Mein Gesichtsausdruck könnte sicherlich in die Geschichte eingehen. Als der dämlichste jemals da gewesene, zum Beispiel. Doch nicht mal die Erkenntnis, dass ich mich total lächerlich mache, kann ihn aus meinem Gesicht entfernen.
Hat dieser Mann tatsächlich gerade gesagt, dass er sich nach einem Ghostwriter umsieht?
Dieser Gedanke ist ebenso abwegig wie ein plötzlicher Schneefall im August, und zwar in der Farbe dieses verfluchten Buches, welches er grinsend in der Hand hält.
»Ich habe keine Ahnung, was du im Schilde führst, Blake«, zische ich. »Meine Antwort kannst du aber sofort bekommen: Nein!«
»Aber, aber, Jillian! Seit wann bist du denn so unhöflich?«, tadelt er mich und spitzt die vollen Lippen.
Absicht! So wahr ich Jillian Sunder heiße: Das ist verdammte Absicht!
Steven weiß mit ziemlicher Sicherheit, dass diese Geste vollkommen ausreicht, um eine längst vergessene Wärme in meinem Unterbauch neu zu entfachen. Doch trotz der Enttarnung seines fiesen Spiels kostet es mich meine gesamte Überwindung, um den Blick auf seine Augen zu verlegen. Ein weiterer Stimmungsdämpfer – und das, obwohl ich mich derzeit wie von einer Dampfwalze überfahren fühle – ist der, dass dort die Tortur unverändert weitergeht.
Ich schlucke schwer, versuche mich in einer sicheren Stimme und fahre etwas gehaltener fort. »Bin ich nicht! Mein übliches Klientel bekommt den Profi zu sehen ...«
»Ach! Und ich falle wohl nicht in die übliche Kategorie? Was bin ich deiner Meinung nach? Ein Straßenpenner, der dich um Almosen bittet?«
Wenn man deinen Armani beäugt, das eindeutig teure Hemd ... die legere Haltung, würde ich eher behaupten, dass du hierhergekommen bist, um Gnadenbrot zu verteilen!, denke ich, unterstehe mich allerdings, es auch noch laut auszusprechen.
»Doktorenarbeiten schreibe ich nur unter dem Vorbehalt, dass ich die Materie bereits kenne. Ärztefächer gehören nicht in mein Repertoire«, erkläre ich gelassen, nachdem ich mir sein einst angestrebtes Studienfach in Erinnerung gerufen habe.
Steven versenkt seinen Blick in meinen Augen und berührt erneut etwas tief Schlummerndes in mir, was bitte, bitte nicht geweckt werden soll!
Bitte!
»Dieses Studium habe ich vor Antritt des letzten Semesters geschmissen ...«, bemerkt er verhalten und mit jener Stimme, die garantiert als Wecker fungiert.
Ach!
Sieh mal einer an!
Du also auch?
Tja, Mitleid wirst du von mir keines bekommen! Mich hat deine Aktion ebenfalls den Abschluss gekostet ...
»Wie auch immer!« Zaghaft strecke ich die Hand nach meinem Notizbuch aus.
Doch anstatt dass er es endlich herausrückt, bekomme ich ein Kopfschütteln.
»Wie ich sehe, hast du deinen Fimmel, Angelegenheiten zuerst zu verarbeiten und erst dann aus deinem Leben zu werfen, immer noch nicht abgelegt«, schweift er ab und hebt zur Untermalung seiner Worte das »Ding« an. Meine Augenbraue schießt auf der Stelle in die Höhe, weil ich den Irrwegen seiner Gedanken nicht wirklich folgen kann. »Scheu dich nicht, mich eines Besseren zu belehren, wenn ich falsch liege, aber verhält es sich nicht so, dass ein Ghostwriter den während des Kundenauftrages verwendeten Notizblock zusammen mit dem Skript abgibt?«
Ha!
Ha, ha!
Mir scheint, der Typ hat sich ernsthaft mit dem Sachverhalt beschäftigt ... Amüsant! Weniger lustig finde ich jedoch, dass er meine kleinen Macken noch nicht vergessen hat.
»So ungern ich auch zugebe, dass du recht hast, aber ja, so ist es!«
»Ich gehe schwer davon aus, dass diese Antwort auf beides bezogen ist ...«, stellt er fest. »Nun! Ich denke, es wäre nur fair, dass es in meinen Besitz übergeht, sofern dir nichts daran liegt.«
»Also wirklich!«, grummele ich sogleich. »Was für ein Kindergarten! Nimm es mit, ich schenke es dir.« Mit diesen Worten winke ich den Kellner heran, um den Kaffee zu bezahlen, den ich der unschönen Überraschung wegen kein einziges Mal angerührt habe. Steven allerdings gibt dem jungen Mann ein Zeichen, dass er sich vorerst fernhalten soll. Seine dominante Haltung und die autoritäre Ausstrahlung sind tatsächlich so gewaltig, dass dieser mitten im Gehen erstarrt. Nur einen unschlüssigen Blick hat er für mich übrig.
»Davon mal abgesehen, dass man Geschenktes nicht weiterschenken sollte, will ich nicht nur das Buch. Du verkaufst eine Dienstleistung ... also bitte, sei so gut und befriedige meine Wünsche ...«
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Zeilen unserer Liebe
General FictionDiese Geschichte entstand auf Basis der wahren Begebenheiten. Lediglich die Namen von Protagonisten und Orte des Geschehens wurden verändert, um den Ärger mit der im Buch erwähnten Co-Autorin zu vermeiden. In diesem Buch geht es um meine Jugendfreun...