Drache ohne Wind

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Und hier stehe ich auf der Wiese vor meinem Haus und keine Windböe lässt mich fühlen, wie stürmisch doch das Leben sein kann.
Er hat gesagt er träumt manchmal von mir. Keine Ahnung, ob mich das gefreut hat, denn eigentlich saß ich nur da und habe gedacht: wieso sagst du es erst jetzt.
Und ich will wissen, was er mir noch alles sagen wird, wenn wir uns dann irgendwann wiedersehen und die Sonne auf unsere sich blondfärbenden Köpfe scheint. "Ich habe dich immer geliebt", oder "Du warst mir nie das wert, was ich dir wert war"? Was er auch sagt, es ist ok. Ich will Ehrlichkeit, damit ich loslassen kann von dem, was ich für immer festhalten wollte.
Weht kein Wind, fliegt der Drache nicht, richtig? Und was bringt es dann diese Schnur so fest in meine Hände schneiden zu lassen, dass sie nichts anderes greifen können und Zeit wie Sand durch meine Finger läuft ohne, dass es sich aufhalten lässt. Sag mir was auch immer du mir sagen willst und dann geh fort, nimm Erinnerungen, die mir die Luft abschnüren mit dir und lass mich stehen in der Hoffnung, dass ich nicht erfriere, sondern meine wärmende Sonne finde und meine Hände heilen. 
Ein letzter Blick zum Himmel, regenverhangene Wolken ziehen endlose Kreise, doch kühlen meinen rauchenden Kopf nicht ab und in der Ferne sehe ich ein Kind mit einem Drachen unterm Arm den Hügel hinaufrennen.

Für ViViGray und XxluhxX . Wir alle haben ihn, diesen Drachen, der schon lange nicht mehr fliegt.

Kurzgeschichten 2015/2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt