Chroniken der Erzengel-Weihnachtsgeschichte Teil 3

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Teil 3: Teufel

Jasmins Sicht:

Weihnachten in der Hölle und dann auch noch in dem dunkelsten Teil des Herrschaftsbereichs meines Bruders. Denn gerade auf dem Weg dorthin befanden wir uns. Gabriel und ich waren auf dem Weg zum Tartaros, um dort Michael und Delia zu besuchen. Ich war noch nie in diesem Bereich gewesen, noch nie. Immer noch spukten in meinem Kopf Damons Worte herum, dass ich niemals in den Tartaros gehen sollte. Obwohl mein Vater der Teufel und mein Bruder der neue Herrscher der Hölle waren, war ich noch nie im Tartaros gewesen.

„Gabriel, denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?", fragte ich meinen Freund ein weiteres Mal. „Der Tartaros soll sehr gefährlich sein."

„Es ist mein Bruder", entgegnete Gabriel darauf nur.

„Und genau deswegen haben wir ihn und Delia auch in meine Burg bringen lassen", mischte sich die Stimme meines Bruders in die kurze Diskussion ein. Damon schwebte wenige Meter über uns direkt neben dem Eingang zum Tartaros.

„Damon" schrie ich und fiel meinem kleinen Bruder um den Hals. Das Beherrschen der Hölle tat ihm so gut, bei jedem Treffen wirkte er selbstbewusster und lebhafter. „Frohe Weihnachten."

„Dir auch, Schwesterherz", erwiderte er. „Guten Morgen, Gabriel."

Gabriel nickte ihm lächelnd zu. „Guten Morgen, Damon. Mein Bruder ist in der Burg?"

Damon lächelte. „Kommt mit, dann können wir unser gemeinsames Weihnachtsfest feiern."

Wir folgten ihm zu dieser Burg, in der ich einen der wichtigsten Monate meines Lebens verbracht hatte. Im Hof erwartete mich schon Damons General, dessen grüne Flügel sich kaum von dem Grasboden abhoben – Emilio.

„Du solltest doch bei Michael bleiben", wies mein Bruder ihn sofort zurecht, bevor meine Füße überhaupt den Boden berührt hatten. „Mein Vater wird uns ..."

„Dein Vater ist schon da, sonst hätte ich Michael doch nie allein gelassen", unterbrach Emilio den aufgeregten Damon. „Alles ist gut, Damon. Mach dir nicht so viele Sorgen."

Während in meinem Bruder die Anspannung nachließ, umarmte ich Emilio überschwänglich. Ein leises Räuspern ließ uns auseinander fahren. Gabriel wusste zwar, dass er immer meine Nummer eins sein würde, aber das änderte nichts daran, dass er mich am liebsten von Emilio fernhalten würde. Eifersucht ließ auch einen Jahrtausendealten Erzengel nicht kalt.

Zwinkernd griff ich wieder nach seiner Hand und schon führten Emilio und Damon uns in den Raum, den wir damals schon zum Essen genutzt hatten. Seit Damon das Ruder in der Hölle übernommen hatte, veränderte er jeden Bereich nach und nach so, dass seine Handschrift sichtbar wurde.

Wir waren die Letzten, die erschienen. An dem Tisch saßen schon meine Eltern, Björn mit seiner Familie und eben der frühere Obererzengel mit seiner Freundin. Michael stand sofort auf, um seinen Bruder zu begrüßen und offenbarte dadurch eine tiefe Wunde auf seiner rechten Gesichtshälfte. „Michael ...", stammelte ich.

„Keine Sorge, Jasmin, das ist nur ein kleiner Kratzer", beruhigte er mich sofort und zog auch mich in seine Arme. An die schwarzen Flügel würde ich mich bei ihm nie gewöhnen, sie ließen ihn schwächer wirken, so als würden ihn dunkle Schatten erdrücken. Aber vielleicht lag das auch nur an der Strafe, die er im Tartaros verrichten musste.

Delia verdrehte die Augen. „Jetzt ist es vielleicht nur ein kleiner Kratzer. Muss ich dich daran erinnern, wie tief diese Wunde vor zwei Tagen noch war?"

Ich verzog erschrocken das Gesicht, während Michael seiner Freundin liebevoll über die Schulter strich. „Wie gut, dass ich so schnell heile und Jasmin, mach kein so ein schuldbewusstes Gesicht, ich habe das verdient."

Lächelnd zog ich ein kleines Geschenk aus meiner Jackentasche. „Frohe Weihnachten, Michael."

Erstaunt nahm er die Schachtel entgegen. „Ist das von euch beiden?", wollte er von uns wissen, doch ein einziger Blick auf Gabriels Gesicht gab ihm die Antwort. „Nur von dir?"

„Sieh es einfach als Entschuldigung für mein Inferno an", erwiderte ich.

Beinahe widerwillig löste Michael die Schleife, die ich noch auf die Schnelle gebunden hatte. Als er die Box öffnete, weiteten sich seine Augen. „Wo hast du das her?", flüsterte er. „Ich war mir sicher ..."

„... dass du sie verloren hast? Tja, ich habe sie wiedergefunden", beendete ich seinen Satz. „Es hat seine Vorteile, die Beraterin des Kronprinzenpaares zu sein."

„Was ist es?", wollte Dad neugierig wissen.

Michael holte den Gegenstand aus der Box. „Mein Notizbuch, das ich bei dem Kampf über Paris verloren habe. Wo hast du das denn gefunden?"

„Direkt an dem Ort, wo Emilio gestorben ist. Ich habe es durch Zufall entdeckt, als ich einen Spaziergang in der Gegend gemacht habe. Es lag so zwischen zwei Wurzeln, dass es kaum nass geworden ist. Einer der Hofschreiber hat mir dann geholfen die enthaltenen Flecken so gut wie möglich zu entfernen", erklärte ich ihm.

„Wow, Jasmin, das ist unglaublich." Michael zog mich in seine Arme. „Du hättest mir doch nichts schenken müssen."

„Hätte ich das Buch nicht gefunden, hättest du von mir auch nichts bekommen", entgegnete ich lachend.

Dieses Lachen zog sich auch durch den ganzen Nachmittag durch. Obwohl Dad und Michael für eine Ewigkeit Feinde gewesen waren, sprachen sie lockerer miteinander als Gabriel und Emilio.

„Du weißt, dass du auf Emilio nicht eifersüchtig sein musst?", sprach ich diese Sache an, als wir wieder zuhause waren.

Gabriel grinste mich an. „Jasmin, solche Gefühle lassen sich nur schwer abstellen, vor allem da du mit ihm für eine kurze Zeit sogar wirklich zusammen warst."

Wenn er von meiner Grabrede wüsste, würde er sich sicher anders verhalten, aber noch hatte ich nicht vor, dieses Geheimnis zu lüften. „Ist Weihnachten für dich eigentlich noch etwas besonderes? Schließlich erlebst du es seit mehr als 2000 Jahren und warst damals an Christi Geburt sogar maßgeblich beteiligt."

Die Antwort darauf bekam ich erst, nachdem wir unseren Privatbereich im dritten Stock erreicht hatten. „Jedes Weihnachten ist etwas besonderes. Es ist eines der wenigen Feste, das mich jedes Jahr von Neuem überrascht. Frag mich nach einem Jahr und ich kann dir sicher sagen, wieso mir das Weihnachten in diesem Jahr in Erinnerung geblieben ist."

Die anderen Jahre interessierten mich doch gar nicht. Neugierig fragte ich: „Und wie wird dir dieses Weihnachten in Erinnerung bleiben?"

Gabriel umarmte mich von hinten, sodass er seinen Kopf auf meinen lehnen konnte. „Dieses Weihnachten hat viele Bezeichnungen verdient. Das erste Weihnachten im Elfenreich, mein erstes Weihnachtsfest in der Hölle und das erste Weihnachten, an dem die Menschen von uns wissen. Doch für mich wird das Weihnachten immer ganz besonders in Erinnerung bleiben, als das erste Weihnachten mit dir."

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Das war der letzte Teil der Weihnachtsgeschichte :) Ich hoffe, sie hat euch gefallen. 

Ich wünsche euch daher einen guten Rutsch in das Jahr 2016, das für mich ein Jahr mit viel "Chroniken der Erzengel" wird. 

Was bedeutet das? 

- Überarbeitung von Elfentochter, Engelstochter und Teufelstochter

- bei Engelstochter endlich Ausführung der Idee des zehnten Kapitels

- hoffentlich anfangen mit Teil 4 "Tochter des geheimen Volks"


LG

Saskia 


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