Kapitel 2 ~Jillian~

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»Wollen wir uns weiterhin nur anstarren, oder gibt es noch Hoffnung, dass du den Platz lichtest?«, gifte ich ihn an.

Mittlerweile verspüre ich den unbändigen Drang, meine Siebensachen zu packen und aus diesem Café, anschließend am besten auch gleich aus der Stadt zu verschwinden.

»Diese Option ist ausgeschlossen!«, werde ich selbstverständlich umgehend informiert.

Eingebildeter Fatzke!

»Hör mal, ich würde ja gerne auf deinen Small Talk eingehen und dir sagen, wie unglaublich toll ich es finde, dich wiederzusehen, und Bla, Bla, was auch immer. Aber wie du weißt, kann ich Lügner und Unwahrheiten nicht ausstehen! Daran hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Deshalb erkläre ich dir jetzt in aller Höflichkeit, dass meine Freude sich in Grenzen hält, zumal ich mich meiner ... Arbeit widmen möchte!«

Dieses Schönheitsideal von Mann, das eindeutig hoch im Kurs bei der weiblichen Besetzung unseres Planeten steht, legt eine lange Bedenkpause ein. Eigentlich hätte ich sofort ein paar dumme Sprüche von ihm erwartet. Irgendeinen haltlosen und wohl ziemlich unangebrachten Flirtversuch zum Beispiel. Oder aber die erneute Darlegung seiner immensen Sturheit. Jedoch geschieht nichts dergleichen.

Jede verstreichende Sekunde zerrt an meinen Nerven. Der Verstand arbeitet auf Hochtouren, denn in meinem Inneren findet ein erbittertes Gefecht statt: der Kampf zwischen dem längst vergessenen Hass und der ebenso verdrängten Liebe zu diesem Mann. Beides erfreut sich nämlich momentan äußerster Aktualität. Mir ist klar, dass es mich bereits jetzt unzählige Monate kosten wird, dieses Treffen zu verarbeiten.

»Okay ... Wenn das so ist, komme ich gleich zur Sache.« Er mustert mich mit unlesbarem Blick. »Genau deshalb bin ich ja auch hier.«

Nun entgleisen meine Gesichtszüge doch noch, und ich frage mich düster, in welchem Film ich hier nur gelandet bin.

»Ähm ... Steven! Ich glaube nicht, dass du weißt, was ...«

»Was du machst? Oh, ich denke schon, dass ich diesbezüglich im Bilde bin«, unterbricht er mich.

Zur Bekräftigung seiner Worte verschwindet das sanfte Lächeln.

Puh!

Was für ein Scheißglück! Diese Grübchen hätten mich sonst über kurz oder lang um den Verstand gebracht. Stattdessen holt er etwas aus einer Tüte, und als ich sehe, was das ist, reißt es mir vorübergehend den Boden unter den Füßen weg.

»Ich ahnte bereits, dass ich handfeste Argumente brauchen werde, um auf fruchtbaren Boden bei dir zu stoßen!«

»Kein Argument der Welt wird dir helfen, wenn du auch nur auf oder in etwas von mir stoßen willst!«, gebe ich abfällig von mir und bin begeistert über meine Coolness. Während er den Kopf schief legt und meinen Wortwitz belächelt, heftet sich mein Blick wie unter Zwang auf jenes Buch, welches zu schreiben mich Unmengen an Kraft kostete. Mit dem nahm nämlich alles seinen Anfang.

Zunächst war es der missratene Versuch, meine eigene miese Geschichte zu verarbeiten. Damals setzte ich mich einfach vor den Laptop und schrieb. Haute alles in die Tasten, was mir derzeit das Dasein erschwerte. Jenes Schöne und weniger Schöne. Romantische und minder Leidenschaftliche. Und am Ende war sie zu Papier gebracht - virtuell gesehen natürlich - die Vorgeschichte jener Story, die mich später mein Herz kostete.

Und nein, es ist KEINE Übertreibung.

Doch der Weg dorthin war verdammt steinig.

Unzählige Male landete es im Papierkorb und wurde erneut herausgeholt. Ich konnte es weder löschen noch weiterschreiben. Denn das Ende beschrieb den Anfang unserer Beziehung und erinnerte mich persönlich an das Anziehen einer Handbremse.

Zeilen unserer LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt