Die Sache mit der Zeit

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» Überarbeitet « (Stand: 11.08.2019)

Neben Geld hatten wir auch unendlich viel Zeit und wir konnten ihr regelrecht beim Vergehen zu sehen. Doch oftmals ließ uns das vergessen, dass wir nicht die Fähigkeit besaßen sie anzuhalten und auch wir viele Momente genießen sollten, weil sie nie wieder kommen würden. Ich blickte zu Levi, der den Kochlöffel von Esme fallen ließ und erneut zu ihr hinüber krabbelte um etwas Neues zum Spielen zu verlangen. Die letzten Monate waren an uns vorbei gerannt, seit unserer Rückkehr aus La Push war so viel passiert. 

Wir waren ziemlich erledigt in Helsinki gelandet und mit dem Taxi nachhause gefahren, als uns dort bereits die erste Überraschung erwartet hatte. Wir wurden freudig begrüßt, doch bemerkte ich sofort eine angespannte Stimmung im Haus. Und diese wurde mir bestätigt, als Renesmee auf mich zu kam um uns zu begrüßen doch wir hatten nur auf Bauch starren könnten. Seth hatte einige Male mit Jacob über die Wolfstelepathie gesprochen und ich hatte regelmäßig mit Carlisle telefoniert um ihn über Levis Entwicklung auf den neusten Stand zu bringen – doch keiner von Ihnen hatte etwas von Renesmees Schwangerschaft erwähnt. Am Abend hatte ich mich mit Esme unterhalten welche mir erzählt hatte, dass diese Neuigkeit für Renesmee ein so großer Schock gewesen war, dass sie mit den Gedanken gespielt hatte das Kind nicht zu bekommen. Nachdem dieser jedoch vorbei war, war ihr schnell bewusst geworden, dass es die falsche Entscheidung wäre. Nessies Schwangerschaft unterschied sich von meiner, ihr Baby wuchs schneller – Carlisle vermutete, dass das Baby höchstwahrscheinlich mehr Vampir in sich trug als Levi. Für die nächste Überraschung sorgte unser Sohn, der von jetzt auf gleich immer mehr Entwicklungsschritte machte. Es begann mit einer Drehung vom Rücken auf den Bauch, ging weiter mit Robben und einige Morgen darauf saß er plötzlich in seinem Bettchen. Er schrie teilweise nachts durch und wir verstanden erst später, dass Wachstumsschübe dafür zuständig waren. Nach intensiven acht Wochen hatte dies jedoch auch wieder nachgelassen. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie oft ich zu dieser Zeit weinend im Bett saß und Seth mir immer wieder versichern musste, dass wir noch ganz lange etwas von unserem Sohn haben würden. Meine Angst, dass seine Entwicklung weiterhin so rasend fortschritt und er wohlmöglich nicht unsterblich war brachte mich um den Schlaf. Ich wollte niemals – wirklich niemals auf die Beerdigung meines Kindes gehen. Das würde ich im Leben nicht verkraften. Nun blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten was uns die Zeit zeigte. 

„Mommy." erklang die zarte Stimme von Levi und riss mich aus den Erinnerungen. Seit einigen Tagen brabbelte er vor sich hin und ab und an kam sogar ein Wort dabei raus. Seth gab es zwar nicht zu, aber ich hatte ihm angesehen, dass er enttäuscht war das nicht Daddy Levis erstes Wort war. Er streckte mir einen Becher entgegen. „Hmm, lecker Tee für mich?" fragte ich und erhielt ein Nicken als Antwort. Spielerisch trank ich aus dem Becher und reichte ihn meinem Sohn zurück. Darauf rührte er erneut mit dem Kochlöffel im Becher herum, so wie er es sich bei uns vermutlich abgeschaut hatte. Im Haus war es leer und ruhig, der Großteil war im Wald zum Jagen verschwunden und Carlisle und Bella waren bei Renesmee die noch immer in den Wehen lag. „Da." rief Levi und krabbelte auf Edward zu um auch ihn den Becher zu reichen. Edward ging in die Hocke und nahm den Becher wie ich zuvor lächelnd entgegen. „Danke Levi." mein Sohn streckte die Arme aus und Renesmee Vater kam seiner Aufforderung sofort nach und hob ihn in seine Arme. Zufrieden zupfte Levi mit seinen kleinen Händchen durch die Haare des Vampirs. „Es ist geschafft, der Kleine ist da." wandte sich Edward nun an mich und ich lächelte ihm dankbar zu. Scheinbar war alles gut verlaufen und sowohl Renesmee als auch ihr Sohn waren wohlauf. Ich freute mich wirklich sehr für die beiden und noch mehr darüber, dass Levi nun einen Spielpartner hatte. Gemeinsamliefen wir ein wenig später hinauf in Carlisles Ärztezimmer, leise klopfte ichan und trat mit Levi im Arm durch die Tür. Das Licht war gedämmt, in der Mittedes Raumes stand das Bett auf welches ich mich zubewegte. Nessie saßhalbaufrecht darin und in ihrem Armen schlummerte ihr neugeborener Sohn. Er warin einer Decke eingewickelt, ich beugte mich vorsichtig vor um mir den Kleinengenauer anzusehen. Er hatte Jacobs dunkles Haar und Nessies helle Haut und warzuckersüß. „Da!" war es wieder Levi der etwas verwundert sprach. Ichsignalisierte ihm, dass er nicht allzu laut sein dürfte, da das Baby schlief. „Da!"wiederholte er diesmal leiser. Renesmee entfuhr ein müdes Lachen. „Das istAnthony." sprach sie sanft zu Levi und drehte sich so, dass mein Sohn etwasmehr sehen konnte. Mein Sohn war vollkommen fasziniert und streckte seinekleinen Finger nach Anthony aus. Vorsichtig strich er Renesmees Sohn über dieHaare und strahlte mich an. „Herzlichen Glückwunsch, den habt ihr guthinbekommen." wandte nun auch ich mich zu Wort. Sie lächelte mich dankbar anund strich ihrem Anthony stolz über die Wange. Als Jacob mit einer Babyflascheherein kam, entschloss ich mich der kleinen Familie ihre Zeit zu lassen.

**

Das knacken der Stöcker unter meinen Füßen, das rascheln der Blätter an den Ästen und Seths warme Hände waren so ziemlich alles was ich in diesem Moment wahrnahm. Ich hatte gerade Levi schlafen gelegt, da hatte Seth es für die richtige Idee gehalten mich mehr oder weniger zu entführen. Er hatte kein einziges Wort darüber verloren wohin wir gingen oder was genau sein Plan war. Sondern nur mir diese seltsame Schlafmaske über den Kopf gestülpt, damit ich ja nichts mitbekam. „Seth.." jammerte ich, als ich das Gefühl hatte wir während bereits einmal quer durch den ganzen Wald gelaufen. „Schatz. Der Sinn einer Überraschung ist es, dass du nicht weißt was passiert." antwortet Seth seelenruhig und führte mich weiterhin und sorgte dafür, dass ich mir kein Bein brach weil ich über irgendwas stolperte. Ich seufzte, ich mochte Überraschungen und das damit verbundene Gefühl von Ahnungslosigkeit noch nie. Normalerweise machte die Tatsache, dass ich nicht einmal sah was auf mich zu kam die Situation noch schlimmer, aber ich wusste das ich Seth vertrauen konnte und er nichts tun würde, was mich in Gefahr bringen würde. Irgendwann hielten wir an und einige Sekunden später zog Seth mir vorsichtig die Schlafmaske von den Augen. Es dauerte einen Moment bis meine Augen die Umgebung wahrnahmen. Ich war noch an diesem Ort gewesen um uns herum standen Fackeln - ich entdeckte einen kleinen See und auf dem Boden lag ein Herz aus Rosenblättern. Überrascht blickte ich zu Seth, welcher mich wie immer liebevoll anlächelte. Ich hatte keinerlei Ahnung warum aber irgendwie fing ich allmählich an nervös zu werden. „Alyssa." begann Seth und griff nach meinen Händen. „Ab dem Moment, in dem ich in deine wunderschönen blauen Augen geblickt habe hat sich mein ganzes Leben verändert. Ich hatte oft über meine Zukunft nachgedacht und nachdem immer mehr in meinem Umfeld begannen sich eine eigene Zukunft aufzubauen, begann ich zu zweifeln ob es bei mir überhaupt einmal soweit sein würde. Doch dann traf ich dich und nun stehe ich hier. Vor mir die wunderschönste Frau auf diesem Planeten und als wäre dies nicht bereits Glück genug, hast du es mit unserem Sohn nochmal verdoppelt. Wir haben bereits so viel gemeinsam durchlebt und gemeistert und deshalb möchte ich dich nun für immer meins nennen können." Seth ließ meine Hände los und atmete nochmals tief durch, ehe etwas passierte was ich bislang nur aus Filmen oder Büchern kannte. Seth Clearwater ging vor mir auf die Knie und hielt mir eine kleine Schatulle aus dem ein Ring glänzte entgegen. „Alyssa Cullen, möchtest du mich heiraten?" ich blickte zwischen dem Ring der mit einem Diamanten versehen war und in der untergehenden Sonne funkelte und Seth hin und her. „Jaa! Ja, natürlich will ich!" antwortete ich ohne lange darüber nachzudenken zu müssen. Seth strahlte mich an, ehe er mir eilig den Ring an den Finger steckte und ich ihm glücklich um den Hals fiel und wir in einem leidenschaftlichen Kuss versanken. 

Wir verbrachten noch einige Zeit an der kleinen Stelle am See. Auch wenn wir dank unserer Familie immer mal wieder Zeit für uns hatten, genossen wir jeden Moment der Zweisamkeit als könnte es das vorerst letzte Mal sein. Den Rückweg nutze ich direkt nochmal um meinen Blutvorrat aufzustocken und lief danach mit meinem nun Verlobten in Richtung unseres Anwesens. Ich musste immer wieder auf den Ring an einer Hand starren um mich zu vergewissern, dass dies wirklich passiert war und ich nicht geträumt hatte. Wir waren gerade zur Terrassentür rein, als Alice mich bereits fast umrannte und verlangte den Ring zu zeigen, ich grinste und präsentierte stolz meinen Ring am Finger. Sie konnte zwar nicht in unsere Zukunft schauen, aber ich war mir sicher, dass sie Seth bei der Planung geholfen hatte. Uns wurde reichlich gratuliert und Alice wollte mich bereits mit Fragen zur Hochzeit bombardieren als Esme mich rettete und verkündete, dass das Essen fertig war. Ich lächelte sie entschuldigend an und schritt in Richtung Küche, doch umso näher ich dieser kam umso mehr rotiere mein Magen. Ich nahm meinen Platz ein und während Seth und Jacob bereits dabei waren ihre Portion zu verdrückte, spießte ich ein Stück Hühnchen auf um es skeptisch anzuschauen. Kaum hatte ich einen Bissen davon zu mir genommen, reagierte mein Körper schnell und ich eilte in Richtung Badezimmer. Ich würgte alles aus und lehnte mich anschließend an die kühlen Fließen. Das letzte Mal ging es mir so miserable als ich..urplötzlich durchfuhr mich eine Vermutung. Dieser Augenblick konnte als Déjà-vu durchgehen.


Bis(s) das Leben neu beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt