Kapitel 7

980 4 7
                                    

Bin ich müde! Ich gehe tapsig in Richtung Badezimmer. Im halbdunkeln suche ich den Lichtschalter. Was für ein Chaos! Die marineblauen Handtücher liegen neben der Zahnpasta und mein Plastikzahnbecher fällt augenblicklich auf den Boden und rollt in Richtung Dusche. Ich habe das Gefühl, dass mir zur Zeit einfach alles über den Kopf wächst. Ich brauche wahrscheinlich einfach ein bisschen Abstand von diesem ganzen Stress hier. Mein Entschluss steht nun endgültig fest. Ich muss nach Afrika! Ich halte meine Nase noch ein letztes Mal an die frische Luft und bestaune mein kleines Blumenparadies. Genau, zum vorläufig letzten Mal. Gestern Nacht noch habe ich entschieden, dass wir morgen fliegen werden. Es muss sein. Ich gehe raus auf unseren kleinen, gemütlichen Balkon. Dort sind wunderschöne Lilien, Rosen und Narzissen angepflanzt, jene jeden Frühling wieder aufs neue sprießen. Die roten Rosen erinnern mich jedes Mal an den Tag, an dem ich Dave zum ersten Mal sah. Er stand da, sein Haar leicht zerzaust und sein Anzug nicht mehr gerade dies was er wahrscheinlich einmal war. In der Hand hielt er nur einen Strauß roter Rosen. Ich war von seinem Anblick so überwältigt, dass ich schon fast ein bisschen einknickte. Langsam kam er mir näher. Schritt um Schritt. “Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber...’’, sprach er zu mir leicht verlegen. Ich war ziemlich erstaunt, als er mich Ansprach. ,,Ähm also..., meine Verabredung ist leider nicht aufgetaucht und deshalb würde ich Ihnen die gerne schenken’’. Er hielt den wunderschönen Strauß Rosen hin und der Duft war einfach unwiderstehlich. Meine Augen wurden plötzlich ganz groß. Ich hielt ihm meine Hand hin und er gab mit wortlos die Blumen. Ich nahm die an und roch den wunderbaren Duft. Ich wollte mich gerade bedanken, doch der attraktive Fremde war schon wieder weg. Wie ein Engel. Ich entdeckte zwischen den Dornen ein kleines Briefchen. Ohne mir bewusst zu sein, ob der Brief für mich, oder für seine Verabredung sein sollte, öffnete ich ihn. Es stand folgendes: Liebe Unbekannte. Ich möchte Sie gerne kennenlernen, denn ihre Augen haben mich verzaubert.

Im rechten, unterem Eck des Briefes stand noch seine Nummer. Wow! Mein vorher noch so leeres Herz war plötzlich vollkommen gefüllt mit Glücksgefühlen.

Oh, es ist schon so spät! Ich bin wieder einmal viel zu träumerisch. Ich gieße nochmals die Blumen und verlasse dann mein Lieblingsreich. Ich denke mal, dass ich wieder einmal soziale Kontakte benötige. Sofort laufe ich zu unserem, schon etwas verstaubtem, Telefon, was ja eigentlich auch keinen wundern sollte, denn es ist ja schließlich noch aus den 30-er Jahren. Nun klackt es 10 Mal an der Drehscheibe während ich Saskias Nummer wähle. Der schrille Piep Ton ertönt. ,,Ja, Hallo? Saskia am Apparat’’, ertönt ihre aufgestellte Stimme am anderen Ende der Leitung. ,,Hi, hier ist Tara. Ich wollte fragen ob du Lust hast, mit mir, heute Nachmittag etwas zu unternehmen?’’. Ich warte auf Sass’s Antwort. Im Hintergrund ertönt Kinderlärm. Wahrscheinlich sind es die Kinder ihrer älteren Schwester, auf die sie hin und wieder aufpassen muss. Ich meine, Saskia ist ja schon eine ziemliche Chaotin, aber ihre Schwester erst. Die kann man, glaube ich, nur schwer übertreffen. Sie ist immer total gestresst, da sie als Kunst- und Theaterlehrerin arbeitet und ihr Ex-Mann sich schon vor zig Jahren aus dem Staub gemacht hatte. Endlich. Ich höre eine Antwort von Sass: ,,Ähm... also, es wird etwas schwierig, denn, wie du wahrscheinlich schon gehört hast, die Kinder von Sally sind bei mir und, NOAH, LASS DAS LOS! NEIN, erst abstellen und DANN loslassen! Das sag ich Mami! Los-lassen! NEIN! NOAH! Aaaarrg! Sorry, Tara. Noah veranstaltet gerade den dritten Weltkrieg. Also, eben, Sally’s Kinder sind bei mir und du weißt ja wie die ticken...’’. Oh ja, das weiß ich nur zu gut! Letztes Jahr war ich nämlich einmal bei Saskia zu Hause, als die Kinder da waren. Ich kann mich gar nicht mehr so genau erinnern, aber nach vier Stunden Babysitten, hatte ich eine Beule am Kopf, der Wasserhahn war kaputt und der Boden war so zugemüllt, dass Sally, als sie nachhause kam, beinahe ohnmächtig wurde. Nach einer kurzen Sprechpause, ehe ich etwas sagen konnte, meldete sich Sass wieder zurück. ,,Hey, Sally hat mich gerade auf dem Handy angerufen und sie wird die Kinder schon vorzeitig, in einer halben Stunde, abholen kommen!” ,,Okay, cool. Ich komme dann also in einer halben Stunde zu dir’’, antworte ich ihr froh. So, ich kann meine beste Freundin wieder treffen und mit ihr über alles quatschen.

Torn - Zwei Welten, Zwei LiebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt