn argwöhnisch, nahm sich aber ein paar Gummibärchen. Niall stopfte sich den Mund voll statt zu antworten.
„Was meint ihr träumt Flo gerade?", fragte Liam.
„Sie sieht zufrieden aus. Also bestimmt von Harrys Beerdigung", grinste Zayn.
Niall und Liam lachten.
„Hey! Sie mag mich! Das weiß sie auch! Aber sie will es nicht zugeben!", verteidigte sich Harry. „Träum weiter, Curly", meinte Louis. Er legte Flos Kopf vorsichtig auf seinen Schoß.
„Es gibt nicht viel, was Flo mag", kam es von Liam
„Ja, aber die Kette, die sie von ihrem Vater bekommen hat, liebt sie", meinte Niall
„Welche Kette?", fragte Zayn verwirrt.
„Die hier" Louis fasste Flo an den Hals und zeigte Zayn eine zarte Silberkette, an der ein Engelsflügel hing.
„Wäre sie wach, würde sie dir dafür das Genick brechen", sagte Harry zu Louis. '
„Aber sie ist nicht wach", antwortete der.
„Toll. Dann wissen wir jetzt also, dass Flo tatsächlich eine Sache mag", seufzte Zayn.
„Oh, sie ist verrückt nach WALKERS Chips!", rief Niall.
„Allerdings" Harry verdrehte die Augen. „Und sie muss immer mit Socken schlafen"
„Sie hat Angst vor Geistern", fügte Zayn hinzu und verzog das Gesicht.
„Und sie ist verdammt gut in Paintball", grinste Louis.
„Sie kann Billy Connolly nicht ausstehen", überlegte Liam.
„Dafür schwärmt sie aber heimlich für Orlando Bloom", sagte Niall.
„Echt?", wollte Harry wissen.
„Klar. Sie hat sogar ein Bild von ihm unter ihrem Kopfkissen"
„Und zu mir sagt sie, ich spioniere ihr nach", beschwerte sich Harry. Louis gähnte.
„Das ist das Leben", brummte er und versuchte sich auf den Boden zu legen, ohne Flora zu wecken. In einer etwas unbequemen Pose döste er langsam ein.
"Louis und Flo würden gut zusammen passen", meinte Liam.
"Ja, Aber Louis hat Eleanor, und Flo würde niemals mit ihm was anfangen. Schließlich ist er so etwas wie ein Bruder für sie", antwortete Harry etwas zu energisch.
"Oha, Harry!", flötete Niall. "Du bist doch nicht etwa eifersüchtig!"
"Ich? Quatsch!", lachte Harry. "Was will ich denn von Flo? Die ist mir viel zu..."
"Selbstbewusst?", half ihm Zayn auf die Sprünge.
„Tja, mal was anderes als deine ganzen Mädchen, die zwar gut aussehen, aber sofort springen, wenn das Herrchen pfeift", nickte Liam Harry zu.
Der sah die anderen nur mit offenem Mund an.
„Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass Flo und ich... Wir passen doch gar nicht zusammen!"
„Doch!", kam es dreistimmig zurück. Harry schnaubte.
„Denkt doch was ihr wollt! Ich will jetzt schlafen"
Er legte sich auf den Boden und kniff die Augen zusammen.
„Gute Nacht, Harry! Vielleicht triffst du Flo ja in deinen Träumen"
"So was geht gar nicht, Niall"
"Warum denn bitte nicht, Liam?"
"Weil dafür Telekinese oder so etwas nötig wäre und die gibt's nicht"
"Das weißt du doch nicht. Außerdem ist bei Liebe alles möglich"
Allgemeines Gekicher.
Niall, Zayn und Liam unterhielten sich noch eine Weile über die aktuellen Fußballergebnisse, dann wurde es langsam ruhiger, bis man nur noch das gleichmäßige Atmen hörte.
Harry aber lag noch lange wach. Er dachte darüber nach, was die Jungs über Flo und ihn gesagt hatten. Er überlegte, was eigentlich mit Flos Vater ist. Und er dachte daran, dass das Feuer in der Villa vielleicht doch nicht so schlecht war. Die ganze Zeit sah er Flo an, die zusammengerollt neben Louis schlief. Er verspürte tatsächlich in einer winzigen Ecke seines Herzens den Wunsch, dass er statt Louis neben ihr liegen durfte.
Verdammt.
Er verscheuchte das Gefühl und schloss die Augen.
Er war kurz vorm Einschlafen, als Flo plötzlich ihm Schlaf murmelte: „Hau ab, du blöde Biene. Ich bin allergisch gegen dich"
Dann wissen wir das jetzt auch, dachte Harry.
Und im nächsten Moment war er eingeschlafen.


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