Kapitel 2

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McRoy beugt langsam sein von Aknekratern durchlöchertes Gesicht zu mir herunter. Ich rutsche noch etwas unter die Plane, die mich bedeckt, da ich auf dem Operationstisch liege. Er zieht seine Augenbrauen zusammen und verzieht seinen Mund zu einem boshaften Lachen, während er das Skalpell wie einen Dolch an meinen Hals hält, meine Augen weiten sich. Ich öffne meine Lippen zu einem stummen Schrei, er schneidet langsam meinen Hals auf und ich spüre, wie das warme Blut über mein Schlüsselbein läuft. Ich forme meine Lippen zu einem "Warum?" und er erwidert...

"Du kommst zu spät! Steh endlich auf!" Ich schlage verwirrt meine Augen auf und sehe nicht in das Gesicht meines verhassten Oberarztes, sondern in das von Brian, der mit verwuschelten Haaren und einem Toast in der Hand vor meinem Bett steht. Ich setze mich ruckartig auf und sehe beiläufig auf die Uhr...WAS? "Scheiße, es ist schon viertel vor acht?!" Ich springe aus den Federn und laufe ins Bad, während ich durch akrobatische Verrenkungen Socken anziehe und mir willkürlich Klamotten aus dem Schrank greife - und mir prompt den Fuß am Türrahmen anstoße. "Schei...benkleister..." stoße ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Als ich nach fünf Minuten in die Küche renne und mir einen Kaffee eingieße, bemerke ich, dass der Anrufbeantworter blinkt und drücke auf den Knopf, der folgende Nachricht abspielt: "Ja, äh, hallo, ich bins, Ashley Greene...vom Krankenhaus Eleanor-Cedrics. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, äh, (ich kann förmlich vor mir sehen, wie sie ihre Beine mit den Mörder-Schuhen übereinander schlägt) dass Mr. McRoy heute leider erkrankt ist und äh, sie ihr Praktikum um einen Tag verlängern müssten und solange, wie Mr. McRoy krank ist, frei bekommen. Äh ja, tschüs." Auf meinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus. So ein glücklicher Zufall ist mir gefühlt seit 100 Jahren nicht mehr passiert! Ich setze mich jetzt ganz in Ruhe hin und genieße meinen Kaffee. "Wir sehen uns später, im Gegensatz zu dir muss ich zur Uni..." zwinkert Brian mir zu und verschwindet. Als ich mir ein Brötchen und noch einen Kaffee gegönnt habe, fällt mir der Brief wieder ein und ich setze mich mit ihm in den Schaukelstuhl. Mir fällt ein goldener Lichtstrahl ins Auge, in dem Staubkörnchen schweben. Was für ein wunderschöner Morgen! Ich schlitze den Brief auf und hole den Bogen heraus. "Sehr geehrte Ms. Sullivan, wir laden Sie vor am 5. Januar in unserem örtlichen Polizeipräsidium zu erscheinen, aufgrund eines besonderen Vorfalls. Bitte bewahren Sie Ruhe, diese Handlung ist reine Routine. Mit freundlichen Grüßen,..." hier breche ich ab. Ich starre auf den Brief, ohne ihn weiter zu lesen. Was sollte ich bei der Polizei? Na ja, ich würde es morgen erfahren...



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