3. Kapitel

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Ich werde von Sonnenstrahlen geweckt. Es ist helllichter Tag. „Matthew!" Ich versuche ihn wachzurütteln. „Matthew, wir müssen los!", versuche ich es nochmal. Dieses Mal gelingt es mir. Er steht auf, völlig verschlafen. „Komm jetzt, wir müssen zu der Frau.", rufe ich. Wir rennen förmlich zum Haus. Vor der Tür bleibe ich stehen. „Warte, wir müssen etwas hilfloser aussehen.", ich schaue an Matthew herunter. Er sieht eigentlich schon fast hilflos genug aus, nur sein Blick muss anders sein. „Denk an irgendwas trauriges. Denk an deine Familie, dass du sie ewig nicht gesehen hast.", fordere ich ihn auf. Sofort ist seine Miene trauriger. „Überlass mir das Reden.", sage ich noch, dann treten wir ein. Ich klingele an der Wohnungstür. Eine Frau, mit freundlichem Gesicht, macht die Tür auf. „Guten Tag, was wollt ihr denn hier?", fragt sie erstaunt. „Wir wollten fragen, ob sie vielleicht Kinder haben und dabei Hilfe brauchen.", antworte ich kläglich. „Ach du Gott. Warum müsst ihr denn arbeiten?", fragt sie. Ihre Mimik ist erschrocken. „Wir leben davon. Meistens helfen wir im Haushalt, den Kindern und alles und kriegen dafür entweder Geld, oder dürfen bei den Personen wohnen.", erkläre ich. Die Frau grübelt vor sich hin. „Ich brauche tatsächlich ein bisschen Hilfe. Wisst ihr, ich bin alleinerziehend und habe deshalb viel um die Ohren. Bezahlen kann ich euch leider nicht viel, aber ihr könnt für ein paar Tage bei mir wohnen. Ich habe noch ein Zimmer frei, aber es gibt nur ein Bett.", antwortet sie schließlich. Ich lächle leicht. „Das macht uns nichts aus. Ganz im Gegenteil. Wir sind dankbar für jeden Tag und jede Nacht, die wir hier sein können. Sagen Sie uns einfach, was wir tun sollen." Die Frau lächelt. Kommt erst mal rein." In der Wohnung sieht es sehr gepflegt aus. Sofort fühle ich mich unwohl, weil ich mich tagelang nicht gewaschen habe. Wir gehen in die Küche. „Setzt euch. Am besten wir stellen uns alle erst mal vor. Meine Kinder sind noch oben und spielen. Also, ich heiße Kathrin. Was führt euch hier her? Wie heißt ihr?", fragt sie. „Wir heißen Isobelle und Matthew. Wir reisen von Stadt zu Stadt und helfen Leuten, wie ihnen. Manche lassen uns bei ihnen wohnen, andere geben uns Geld, um etwas zu Essen zu kaufen. Wir leben seit etwas längerer Zeit schon auf der Straße, weil wir Waisenkinder sind.", stelle ich uns vor. „Aber du bist doch kein Kind mehr, oder? Warum gehst du nicht arbeiten?", fragt sie diesmal Matthew. Er blickt das erste Mal hoch und schaut erst mich, dann Kathrin an. „Nein, ich bin kein Kind mehr. Ähm... genau, ich könnte eigentlich schon arbeiten, aber ähm...", er blickt mich hilflos an. Ich bete, dass er eine Idee hat. „Sie lehnen mich immer ab, also muss ich so mein Geld verdienen.", bringt er schließlich heraus. Ich bin erleichtert. Kathrin überlegt lange. „Ich glaube, ich hab da was für dich. Aber jetzt wascht euch erst mal. Habt ihr Sachen mit? Isobelle, du kannst etwas von mir haben, aber für dich habe ich nichts, Matthew." Sie zeigt uns den Weg ins Badezimmer. „Schon gut, wir haben noch ein bisschen Geld vom letzten Mal übrig, da kann er sich ein bisschen Kleidung kaufen. Er kann sich etwas holen, solange ich mich wasche.", schlage ich vor. Die beiden sind einverstanden und Matthew nimmt das kleine Restchen unseres Geldes und verschwindet durch die Wohnungstür. Ich gehe ins Bad und dusche mich. Ich habe mich lange nicht mehr so sauber gefühlt. Ich wasche mir jede Stelle gründlich ab und hülle mich in den Duft eines Lavendelduschbades. Als ich die Dusche endlich ausmache, klopft es an der Tür. Ich mache auf. Kathrin steht mit ein paar Sachen dort und reicht sie mir. „Danke schön!", lächle ich. Nachdem ich mich angezogen habe gehe ich wieder zu Kathrin. Sie gibt mir etwas zu Trinken. „Isobelle, ich möchte, dass du mir jetzt meine Frage ehrlich beantwortest. Du kannst mir wirklich vertrauen.", sagt sie auf einmal so leise, dass ich sie kaum verstehe. Ich nicke. Sie beugt ihren Kopf zu mir vor und sagt noch leiser: „Ihr seid Terasen, oder?" Ich senke meinen Blick. Ich muss mir eine Träne unterdrücken und nicke langsam. Dann geschieht etwas Unerwartetes. Kathrin legt einen Arm um mich und flüstert: „Hier seid ihr sicher!" Da klingelt es an der Tür. Es ist Matthew, mit Anziehsachen. Er duscht sich, während Kathrin mir unser Zimmer zeigt und ich es ein kleinen Wenig einrichte. Plötzlich reißt jemand die Tür auf. Ein kleines Mädchen, mit blonden Haaren steht im Türrahmen. Sie grinst mich an. „Na wer bist du denn?", frage ich. „Ich heiße Mary. Und wer bist du?", lacht sie. „Mein Name ist Isobelle.", antworte ich, „Ich helfe ab jetzt deiner Mutter ab und zu." Sie grinst mich noch einmal an. Da rennt sie auch schon wieder weg. Ich versuche gerade irgendwie 2 Decken auf das mickrige Bett zu legen, da kommt Matthew. Er sieht ganz anders aus. Sehr sauber und nobel. Er blickt mich fordernd an. „Sie weiß es.", bringe ich heraus, „Sie will uns beschützen, solange wir hier sind." Er atmet hoffnungsvoll aus. „Dann sollten wir länger hier bleiben." „Nein.", widerspreche ich ihm schnell, „Das fällt auf!" Flüchtig gehe ich in die Küche. „Isobelle, ich muss weg. Mach doch bitte Mittagessen.", ruft mir Kathrin zu und verschwindet durch die Haustür. Ich schaue in den Kühlschrank und muss kurz staunen. So einen Kühlschrank habe ich selbstverständlich schon gesehen, aber wenn man bedenkt, dass ich mich seit Tagen von Brötchen und Käse ernährt habe, ist es auch selbstverständlich, dass ich mich darüber sehr wundere. Ich entscheide mich dafür, eine Kartoffelsuppe zu kochen. Nachdem ich fertig bin, hole ich die anderen zum Essen. Und, oh nein wie süß! Matthew spielt mit Mary und ihrem Bruder. Ich beobachte das Geschehen einige Zeit bis ich rufe: „Es gibt Essen." Die Kinder rennen in die Küche. Matthew schaut mich noch einen Moment an, bis ich auch in die Küche laufe. Ich schenke jedem einen Teller Suppe ein. „Wie heißt du?", fragt mich der Junge frech. Ich lächle. „Ich heiße Isobelle, und du?" „Antony", grinst er. Wir essen gierig die Suppe. Jedem schmeckt es. Da kommt auch schon Kathrin. Auch sie lobt meine Suppe. Den ganzen Nachmittag helfe ich Kathrin beim Wäsche waschen, Einkaufen und Essen machen, während Matthew mit Mary und Antony spielt. Sie haben echt Spaß zusammen. Zu Abend gibt es Brot. Anschließend putze ich mir die Zähne und ziehe mich um (Kathrin hat mir ein paar mehr Sachen gegeben). Während ich schon ins Bett gehe, geht Matthew ins Bad. Als er neben mich kommt, spüre ich seine Wärme. „Isobelle?", flüstert Matthew auf einmal. „Ja?", antworte ich. „Warum willst du nicht hier bleiben?" Ich denke nach. Schließlich finde ich keine Antwort, da redet er einfach weiter. „Wir könnten es doch versuchen. Wenn es dann immer noch nicht deinen Vorstellungen entspricht können wir ja gehen." Ich nicke. Trotzdem habe ich Angst, was man durch ein leichtes Zittern zu spüren bekommt. Matthew legt einen Arm um mich. Erst fühle ich mich unwohl, dann lege ich meinen Kopf auf seine Brust und schlafe ein.

Raus in die Unendlichkeit - Ewige FluchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt