Aufgefolgen

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Ganz ehrlich, ich hasse mich für diese Schüchternheit. Ich will glaube ich garnicht wissen wie ich momentan aussehe. Aber ich denke das Wort 'schwach' beschreibt es ganz gut.
,,Dürfen wir dich jetzt damit nerven?", fragt Josh, den ich noch von letztes Mal kenne. Also das letzte Mal wo ich mit Obst um mich geworfen habe um sie alle zum Schweigen zu bekommen. Was ja allerdings gescheitert ist.
Ich Presse die Lippen aufeinander uns weiß nicht was ich antworten soll. ,,Da gibt's nicht zu nerven", antwortet Thomas hinter mir. Er setzt sich neben mich und reicht mir einen Teller. Josh hebt abwehrend die Hände. ,,Na schön aber ich muss dir sagen, dass du damit uns unsren Teil dieser überaus verdrehten Lovestory zerstörst. Aber wenn du damit kein Problem hast ist ja alles gut." Thomas schüttelte schmunzelnd den Kopf und widmet sich nun ganz seinem Essen.
Ich würde gerne sagen, dass der Rest des Essens normal verlief aber nein. Immer wieder spürte ich regelrecht die Blicke einiger im Rücken. Und nicht alle waren gut gesinnt. Oh man, dass kann ja noch was werden.

,,Wie kams?" Josh natürlich. Thomas hatte noch ein paar Sachen zu klären bevor es ins Bett ging. Naja er war jedenfalls frühzeitig vom Essen abgehauen und hat mich einfach alleine gelassen. Ja und das nutze Josh natürlichen total aus. Auch die Tatsache, dass Thomas mich geküsst hatte, bevor er verschwunden war machte die Sache nicht leichter.
Ich blickte in mehrere gespannt Augenpaare, die eigentlich schon längst fertig waren aber wegen den Neuigkeiten noch blieben.
,,Ja wie soll's schon gekommen sein?", fragte ich zurück. ,,Das will ich ja von dir wissen." Meine Hände vielen meiner Nervosität zum Opfer. ,,Ich meine war es so richtig romantisch wie im Film oder eher ähh so wie wir denken, dass es nunmal Thomas Stiel ist?" Thomas Stiel? Was bitte ist denn sein Stiel? ,,Was soll ich mir darunter vorstellen?" Ich glaub's nicht, dass ich echt auf diese Unterhaltung eingehe. Josh und sein Nebenmann grinsen sich an. ,,Ja naja. Wir glauben das der gute nicht unbedingt die weiche, romantische Art hat. Oder?" Ich verdrehte aber nur die Augen. ,,Kann man nicht sagen. Aber so ist das bei uns trotzdem nicht gewesen." ,,Und wie war es?" ,,Ihr habt sie ja echt nicht mehr alle! Als ob ich euch das jetzt sage. Ihr spinnt doch echt."
Ein paar sahen echt enttäuscht aus. Josh zuckte mit den Schultern. ,,Schade." Idiot.

Da ich Thomas nicht finden konnte, beschloss ich mich einfach in mein Bett zu legen. Was mir allerdings schon nach den ersten zwanzig Minuten vor Langeweile fast umbrachte. Alles was ich wollte, war jetzt zu ihm rüber gehen und mich an ihn kuscheln. Ey Gott Aurora! Heilige Scheiße! Ein Tag und schon bist du auf ihn fixiert. Ist doch nicht wahr. Reiß dich jetzt mal zusammen.
Ja ich sag's nicht gern aber meine innere Stimme halt ne. Die Mistkuh hat mal wieder - wie so oft - einfach ins Schwarze getroffen. Leider.
Zur Ablenkung wurde also der Fernseher angemacht. Und nichtmal hier läuft was gescheites. Alles Mist. Doch - nennt mich verrückt - ein Bericht erhielt meine ungeteilte Aufmerksam.
Und das auch zurecht. Die aktuellen Nachrichten zeigten einen Beitrag über die gefährlichsten Gangs New York's. Wie cool ist das denn bitte? Gespannt lausche ich dem Sprecher. Am besten fand ich Thomas Beschreibung. Der Unbekannte Übeltäter, der sich weiß in seinem dunklem Geschäft zu tarnen und dann aus heiterem Himmel zuzuschlagen.
Ich musste grinsen. Jaja der Unbekannte Übeltäter eben. Aber dann redete er weiter. ,,Doch er ist nicht mehr länger unbekannt." Ich sprang senkrecht hoch. Was? ,,Sein Name ist Thomas Sangster." ,,Was?", entfuhr es mir als ein Bild von ihm eingeblendet wurde. Ja das war er. Nein, nein, nein! Woher wussten Sie das? Und dann wurde es noch schlimmer. Ein weiteres Bild wurde eingeblendet. ,,Scheiße!" ,,Wer dieser Mysteriöse Mädchen an seiner Seite ist konnte noch nicht herausgefunden werden. Doch die Behörden sind dran." Nein! So jetzt bin ich am Arsch. Die beschissene Polizei machte mir keine Sorgen. Es war ganz alleine Jay.

,,Thomas! Das musst du dir angucken", ertönte von draußen eine schrille Stimme. Und auch ich war schon aufgestanden und sprintete regelrecht zur Tür. Ja das sollte er sich angucken. ,,Was ist denn?", fragte ein verpennter Thomas. ,,Lass mich schlafen." ,,Ne dafür ist keine Zeit. Du bist so richtig am Arsch." Er zog eine Augenbraue hoch und musterte uns. ,,Was'n los?"
,,Du bist erkannt worden." ,,Hä?" ,,Ja nix hä. Die Nachrichten haben ein Bild und deinen Namen eingeblendet. Und dazu war Aura auch noch drauf zu sehen." Er war sofort hell wach. ,,Scheiße!" ,,Ja allerdings." Jetzt wand er sich wütend an mich. ,,Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass du nicht raus darfst. Wieso lass ich mich auch bequatschen?" ,,Bin ich jetzt dafür verantwortlich oder was? Willst du mir die Schuld geben?" Er nahm meine Hände ich seine. ,,Nein natürlich nicht. Aber genau das war mein Grund."
Ja gut so langsam versteh ich was er meinte. Das ich aber auch immer nicht hören will. Jetzt geb ich mir wirklich die Schuld. ,,Und was machen wir jetzt?" Der Junge neben uns räusperte sich. ,,Naja. Dich haben sie noch nicht erkannt. Und so richtig haben sie ja nicht gesagt, dass sie wissen das alles Thomas Schuld ist. Also ja sie wissen das er es ist aber man kann ihm nichts nachweißen, dafür sorgen wir schon." Ich nicke dem Jungen noch einmal zu bevor er verschwindet und mich mit Thomas alleine lässt. ,,Shit. Tommy es tut mir voll leid. Wirklich." ,,Du kannst doch nichts dafür." ,,Das sie wissen wer du bist nicht aber das es dieses Foto gibt, worüber du dir jetzt den Kopf zerbrechen musst. Es tut mir leid."
,,Davon will ich nichts hören, verstanden! Du bist nicht schuld und damit basta. Es war meine Entscheidung dich mitzunehmen." Vorsichtig hob er mein Kinn an und drückt seine Lippen auf meine. Verdammt. Schlechtester Moment aber dennoch wunderschön. Jetzt versteh ich den Ausdruck 'Feuer und Flamme', denn genauso fühle ich mich gerade.
,,Ich geh jetzt mal besser und du schläfst bitte." ,,Du glaubst doch nicht im ernst, dass ich jetzt schlafen kann oder?" ,,Tu's einfach.du brauchst es." Was soll denn das heißen? Aber spätestens als Thomas mich hoch hub und ins Bett brachte, wusste ich, dass ich keine Chance hatte. ,,Du hast keine Wahl", sagte er mir bevor er mich zudeckte. ,,Das ist ein freies Land mein lieber." Er küsste mich nochmal auf die Stirn und verschwand dann. Ganz toll.

Ich hatte mir geschworen nicht einzuschlafen. Schon aus Protest. Und jetzt mal ehrlich. Wie könnte ich jetzt bitte einschlafen? Thomas war entlarvt. Er würde ins Gefängnis wandern und mich mit Jay alleine lassen. Jay. Bei dem Gedanken lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich war mir sicher, dass er Bescheid wusste. Wahrscheinlich sammelt er gerade seine Truppen und machte sich schon an den Angriff. Er wird alle abknallen die sich zwischen ihn und mich stellen. Zwischen Bruder und Schwester. Zwischen Feind und Verräter. Erbarmen kennt er nicht. Nicht mehr. Dabei war er früher so... Normal. Ja fast schon überaus nett. Nie zu mir aber immerhin zu den anderen. Und vor allem zu Thomas.
Und wieder war Thomas mein einziger Gedanke. Auch wenn ich mir wünschte, dass er anderweitig mein Hirn stürmen würde. Aber nein.
Ich mahle mir die schrecklichsten Bilder aus. So ein Gefängnis war garantiert nicht ohne. Und die Sachen die er angestellt hatte, ließen ihn garantiert für eine ziemlich lange Zeit hinter Gitter wandern. Mit Zwanzig Jahren dürfte er sicher rechnen. Zwanzig Jahre in denen ich ihn nicht sehen könnte. Eine zu schreckliche Vorstellung.
Und was passiert, wenn auch Jay eines Tages verhaftet wird? Dann treffen sie aufeinander. Und weiter will ich garnicht denken. Zu viel Blut. Viel zu viel Blut. Aber ich kann einfach nicht anders. Beide werden ihre Anhänger finden und so wie ich Jay und Thomas kenne, werden sie an alles rankommen, dass sie wollen. Und das alles - von Messern bis Pistolen über Tödliche Drogen - werden sie benutzen. Ihr gegenseitiger Hass aufeinander würde beide schneller ins Jenseits befördern als ich Idioten rufen könnte. Ein Gedanke jagte mir Schweißperlen über die Stirn. Was wäre, wenn sie in ein Abteil geschickt werden? Noch schlimmer: in einer Zelle. Ich gebe ihnen einen Tag. Danach würde es eine - wenn nicht sogar zwei - Beerdigungen geben.
Ich sehe es vor mir. Thomas Sitz in der Zelle und wartet auf seinen neuen Mitgefangenen. Die Tür geht auf und Jay stolpert herein. Keine zwei Sekunden später prügeln sie sich schon. Fäuste und Blut werden fliegen, köpfe rollen. Und mein Herz in zwei Teile gespalten. Wenn auch bei Jay nur ein Riss entstehen würde. Er wäre da. Schmerzhaft und unausweichlich, verfolgt er mich. Andererseits, wenn er verhaftet werden würde, wäre das für Thomas und mich doch gut oder? Nein. Ich könnte nicht mit dem Gedanken leben, dass mein Bruder im Knast sitzt.
Wieso denn nicht? Ja das ist die Frage. Er hat mich all die Jahre nicht besonders gut behandelt.

Und was ist mit mir? Was ist wenn ich geschnappt werde? Und selbst wenn ich auch ins Gefängnis wandere, dann nicht dahin wo Thomas hinkommt. Ein Frauengefängnis. Ich will garnicht dran denken. Nicht auszuhalten. Alleine die Gedanken lassen mich kotzen.
Ich werde jeden Richter der versucht mich in so eine scheiße zu stecken kurz und klein schlagen...vielleicht auch nur in Gedanken. Sonst hätte das ein paar schlimme Folgen.

Es ist morgens und ich bin hundemüde. Geschlafen habe ich höchstens drei Stunden. Ja ganz toll. Zombie hallo.

Und jetzt liege ich hier im Bett und warte auf irgendwas. Ich weiß nicht auf was ok? Ich weiß nur auf irgendwas. Und das Irgendwas kam in gestallt von Thomas, eine knappe Stunde später, gut gelaunt und fröhlich - für seine Verhältnisse jedenfalls - in mein Zimmer.
,,Hab ich was verpasst oder war das alles nur ein Traum?" ,,Du hast was verpasst." Er setzt sich neben mich aufs Bett und gibt mir einen Kuss. ,,Ja was denn?", quengele ich ungeduldig. ,,Ist alles gut. Sie können mir nichts nachweißen. Jay weiß von dem Bericht nichts und da sie dich sonst mit so etwas nicht in Verbindung setzten können, bist du erstmal raus."
Es war als ob mir ein riesiger Berg von Lasten von den Schultern gerissen wurde, als ich ihn umarmte.
Doch dann stockte ich. ,,Wieso weißt du, dass Jay von all dem nichts weiß?" ,,Naja meinst du, woher ich wusste was du die ganze Zeit machst?" Geschockt starre ich ihn an. ,,Wer?" ,,Shane." Mir fiel alles aus dem Gesicht. ,,Du meinst den Shane, der zweite Anführer Shane?" Thomas nickte stolz. ,,Seit wann gehört er zu dir verdammt?", fahre ich ihn an. Er zuckt nur gelangweilt mit den Schultern. ,,Schon immer. Er ist vier Monate nach meinem Rauswurf zu euch gekommen. Er ist echt ein guter Spion. Ich muss schon sagen. Die Tatsache, dass er es geschafft hat viereinhalb Jahre nicht aufzufliegen, ist doch schon beinahe bewundernswert. Findest du nicht?" Mir dämmerte so langsam eine Erkenntnis.
,,Hat er mich deshalb so komisch angeguckt und beobachtet? Wenn er gerade nichts besseres zu tun hatte, war er immer in meiner Nähe. Das war echt verdammt gruselig."
Thomas grinste verschmitzt, wofür er gleich einen Klaps auf den Hinterkopf und einen darauffolgenden Kuss erhielt.

Die Angst der Adler✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt