Prolog.2

609 15 2
                                    

Coras *PoV*

Nachdem ich die Zigarette im Schnee ausgetreten hatte, bließ ich den restlichen Rauch aus meiner Lunge und ging wieder rein.

Trisha und meine Mutter liefen gerade in die Küche und lachten laut. Safaa und Destiny hörte man an Hand der lauten Musik, die aus dem Zimmer meiner Schwester kam, und meine beiden großen Brüder saßen mit Doniya und Waliyah auf unseren schwarzen Ledercouchen verteilt und unterhielten sich. Zayn saß etwas abseits und tippte auf seinem Handy herum. Desinteressiert schenkte ich mir ein Glas Wasser ein.

Gerade, als ich den ersten Schluck runterschlucken wollte, raunte mir eine Stimme etwas ins Ohr. "Du hast geraucht. Seit wann machst du das?"

Ich zuckte vor Schreck zusammen und drehte mich leicht hustend um, sah dann direkt gegen die durchtrainierte Brust meines Bruders. "Musst du mich so erschrecken?!" zischte ich ihn an und stellte das Glas bei Seite.

Er zuckte mit den Schultern. "Antworte mal, bitte. Warum rauchst du?"

"Du etwa nicht?" entgegnete ich, wohl wissend, dass er sich schon lange von den Nichtrauchern verabschiedet hatte. Genauso wie Ashton und unser Vater. "Und sag jetzt nicht, das ist Männersache. Es gibt viele Frauen, die rauchen."

"Aber nur weil die es tun, musst du's ja nicht auch machen." blieb er weiter standhaft beim Thema und sah mich tadelnd an.

Ich seufzte und schob ihn zum Sofa. "Kannst du nicht bei was anderem rumbohren. Das ist doch jetzt echt unwichtig."

"Oh, da gibt's viel. Zum Beispiel, was mit dir und..." Er nickte leicht in Zayns Richtung. "...ihm passiert ist. Ihr schaut euch nicht mal mehr mit dem Arsch an."

"Ach, keine Ahnung. Er hat sich verändert. Das One Direction noch nie wirklich zu 100% sein Ding war, wusste ich ja. Aber dass er so plötzlich mit Perrie Schluss macht. Und auch er selbst hat sich total abgespalten. Wenn er mir was schreibt, dann so was wie: 'Hey, wie geht's?'. Das war's dann auch schon." erklärte ich und nahm einen Schluck von Jos Bier, dass er in der Hand hielt.

"Hey! Da ist meins!" beschwerte er sich und riss mir die Flasche, mit gespieltem Schmollmund, aus der Hand.

"Ist doch noch was drin." meinte ich ruhig und sah aus dem Fenster. Es hatte wieder angefangen zu schneien und die weiße Schicht, die unseren Rasen belagerte, wurde immer dicker. Lange hatte es nicht mehr so viel Schnee gegeben. Und wenn, war es nicht an Weihnachten.

"Sag mal, was wünscht du dir eigentlich zum Geburtstag?" zog Jonah meine Aufmerksamkeit zurück auf sich. Seine Augenbrauen waren fragend ihn die Höhe gezogen und seine Stirn kräuselte sich.

"Weiß nicht. Ich bin unentschlossen. Vielleicht Sachen für meine Wohung." murmelte ich und strich mir Haare hinters Ohr.

"Wow, wow, wow! Warte! Heißt das, du hast was gefunden?" drängelte er und durchbohrte mich mit seinen Augen.

Ich nickte. "Ja. Es ist nicht ganz Zentral, aber dafür auch nicht so teuer. Und mit der Bahn bin ich in knapp zehn Minuten an der Tower-Bridge. Ich würde sagen, ich habe einen guten Fang gemacht."

"Du musst mir unbedingt Bilder schicken, sobald du eingezogen bist. Aber was ist mit einem Job?" meinte er hibbelig und fuhr sich durch die Haare.

"Ich hatte mich ja bei ein paar Firmen beworben und konnte mich dann zwischen zwei entscheiden. Und zu meinem Glück, hat mich mein Favorit genommen. Zwar nicht Sony Music direkt, aber ein neu gegründetes Tochterlabel. Mehr weiß ich auch noch nicht."

***

"Soooo... Dann mal guten Appetit!" grinste meine Mutter fröhlich in die Runde und alle fingen an zu essen. Es gab, wie jedes Jahr, Pute mit Kartoffelknödeln und Speck. Zum Nachtisch Apfelkompott mit Preiselbeeren.

Damit ich meine Ärmel nicht in der Soße versenken konnte, schob ich den Stoff etwas hoch und schnitt dann das erste Stück von einem Kloß ab. Aber ich kam gar nicht dazu es zu essen, denn meine Eltern, die gegenüber von mir saßen, starrten geschockt auf meinen Arm und legten ihre Gabeln ab. Langsam ließ ich meine Augen nach links wandern und sah ebenfalls auf meine Haut.

"Was ist das, Cora?" fand meine Mutter als erste ihre Sprache wieder und deutet mit dem Messer auf das Kunstwerk.

"Eh... Schmuck." lächelte ich unschuldig und zog meinen Ärmel schnell wieder runter.

"Wann hattest du vor uns zu sagen, dass du dich hast vollkritzeln lassen? Und vor allem, wie viel ist das?" mischte sich nun auch mein Vater ein. Er hasste Tattoos. Als Zayn damit angefangen hatte, wollte er erst, dass ich den Kontakt abbreche. Wegen ein bisschen Tinte.

"Du musst es dir ja nicht angucken." murmelte ich und stopfte mir den Mund voll, damit ich weitere Antworten rauszögern konnte. Oder das ganze Gespräch. Mein Vater war ein ziemlich aufbrausender Mensch, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte, und ich wollte wirklich nicht riskieren unser aller Weihnachten zu zerstören.

"Noch Wein?" ging Ash zum Glück dazwischen und Doniya und Jo spielten direkt mit. Und damit war das Thema dann auch beendet.

Ich konnte meine Eltern natürlich verstehen, dass sie ihr Kind nicht als Leinwand enden sehen wollten, aber so weit war es noch lange nicht. Und außerdem hatte ich ihnen schon früher gesagt, dass ich mich tätowieren lassen würde, um sie darauf vorzubereiten. Und damals hatten sie sich schnell damit abgefunden. Also warum jetzt ein riesen Drama daraus machen?

Nach dem Essen gingen Jonah, Ashton, Doniya und ich raus, um eine zu rauchen und unterhielten uns ein wenig über Gott und die Welt. Aber das mit Abstand beliebteste Thema waren unsere vergangenen, gemeinsamen Weihnachtsfeste die Jahre zuvor. Bis ich ausgezogen war, hatten wir jeden, wirklich jeden Heiligabend zusammen verbracht. Fast schon als Familie. Aber dann ging es in die Brüche. Warum, wusste ich bis heute nicht.

"Cora? Kommst du?" riss mich Doniya aus meinen Gedanken und sah mich fragend an.

"Ehm, ja. Gleich. Ich komme nach." meinte ich und drückte meine Zigarette im Aschenbecher aus. Meine rauchende Atemluft zog in die dunkel Nacht hinaus und mein Blick wanderte Richtung Himmel. Die Wolken, aus denen bis vorhin noch Schnee gefallen war, hatten sich fast komplett aufgelöst und die Sternen funkelten im schwarz-blau.

"Hi, Coco." sagte plötzlich eine raue, tiefe Stimme rechts von mir und rauch zog in den Himmel.

Im ersten Moment erschrocken, drehte ich mich zu ihm und sah das Profil seines Gesichts. Es war perfekt. Seine Wangenknochen waren nicht zu hoch und nicht zu tief und sein Bart betonte sie noch mehr. Seine braunen Augen hatten durch den Mondschein etwas mystisches und glitzerten. "Hi, Zayn."

Er nahm erneut einen Zug von der Zigarette in seiner Hand und stieß den Rauch aus, öffnete dann seinen Mund und sah zu mir. "Lang nicht mehr gesehen. Wie geht's dir?"

"Wie immer, gut. Und selbst?" entgegnete ich und verschränkte die Arme vor der Brust, da es langsam kalt wurde.

"Mir ging's selten besser." stimmte er meiner Aussage, mit einem Lächeln auf den Lippen, zu.

"Was ist so witzig?" fragte ich leicht angepisst. Ich hasste es, genau wie Aiden, wenn jemand lachte und ich nicht wusste, wieso.

Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. "Ich weiß ganz genau, dass du dich fragst, was mit mir los ist. So gut..."

"...Dann kannst du mir ja auch gleich die Antwort geben." unterbrach ich ihn und sah ihn ernst an. Ich wollte keine Spielchen spielen.

Er sah zum Gartenhäuschen gegenüber von uns und dann wieder zu mir. "Irgendwann. Aber es gibt da noch einiges, was ich dir vorher sagen will."

Reloaded » z.m. »Completed«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt