1. Kapitel

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Stille. Nichts war zu hören, außer das gleichmäßige Tropfen des undichten Wasserhahn's auf der Mädchen-Toilette. Ich war vollkommen allein, in der viel zu engen Toiletten-Kabine und wartete darauf, bis es endlich Klingeln würde. Nicht zum ersten mal verbrachte ich meine Pause hier, vollkommen allein. Es war mir lieber hier die Minuten bis zum Gong zu zählen, anstatt ständig auf dem Pausenhof erniedrigt zu werden.

Ja, es war nicht einfach. Ja, ich wurde gehänselt. Ja, ich hatte keine Freunde. Jedenfalls nicht hier auf der Schule. Warum? Darauf gab es keine Antwort.

Ich war ein normales Mädchen, wie andere auch. War nicht dick, nicht hässlich (was zumindest mein Vater jeden Tag zu mir sagte) und verhielt mich auch sonst nicht anders, als andere hier.

Ich war noch nicht lange hier auf der Schule. Wir mussten vor einem halben Jahr umziehen, weil mein Vater hier eine neue Arbeit gefunden hatte.

Weg aus der alten Heimat, weg von meinen Freunden, weg von dem Friedhof, auf dem meine Mutter seit 9 Jahren beerdigt liegt. Ja, sie starb. Als ich gerade mal Neun war.. Es war ein grausamer Autounfall, der meinem Vater heute noch nicht aus dem Kopf ging.

Ja, er war dabei gewesen. Er hatte hautnah miterlebt, wie der viel zu schnell kommende Tanklaster meiner Mutter das Leben nahm. Unvorstellbar. Er blieb unverletzt, zumindest körperlich. Der Schmerz in der Seele blieb bis heute, auch wenn er nicht darüber sprach.

Wir wohnten also seit neun Jahren allein' und nun in einem neuen Haus, hier in Hamburg. Neue Stadt, neue Leute, neues Leben.

Mein Vater war gerade erst 34 geworden, und hatte somit noch sein ganzes Berufsleben vor sich. Ja, meine Eltern waren sehr jung gewesen, als ich auf die Welt kam.

17 Jahre alt, um genau zu sein. Und trotzdem waren sie immer für mich da gewesen. Inzwischen war ich selbst schon 17 Jahre, rase immer mehr auf's Abitur zu, und komm dem Erwachsen werden immer näher.

Endlich. Die Schulglocke begann zu Leuten und ich durfte endlich wieder in den Unterricht.

Vermutlich war ich die einzige an der gesamten Schule, die sich darauf am meisten freute.

Ich sperrte die Tür auf, warf einen kurzen Blick in den Spiegel, obwohl es eh egal war, wie ich aussah, verließ hastig mit samt meinem Rucksack die Mädchen-Toilette und raste durch den völlig überfüllten Schulflur zur Sporthalle.

Uns würde heute ein neuer Sportlehrer erwarten, so hatte man es uns zumindest mitgeteilt. Also beeilte ich mich umso mehr zur Umkleide zu kommen.

Die anderen Mädchen beachteten mich nicht, so wie immer. Sollte mir Recht sein. Es war zumindest besser, als würden sie sich über mich lustig machen.

Worüber? Keine Ahnung. Darüber das ich keine Freunde hier hatte vermutlich. Und warum hatte ich hier keine Freunde? Weil sie sich alle über mich lustig machten. Es war ein unerklärlicher Teufelskreis, den ich selbst nicht verstand.

Aber ich hatte mich damit abgefunden. Ich brauchte keine Freunde hier, ich war bloß hier um zu lernen. Um einen guten Abschluss zu erzielen um meinen Vater stolz zu machen. Ich liebte ihn. Mehr als alles andere. Er war immer für mich da, zu jeder Stunde. Er war der beste Mann auf Erden.

Während sich die anderen Mädchen noch die Nase puderten, war ich schon fertig umgezogen und sprintete in die noch vollkommen leere Sporthalle.

Ich ließ mich auf eine der Bänke nieder, und lauschte einer plötzlich auftauchenden Stimme:

"Pünktlichkeit ist wohl eine deiner Stärken." Ich sah mich suchend um, bis mein Blick an einem jungen Mann haften blieb. Ich hatte ihn noch nie hier an der Schule gesehen.., was warscheinlich daran lag, dass es der neue Sportlehrer sein musste.

Er machte direkt vor mir halt und durchbohrte mich, mit seinen Gift grünen Augen. Mein Herz machte einen kurzen Aussetzer als ich ihn sah. Er war mittelgroß, ungefähr 1.85.. Seine Haare waren gold-blond-bräunlich, so ließen es zumindest die Sonnenstrahlen aussehen, die durch ein offenes Fenster direkt auf ihn strahlten. Er hatte hohe Wangenknochen, die ihn noch attraktiver wirken ließen. Sein sanfter dreitagebaart trug ebenfalls dazu bei.

Ich hatte noch nie für irgendeinen Mann, oder Jungen geschwärmt. Sie interessierten mich einfach nicht. Zugleich hätte mein Vater mich womöglich umgebracht, wenn ich für irgendeinen geschwärmt hätte, aber bei ihm fühlte ich etwas. Ich weiß nicht was es war.. Vermutlich lag es daran, dass er unheimlich attraktiv war. Aber das durfte mich gar nicht interessieren. Er war mein Lehrer, egal wie gut er aussah.

Ich hatte ihm noch immer keine Antwort gegeben. Stattdessen starrte ich ihn wortlos an. Unangenehme Stille lag im Raum, und sein Lächeln schwand langsam.

" Du bist wohl Jessy, richtig?" Ich schluckte. Woher wusste er bitte meinen Namen!? Es fiel mir schwer ihm zu antworten. In der Schule angesprochen zu werden, gehört nicht wirklich zu meinen täglichen Ereignissen, noch dazu war er ziemlich.. Gutaussehend.

"Woher wissen Sie das?" Fragte ich leise, aber dennoch konnte er mich hören.

Endlich. Das bezaubernde Lächeln kehrte zurück auf seine Lippen. Wie lange waren wir jetzt bitte schon alleine hier?!

"Ich habe gutes von dir gehört. Du sollst sehr sportlich sein." Seine Stimme klang so liebevoll mir gegenüber. Oder Redete er einfach immer so?

Ich lächelte gequält. Antworten war gerade echt nicht drin. Mir fiel ein, dass Herr Peim,( unser ehemaliger Sportlehrer) dem zukünftigen ein wenig über uns erzählen wollte. Vermutlich hatte er bloß erwähnt, dass ich diejenige sei, die ständig vollkommen alleine war.

Die Halle füllte sich plötzlich, sowie die Bank, auf der Ich eben noch ruhig sitzen konnte. Ich wurde achtlos zur Seite gedrängt, fast von der Bank gestoßen. Ich reagierte jedoch nicht darauf. Ich war es gewohnt. Gewohnt nicht wahrgenommen zu werden.

Der schrille Pfiff einer Trillerpfeife Ertönte und alle verstummten. Ich blickte zum Verursacher des Pfiff's, der natürlich kein anderer war, als unser neuer Sportlehrer.

Ich war nicht die einzige die ihn nun ansah. Wir alle sahen ihn an, und ich konnte hören wie die ersten Mädchen sich leise über sein unglaubliches Aussehen unterhielten.

" Ich bin Mr. Parker, der neue Sportleher für das gesamte Halbjahr. Ich bin 24 und ihr seid die erste Klasse die ich unterrichte.
Versaut es also nicht." Beendete er grinsend seinen Satz, eher er kurz einen Zettel überflog, den er fest in seinen Händen hielt. 24!? Wie bitte?! So jung und schon Lehrer?! Die anderen waren mindestens genauso schockiert wie ich, verständlich.

Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mitbekam wie er die Anwesenheitsliste vorlas, und nun schon zum 2. Mal meinen Namen erwähnte." Jessy Hillson?" Er sah direkt in meine Richtung. Klar, er wusste schon längst wer ich war, trotzdem wartete er auf eine Reaktion.

Die ersten verdrehten schon die Augen, da ich nicht einmal dazu in der Lage war zu antworten." Du bist doch Jessy, oder nicht?" Seine Gift grünen Augen leuchteten förmlich, als er mir diese Frage stellte. Ich nickte vorsichtig und kaum merkbar." Na bitte, und wo lag jetzt das Problem?" Er blickte kopfschüttelnd zurück auf die Liste und fuhr fort.

Ich hörte leises Gelächter, was mit Sicherheit mir galt. Die erste Stunde beim neuen Lehrer und sofort bloß gestellt. Klasse. So konnte der Sportunterricht beginnen...

× Unerlaubtes Verlangen × #ByMeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt