Weihnachten - Wenn die Grenzen verschwimmen

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Und wieder war es Weihnachten. Nachdem mir letztes Jahr diese Sache mit meinen Figuren passiert war, hatte ich es schon sehr bald als Halluzination abgetan. Das hatte gar nicht echt sein können. Ich hatte es mir nur eingebildet, mehr nicht.

Gemeinsam mit meiner besten Freundin schlenderte ich über den kleinen Weihnachtsmarkt in unserem Dorf. Es waren nicht viele Stände hier, aber trotzdem verweilte wir schon am Stand mit den Krippenfiguren eine lange Zeit, weil wir alle Figuren genau betrachteten.

„Entschuldigen Sie, könnte ich hier kurz hin?“, wollte eine männliche Stimme von mir wissen.

Ich drehte mich um, um auf die Seite zu treten, doch dann erstarrte ich in meiner Bewegung. Flügel verdeckten meine Sicht auf die Person, die mich angesprochen hatte. Aber auch ohne das Gesicht zu sehen, wusste ich wer es war. Die weißen Flügel mit den goldenen Spitzen gehörten Raphael aus „Chroniken der Erzengel“ und neben ihm stand in einen dicken Mantel eingepackt Cammi, um die der Erzengel liebevoll den Arm gelegt hatte.

Es fing schon wieder an. Die Figuren erschienen. Bildete ich es mir nur ein oder zwinkerte Cammi mir sogar zu? Schnell schüttelte ich den Kopf. Meine Freundin hätte doch etwas gesagt, wenn sie die beiden Flügelpaar gesehen hätte, und sie hatte nichts gesagt.

Also gingen wir weiter in das Kindertheater, in dem ich all die Jahre mitgespielt hatte und seit zwei Jahren Souffleuse geworden war. Meine Freundin setzte sich ins Publikum zu meinen Eltern, während ich mich hinter die Bühne begab. Die Aufführung lief gut ab und ich musste zum Glück gar nichts einsagen. Wie jedes Mal stellten sich die Schauspieler an den Eingang, um Spenden für den Weihnachtsmarkt von den Zuschauern zu bekommen. Dieses Mal stellte auch ich mich hin, damit eine gerechte Aufteilung bei der Morgen- und Abendaufführung herrschte.

„Hier, Timmie, schmeiß das Geld in diese Mütze“, wies ein junges braunhaariges Mädchen ihren kleinen Bruder an.

Mit einem freundlichen Lächeln hob ich ihm die Weihnachtsmannmütze hin, da er sonst nicht dran kommen würde. Er blickte mich mit großen blauen Augen an und warf fünf Euro hinein.

„Dankeschön“, erwiderte ich.

„Eigentlich sollten wir dir danken“, berichtigte seine Schwester mich, wobei sie sich näher zu mir lehnte. „Schließlich hast du uns erschaffen.“

Ihr Bruder zog sie dann an ihrer Hand weiter. „Sarah, kommst du, ich will zum Pony reiten.“

„Aber du hast doch selbst ein eigenes Pony“, entgegnete Sarah, bei der ich inzwischen wusste, wer sie war. Auch wieder eine Person aus meinen Büchern. Timmie und Sarah schienen aus „Dangerous Love“ in meine Welt gekommen zu sein.

Weihnachten schien die Grenzen zu öffnen, ob es nur mir so ging oder ob es bei anderen Autoren auch so war? Ich wusste es nicht.

„Wollen wir uns etwas zu essen holen?“, fragte mich meine Freundin, als wir wieder auf dem kleinen Gelände des Weihnachtsmarktes standen.

Nach meinem Nicken entschieden wir uns dazu Folienkartoffeln zu holen. Mit dem Kartoffel in der Hand stellten wir uns dann an einen der vielen Stehtische, die sogar unter Dach standen. „Willst du danach noch zu irgendetwas bestimmtes schauen?“, wollte ich von ihr wissen, während ich einen Löffel in den Mund schob. Inzwischen erwartete ich schon alles und machte mir Sorgen, wie der Rest des Tages ablaufen würde. Das einzig Positive war, dass die Personen aus meinen Fantasy-büchern schon hier gewesen waren. Nein, halt, warte, „A Weasley Fight“ fehlte noch.

Wenn man vom Teufel sprach, genau in diesem Moment entdeckte ich Mia, die beste Freundin meiner Hauptperson in der Schlange vor dem Essen. Auch wenn sie sich mit ihren braunen Haaren und den blauen Augen nicht sehr von der Menge abhob, sagte mir mein Herz, dass sie es war. Bestätigung fand ich nur wenige Minuten später darin, dass sie mit einem leicht osteuropäischen Akzent sprach, der zu einer gebürtigen Bulgarin passte.

Schon wenig später entschieden wir uns nach Hause zu gehen, doch davor wollten wir noch zu der lebenden Krippe schauen, die genau in diesem Moment kam. Ich lehnte mich über den Zaun, um den Esel zu streicheln, als einer der Hirten zu mir trat. „Vorsichtig, der beißt manchmal“, warnte er mich mit Schalk in der Stimme.

Blaue glitzernde Augen erwiderten meinen Blick, als ich mich aufrichtete. Jedes Wort, dass ich sagen hatte wollen, wurde unnötig. Chris Hunter musste ich mit dem gleichen Sarkasmus und Schalk kommen, wie er es tat. „Wenn er mich beißt, mache ich dich dafür verantwortlich“, erwiderte ich mit einem Zwinkern.

„Tja, und dann sage ich, dass ich dich gewarnt habe“, antwortete er.

Mit einem fiesen Grinsen zog ich ihn näher zu mir heran, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern: „Willst du wirklich riskieren, dass ich meine Macht bei „Live your Dream“ einsetzen und dir vielleicht etwas schlimmes passiert?“

Chris starrte mich erschrocken an. „Das würdest du nicht tun.“

„Wer weiß?“, meinte ich in einem Singsang, bevor ich ihn einfach so erstarrt stehen ließ.

Meine Freundin starrte mich die ganze Zeit etwas komisch an und wollte dann außer Hörweite wissen: „Kanntest du den?“

„Kann man so sagen“, antwortete ich schwammig, ehe ich geschickt das Thema wechselte. „Oh mein Gott, schau, Schokoerdbeeren.“ Schnell zog ich sie zu dem Stand mit den Schokofrüchten. All die Jahre hatten sie nur Bananen und Äpfel gehabt, aber dieses Jahr waren auch Erdbeeren dabei.

Als wir mit unseren Erdbeerspießen in den Händen endlich den Markt verließen, hörte ich einen Jungen und ein Mädchen, die sich angeregt über eine fehlende Freundin unterhielten. Ihr Name ließ mich aufhorchen, Annie. Waren das die letzten beiden, die heute noch fehlten?

„Hey, wir könnten doch einfach sie fragen“, schlug der braunhaarige Junge vor. „Wann sehen wir Annie wieder?“

Mir fiel fast der Spieß aus der Hand, denn damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Marlon und Tessa Heller redeten direkt mit mir, meine Figuren sprachen mich einfach so an. „Ähm …“, stammelte ich unsicher. „Mit viel Glück schaffe ich es „Immersion“ im nächsten Jahr zu beenden. Also könnte es sein, dass ihr nächstes Jahr an Weihnachten schon wieder mit Annie vereint seid.“

Tessa fiel mir überglücklich um den Hals. „Danke. Frohe Weihnachten.“ Dann verschwanden die beiden aus unserem Blickfeld. Es war vorbei. Zumindest für heute.

„Kannst du mir bitte erklären, was das gerade war?“, wollte meine Freundin verwirrt von mir wissen.

„Ich kann es versuchen, aber wahrscheinlich wirst du mir das nicht glauben“, erwiderte ich. Das würde mir niemand glauben. Dazu war es zu übernatürlich.

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Ich schließe mich jetzt einfach Tessa an und wünsche euch allen ein frohes Weihnachtsfest :D 

Trotz Weihnachten freue ich mich natürlich wie immer über Kommis und Votes. 

Das gilt auch für mein Voting Kapitel bei meiner Überarbeitung von Elfentochter. Das würde mir wegen dem Piper Award wirklich sehr viel bedeuten. (Link in den Kommis)

LG

Saski

One Shots, Kurzgeschichten und ähnlichesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt