Kapitel 3 -=Steven=-

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Jillian ist den Tränen nah und ich würde mir am liebsten eine Ohrfeige verpassen. Das wollte ich bestimmt nicht erreichen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ihr in der Zukunft keinen Kummer zu bereiten. Und was mache ich kaum fünf Minuten nach unserem Wiedersehen? Genau! Ganz steventypisch vollführe ich erneut eine Bauchlandung ins Fettnäpfchen.

Das Ende ihres Satzes kann ich mir schon denken. Es gab auch bei mir nach unserer Trennung nur ein Steven und ... eine endlos lange Liste von Emotionen, die allesamt mit Leid, Hass und Verzweiflung verbunden sind.

Warum ich ausschließen kann, dass sie einen Mann meint? Nun ... neben dem riesigen Kloß, an dem ich nach dem Besuch der »Möchtegernautorin«, erst mal zu kauen hatte, bekam ich Jils letzte aktuelle Adresse ausgehändigt. Während eines Telefonates mit ihrem Vermieter, bei dem ich mich als ein empörter Nachbar vorstellte und eine nächtliche Ruhestörung in Form eines Ehestreites melden wollte, erklärte mir dieser in jeder Hinsicht irritierte Mann, dass sie gar keinen Ehemann hat. Zugegeben, einen möglichen Lebensgefährten schließt das nicht aus, dennoch sehe ich meine Chance. Sei sie auch noch so gering.

Eines steht außer Frage: Wenn ich das Ruder nicht bald herumreiße, habe ich bereits vor Spielneubeginn verloren. Und das darf unter keinen Umständen geschehen.

»Es tut mir leid, dass es so gelaufen ist«, lenke ich eilig ein.

»Macht nichts!«, antwortet sie mit deutlich aufgesetzter Gleichgültigkeit. Einerseits amüsiert mich die Tatsache, dass sie mich täuschen will, obwohl sie weiß, dass ich ihre Lügen in der Regel sofort durchschaue. Anderseits ist es auch kränkend.

Ja, ich habe mir einen Fehler geleistet. Ist das allerdings ein Grund, gleich zu denken, ich hätte sie deswegen nicht geliebt?

Bei den meisten Frauen trifft das wohl oder übel zu. Der Drang, herauszufinden, ob sie den richtigen Partner an ihrer Seite haben, scheint ihnen zumindest genauso wenig geläufig zu sein, wie der Vorgang, mit dem wir Männer dies »gerne« tun. Es gilt nämlich, im letzten Moment einen Rückzieher zu machen. Also gerade dann, wenn dein »Versuchskaninchen« nackt, breitbeinig und mit von unbändiger Leidenschaft getrübten Augen unter dir liegt, zu sagen: »Sorry, hier brechen wir ab. Ich liebe eine andere!«

Das ist in dem Fall ein unumstrittener Beweis dafür, dass du deinen gegenwärtigen Partner sogar ehelichen würdest. Und genau das wollte ich an diesem schicksalsträchtigen Tag ausprobieren.

Heute ist mir bewusst, dass dies eine selten dämliche Aktion war. Viel besser wäre es gewesen, ich hätte ein romantisches Abendessen arrangiert, ihr den Ring überreicht, der sich zu der Zeit seit Monaten in meinem Besitz befand, und es darauf ankommen lassen. Aber ich war jung, dumm und hörte blöderweise auf die bescheuerten Ideen meiner sogenannten Freunde.

Für jeden Scheiß, den ich in der Vergangenheit abgezogen habe, gab es rein theoretisch eine »plausible« Erklärung, nur half mir keine einzige, um zu bewahren, was mir lieb und teuer war. Und diese Negativerfolgsserie scheint sich soeben fortzusetzen. Der Grund für ihre plötzliche Hast, mit der sie die Notizblöcke in ihrer Tasc­he verstaut, ist klar. Wie ich es verhindern kann, sollte ich wohl am besten so schnell wie möglich herausfinden.

Denk nach, Stev! Denk!

Blöd war der erste Gedanke, dass ich sie allein dadurch zu einer dritten Chance »weichklopfen kann«, indem ich ihr unseren Roman serviere und Jillian quasi dazu zwinge, sich mit mir auseinanderzusetzen. Selbst dieses dämliche Buch – rosa mit Plüsch, mit dem ich sie einst aufziehen wollte – trägt sie bei sich. Also muss ich eine andere Möglichkeit finden. Bisher kamen mir drei Dinge in den Sinn:

Erstens, ich sage geradeheraus, dass ich weiß, womit sie – eine studierte Belletristin – ihr Geld verdient, und dass ich damit überhaupt nicht einverstanden bin. Das könnte jedoch nach hinten losgehen, weil Jil sich von niemandem bevormunden lässt.

Die zweite Idee, welche mich heimsucht, ist die, dass ich meine Absicht, sie zurück in mein Leben zu lotsen, offenkundig ausspreche. Wobei auch das etwas ist, womit ich mit ziemlicher Sicherheit auf Granit beißen werde.

Also bleibt mir nur die bisher einmal geglückte Option Nummer drei:

Ich bringe sie dazu, mich wieder in ihr Leben aufzunehmen, und arbeite mich Stück um Stück vor.

Das allerdings bedarf eines Bluffs vom Feinsten.

Schnell schnappe ich mir das strassbesetzte »Ding« und kassiere sofort einen Blick, der sich unter anderen Umständen garantiert tödlich auswirken könnte.

»Wie ich sehe, bietest du dich gerade an!? Nun, das trifft sich gut, ich suche nämlich einen Ghostwriter ...«

Zeilen unserer LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt