Lola rennt in 80 Tagen um eine Bombe

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Lesetipp: Jules Verne: Reise um die Erde in 80 Tagen.

Worum geht es? Britischer Gentleman Phileas Fogg verwettet einen beträchtlichen Teil seines Vermögens, eine Reise einmal rund um den Erdball in 80 Tagen durchzuführen. Flugzeuge gab es damals noch nicht, dafür aber einen übereifrigen Versicherungsdetektiv namens Fix, der die gesamte Unternehmung gefährdet. Eine Geschichte voller Abenteuer, Liebe und verpasster Anschlussschiffe.

Was lernt die Feder? Willst du Spannung erzeugen, ist Zeitdruck dafür ein probates Mittel. Alltägliche Ärgernisse rauben plötzlich wertvolle Sekunden und zwingen die Helden (und damit auch die Autoren) zu ungewöhnlichen Mitteln. So gibt es gegen Ende eine Szene im Roman, in der Fogg einem Kapitän sein Schiff abkauft, um schließlich das Schiff selbst als Feuerholz zu verwenden. Verne lässt hier außerdem seinen Helden in einem entscheidenden Punkt einen Fehler die Zeit betreffend machen, der zu einer überraschenden Wendung führt.

Mit Protagonisten unter Zeitdruck können wir uns als Leser in unserer heutigen Zeit voller Termine und Deadlines sofort identifizieren. Alles ist irgendwie zeitlich begrenzt, nicht zuletzt das Leben selbst. (Hey, wer hat den Glückskeks hier hingestellt?)

Grundelemente und Fallstricke. Wie bei jedem spannungserzeugendem Element müssen wir beständig daran erinnert werden, damit es wirkt, etwa durch Einblendung einer Uhrzeit oder den Satz "noch x Stunden bis zum Weltuntergang" am Beginn eines jeden Kapitels. Die Zeit sollte keine wiederkehrende Gefahr in derselben Geschichte sein, da sonst Ermüdung beim Leser entsteht.

Nachgeschlagen. Was hier Spannung genannt wird, ist besser bekannt als "Suspense", und der Meister dieser Technik war zweifelsohne der Regisseur Alfred Hitchcock. Er erklärte einmal den Unterschied zwischen "Suspense" und "Surprise" anhand einer Bombe unter einem Tisch: Explodiert die Bombe, so ist das zwar überraschend, aber auch nicht besonders spannend. Wissen wir aber als Zuschauer im Gegensatz zu den Figuren von der drohenden Gefahr, dann kann ein harmloses Gespräch zu den spannendsten fünfzehn Minuten werden. Da verabschiedet sich vielleicht einer der beiden Gesprächspartner, sie wollen gehen, wir atmen erleichtert auf, doch dann bittet der andere ihn, noch eine Weile zu bleiben, und sie setzen sich wieder an den Tisch. Empfehlung dazu: Hitchcocks Cocktail für eine Leiche (Rope).

Querverweise.

- In Lola rennt (R: Tom Tykwer) hat die Titelheldin 20 Minuten, um ihrem Freund 100.000 D-Mark zu bringen, bevor ihm sein Auftraggeber auf die Schliche kommt. Es soll an dieser Stelle nicht verraten werden, warum der Film trotzdem eine Spieldauer von 81 Minuten hat.

- Für Donnie Darko (R: Richard Kelly) sind 28 Tage, 6 Stunden, 42 Minuten und 12 Sekunden von großer Bedeutung. Im Film entsteht die größte Spannung für ihn (und uns) daraus, dass wir zunächst nicht wissen, was dann überhaupt geschehen wird.

- In Michael Endes satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch brauen der böse Zauberer Beelzebub und die Hexe Vamperl eben jenen Trank, der, wenn er bis Mitternacht fertig wird, die Welt ins Unglück stürzt. Die Kapitelüberschriften sind Uhrzeiten.

- Das Gimmick der Serie 24 besteht darin, dass jede Staffel aus 24 einstündigen Folgen besteht, die in Echtzeit ablaufen.

Weiterführende Literatur:

- Jana Schäfer (2002): "Suspense und der Verlust von Sicherheit". In: fluter. Magazin der Bundeszentrale für Politische Bildung. http://film.fluter.de/de/6/thema/577/

- TVTropes: Race Against the Clock. http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/RaceAgainstTheClock


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