Kennenlernen

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Ich fühlte mich extrem unwohl, als ich mich auf Simons dunkelbraune Ledercouch setzte. Schließlich war er mein Vater, irgendwie. Nicht nur irgendwie, er war mein Vater. Mein Vater. Es war immer noch ziemlich merkwürdig das zu denken. Überhaupt war das alles extrem verwirrend.

„Ähm, ja", Simon setzte sich auf einen farblich perfekt auf das Sofa abgestimmten Sessel. „Willst du vielleicht... was trinken oder so?" Ich schüttelte schnell den Kopf. „Okay", Simon strich sich durch die Haare, genau wie eben im Flur. Schien bei ihm ein Zeichen der Verlegenheit zu sein. Ich stellte meine Schultasche auf meine Beine.

Unangenehmes Schweigen breitete sich im ganzen Raum aus. Nur eine große Uhr mit dunkelroten Zeigern, die am anderen Ende des Zimmers hing, tickte munter weiter. Netten Stil hatte er ja, das musste man ihm lassen. Mal ganz davon abgesehen war das die Penthouse-Wohnung, woher hatte der Typ soviel Geld?

„Ähm ja", sagte Simon dann irgendwann. „Das ist jetzt natürlich 'ne doofe Situation, irgendwie." Ach nein, was er nicht sagte. „Soll... Soll ich einfach mal was über mich erzählen? Ich weiß ja nicht, ob deine Mum schon irgendwas gesagt hat oder..." Er ließ den Satz offen. Ich schüttelte den Kopf. „E-erzähl ruhig", meinte ich leise. Dann musste ich immerhin nicht soviel reden und es interessierte mich auch wie mein... Vater so drauf war. Er räusperte sich. „Willst du wirklich nichts trinken?" Ich schüttelte wieder den Kopf. Er holte Luft. „Okay, also. Ich heiße Simon Cowell, bin am 7. Oktober 59 geboren, in Brighton. Und ja... Du kannst die selbst ausrechnen wie alt ich bin, oder? In meinem Alter sagt man das nicht mehr so gerne." Er grinste, auch wenn es ein bisschen gezwungen aussah, und ich grinste zurück. Es war zwar ein schlechter Versuch die Stimmung aufzulockern, aber immerhin ein Versuch. „Na ja, von Beruf bin ich Musik- und Filmproduzent. Und ich bin Juror bei American Idol, Britain's Got Talent und America's Got Talent. Und natürlich X-Faktor, sowohl in Großbritannien als auch in Amerika." Er runzelte die Stirn. „Eigentlich solltest du mich kennen, ohne jetzt groß eingebildet zu klingen." Ich biss mir peinlich berührt auf die Unterlippe. Sowas hatte ich mir mit acht einmal angeguckt, dann hatte Mum es mir nicht nur verboten, ich hatte es auch nicht für unbedingt... weiterbildend gehalten. Ja, ich war ein kleines Streberkind. „Ich bin nicht so der Fernsehmensch." Er nickte. „Mein momentaner Beruf, neben dem ganzen Jurorending, ist eigentlich das managen von One Direction."

Ich war wirklich froh, mir nichts zu trinken gewünscht zu haben. Spätestens jetzt hätte ich es von meinem Sofaplatz über das hübsche kleine Glastischchen bis zu Simon gespuckt. One Direction? Wie krass war das denn bitte? Der wollte mich doch verarschen. „E-Echt jetzt?", fragte ich vorsichtig nach, als er nicht anfing zu lachen oder „Ne, Scherz" oder sowas sagte.

Simon nickte. Oh Mann. Ich ließ mich nach hinten fallen. „Das ist ja krass", sprach ich dann aus und wurde beinahe sofort rot. Erst denken dann reden, Amy. Erst denken dann reden. Simon sah mich leicht besorgt an. „Du bist aber kein überdrehter Fan, oder?" Ich schüttelte schnell den Kopf, woraufhin er sehr erleichtert aussah. „Gut."

Ich musterte meine Fingernägel, während ich überlegte, was ich sagen könnte. „Und du?", machte Simon wieder den Anfang. „Was machst du so in deiner Freizeit?" Ich schaute von dem abgeblätterten roten Nagellack meiner rechten Hand auf. „Na ja... Ich... Also, ich gehe zur Schule und ich spiele Klavier... -nicht besonders gut!", fügte ich den letzten Teil schnell hinzu, als mir wieder einfiel, dass er ja Produzent war. „Und... ähm... In Los Angeles habe ich noch Kickboxen gemacht, weil... weil Mum dachte, dass hilft mir wegen... also, wegen Selbstbewusstsein und überhaupt... Los Angeles ist ja auch ziemlich groß und so..." Ich verhaspelte mich und wurde wieder rot. „Kickboxen? Wow, das hätte ich jetzt nicht erwartet." Simon sah beeindruckt aus. Ich lächelte verlegen und zuckte wieder mit den Schultern. „Ja, na ja. Ich bin nicht wirklich... gut, oder so. Mein Trainer ist beinahe an mir verzweifelt, glaube ich." Auf Simons Frage nach dem Warum, musste ich Grinsen. „Na ja, mein Trainer meint, ich bin einfach nicht in der Lage anderen Menschen Gewalt anzutun. Ich bin eher so der Babyrobben-Typ."

Me and my GuitarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt