Now❁

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Mit gesenktem Kopf lief der Braunhaarige über den grauen, trostlosen Schulhof, den Blick starr nach unten gerichtet.

Bei jedem Schritt wippte die farbenprächtige Krone aus frischen, präzise geflochtenen Blüten auf seinem dichten, braun gelockten Haar auf und ab, als er seinen Kopf hob und sich sorgfältig umsah.

Scheu blickte er nach allen Seiten und verspürte Erleichterung darüber, Louis' Freunde nirgendwo entdecken zu können.

Der Lockenschopf mied sie, wo er nur konnte, denn sie verunsicherten ihn.

Er wusste, dass sie hinter seinem Rücken über ihn sprachen. Sie sagten, er sei seltsam und spotteten stets über die auffälligen Blumenkronen, die er aus purer Leidenschaft und Hingabe zu tragen pflegte.
Sie erinnerten ihn an schöne Zeiten mit einem ganz besonderen Menschen, der immer einen festen Platz in Harry's Herzen haben würde.

In einem plötzlichen Anflug von Traurigkeit sah der 16-Jährige erneut zu Boden.

Er dachte an Louis, seinen einstigen Beschützer, der sich so verändert hatte und wie alleine er sich oft ohne ihn fühlte.

Irgendwann, den genauen Zeitraum wusste er nicht mehr, fing Harry's bester Freund an, sich für andere Szenen zu begeistern und sich gegen sein altes Image aufzulehnen.

Er trug punkige Klamotten, erste Tattoos und Piercings schmückten seinen Körper, im Laufe der Zeit wurden es immer mehr. Mit dem Modegeschmack veränderte sich auch Louis' Interessen- und Freundeskreis.

Louis war nun ein Punk, während Harry der scheue, verschlossene Junge blieb.

Mit jedem Tag, der verstrich, entfernte sich sein Kindheitsheld mehr von Harry.

Die beiden Jungen, die sich einst beste Freunde nannten, trafen sich nicht mehr, sie redeten nicht mehr, teilten keine Geheimnisse mehr, wie sie es in früheren Zeiten getan hatten und Louis war auch nicht mehr da, um Harry zu beschützen.

Der Kleinere war sehr traurig darüber gewesen.

Es war, als fehlte ihm ein Teil seiner selbst.

Jeden Tag hatte er am Fenster gestanden und den Blick nach seinem Louis suchend über die leeren Straßen schweifen lassen.

Sobald es klingelte, war er wie vom Blitz getroffen aufgesprungen und hatte mit erwartungsvollem, sehnsüchtigen Blick vor der Haustür gewartet, immer darauf hoffend, dass sein Freund zu ihm zurück kehren würde- aber das hatte er nicht getan.

Doch all dieser Dinge zu trotz liebte Harry es noch immer, Louis' anzusehen. Daran hatte auch all die verstrichene Zeit und die Distanz, die sie umgab, nichts ändern können.

Denn immer, wenn der Braunhaarige dem Älteren zusah, verspürte der die alten Glücksgefühle, die Louis' ihn schon früher hatte spüren lassen und er fühlte sich geborgen, er fühlte sich zu Hause.

Harry, auf dessen Gesicht sich bei dieser Erinnerung ein kleines, ehrliches Lächeln ausgebreitet hatte, bemerkte nicht, wie er, seinen Gedanken nachhängend, direkt auf einen Jungen zulief.

Zu spät hob er seinen Kopf, als dass er die drohende Gefahr hätte registrieren können, und stolperte ungeschickt über das Bein des Jungen vor ihm, wobei er heftig ins schwanken geriet und hilflos nach etwas suchte, an dem er sich festhalten konnte.

Harry entwich ein unmännlicher Schrei, der seine Wangen tief rot färbte, und schloss die Augen, die Arme schutzsuchend vor dem zierlichen, verletzbaren Körper verschränkt, um den Sturz einigermaßen abfangen zu können.

Doch der unvermeidbare Aufprall blieb wider Erwarten aus, weshalb Harry seine Augen öffnete und ihm der Atem stockte, als diese direkt in Louis' wunderschöne ozeanblaue Augen blickten.

Erst in diesem Moment wurde ihm klar, wo er sich befand- in den Armen von Louis William Tomlinson, dem Jungen, den er so gerne heimlich beobachtete.

Seine Wangen glühten förmlich vor Scham.

"Alles okay?", fragte die angenehme, leicht raue Stimme des Punks besorgt und strich seinem Gegenüber sanft über den Arm.

Alleine jene Berührung löste bei diesem eine ungeheure Gänsehaut aus und er erschauderte wohlig.

"J-ja", antwortete Harry dem Älteren und ärgerte sich auf der Stelle über sich selbst, da er es nicht schaffte, so selbstsicher wie Louis zu wirken, obwohl er sich die größte Mühe damit gab.

Was er jedoch nicht wusste - was er niemals zu träumen gewagt hätte!- war, dass genau diese Schüchternheit, die er in jenem Moment so verfluchte, das war, was Louis an Harry unglaublich umwerfend fand und das ihn an dem schüchternen Jungen jedes Mal auf's Neue faszinierte.

Sachte stellte der Junge, dessen Arme fast vollständig mit Tattoos übersäht waren, Harry wieder auf die Beine und lächelte ihn warm an.

Dem Lockenkopf war die Situation sichtlich unangenehm und er wandte sich schnell ab, um sich umzudrehen, doch Louis fasste ihn zärtlich am Arm und raunte mit seiner unverkennbaren, angenehmen Stimme "Du hast etwas vergessen. "

Harry sah zu, wie sein damaliger Kindergartenfreund sich bückte, um den bunten Blumenkranz aufzuheben, der ihm dem Anschein nach bei ihrem überraschenden Zusammenstoß vom Kopf gefallen sein musste.

Kaum merklich neigte der Junge mit den niedlichen Grübchen seinen Kopf, sodass Louis sie ihm ohne Probleme auf die braunen Wuschellocken setzen und konnte.

Dieser lächelte zufrieden und flüsterte Harry noch ein liebevolles "So ist's gut. Sie macht dich komplett" ins Ohr, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und sicheren Schrittes auf das Schulgebäude zulief.

Der Grünäugige stand nach wie vor bewegungslos an der Stelle, an der Louis ihn auf sicheren Boden abgesetzt hatte.

Ein breites, strahlendes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht und ließ die Grübchen um seinen Mund herum tanzen, als er realisierte, dass es wieder passiert war.

Sein Held hatte ihn wieder einmal gerettet.

So kam es, dass Harry, dessen Herz vor Liebe und aufrichtiger Zuneigung für Louis nur so überquoll, einen Entschluss fasste.

Er wollte sich bei Louis bedanken, ihm etwas zurückgeben an Freude und Geborgenheit, die sein bester Freund ihm jahrelang geschenkt und die ihn gewärmt hatten wie die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings.

Er wollte Louis eine Blumenkrone machen, und zwar die Schönste, die er jemals würde machen können.

Und so setzte er sich hin, dachte an all die wunderbaren Momente, die er mit Louis verband, und hoffte, er könne sie alle einfangen, alle erfassen, in diese eine Krone stecken und für die Ewigkeit bewahren.

Denn dies sollte keine einfache Blumenkrone werden, sondern der Beweis dafür, wie sehr Harry Louis liebte und für immer lieben würde.

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Merry Christmas my loves. ❁♥


Flower Crown ❁ ➳  Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt