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"Au! Fuck.." Mit diesen lieblichen Worten wurde ich aus meinem Schlaf geweckt, streckte mich und versuchte nun mich blinzelnd umzusehen. Der Raum war noch in komplette Dunkelheit gehüllt bis auf die kleine Schreibtischlampe, die die Umgebung in ein warmes Licht hüllte und mit ihrer Hilfe konnte ich Chris umrissartig erkennen. "Chris? Ist alles okay?", fragte ich noch im Halbschlaf und rieb mir kurz die Augen. "Ja alles ok. Tut mir leid, dass ich dich so unliebsam geweckt hab'". Nach einem kurzen Grinsen setzte ich mich im Bett auf, sah wieder hoch zu ihm und nuschelte:"Passt schon. Wir müssen ja so oder so aufstehen." Es folgte eine kleine Pause, in der er in seinem Schrank nach Klamotten kramte, bis er sich umdrehte und zu sprechen begann:"Meine Schwester hat noch ein paar Sachen in ihrem alten Zimmer. Du kannst dir dort gern was aussuchen, Lisa hat da sicher kein Problem mit. Komm, ich zeig's dir." Mit einem Lächeln auf den Lippen folgte ich ihm den Flur entlang zu einer großen verzierten Holztür, die in einen weiteren Flur führte bis zu einer schmalen weißen Tür auf der rechten Seite. "Der Schrank steht neben dem Bett. Nimm' dir was du brauchst. Wenn du fertig bist.. ich warte unten in der Küche mit dem Frühstück." Ich bedankte mich nochmal und schlüpfte dann in das gemütlich eingerichtete Zimmer. Ein breites cremefarbenes Himmelbett stand im Zentrum, umring von weißen Kommoden und Regalen, gegenüber eine riesige Spiegelwand mit einer hölzernen Ballettstange. Insgesamt war das Zimmer sehr hell, wunderschön und unendlich einladend durch die ganzen verspielten Details wie zum Beispiel die Muster auf der matten Tapete oder die unterschiedlichen Rahmen von den Bildern an der Wand. Fasziniert ging ich zu ihnen rüber und betrachtete die ganzen älteren Fotos, die Lisas Freunde und Familie zeigten. Auf dem einen waren Lisa und Chris als kleine Kinder abgebildet, wie sie zusammen im Garten spielen. Auf dem daneben sieht man ein älteres Ehepaar, wahrscheinlich ihre Großeltern, lächelnd mit einem Baby auf dem Arm. Das nächste Foto, das ich betrachtete, war viel aktueller und zeigte Chris mit gebräunter Haut, Sonnenbrille und einem Strahlen auf dem Gesicht und neben ihm.. Moment, ist das Dan? Ebenfalls mit Sonnenbrille und einem breiten Grinsen, wie ich es bei ihm noch nie gesehen hatte, stand er daneben, seinen Arm um Chris gelegt. Was zum..? Ich dachte, die beiden können sich nicht ausstehen? Nora! Hör auf hier rumzuschnüffeln, du solltest dich lieber mal anziehen. Widerwillig drehte ich mich um auf der Suche nach dem Kleiderschrank, doch gefunden hab' ich nur eine weitere Tür. Fragend drückte ich die goldene Klinke runter und öffnete die Doppeltür, was sich vor mir auftat, lässt wohl jedes Herz eines kleinen Mädchens höher schlagen - ein begehbarer Kleiderschrank, gefüllt mit Kleidern und Schuhen links, Pullovern, Hosen und anderen Shirts rechts. Geradzu ein weiterer Spiegel und an dessen Seiten allerlei Schmuck. "Woah..", war alles, was ich in dem Moment rausbrachte und mit glitzernden Augen wanderte ich durch den langen Gang. Am liebsten hätte ich mir alles genauer angesehen und anprobiert, aber durch den Zeitdruck und unter Anbetracht, dass das nicht meine Klamotten sind, landete ich wieder auf dem Boden der Tatsachen und hielt nach bequemen Pullovern Ausschau. Sofort viel mir dieser schwarze übergroße Pullover ins Auge, der in der hintersten Ecke hang und die schwarze enge Stoffhose, die sorgfältig im Regal gefaltet lag. Zusammen mit Unterwäsche und Socken schlüpfte ich in die Sachen, betrachtete mich prüfend vor dem Spiegel und trotz meines niedrigen Selbstbewusstseins musste ich feststellen, dass das nichtmal so grauenhaft aussah' wie erwartet. Erst jetzt viel mir der kleine Schminktisch in der hinteren Ecke auf, der von zahlreichen Lichtern beleuchtet und mit allem möglichen Make Up beladen war. Mit einem minimalen schlechten Gewissen setzte ich mich und versuchte mir das bestmöglichste ins Gesicht zu zaubern. Als ich zufrieden war, schnappte ich mir noch ein paar schwarze Vans und stolperte aus dem Zimmer heraus und die Treppe hinunter in die Küche. Chris sah mich an und für einige Minuten hing eine seltsame Stille in der Luft, die sich löste, als er wieder zu sich kam und sich wieder auf sein Müsli konzentrierte. "In 10 Minuten müssen wir los zum Bus", meinte er mit dem Löffel im Mund und sah mir wieder in die Augen. Nickend setzte ich mich neben ihn und schaufelte mein Müsli in mich hinein. "Danke nochmal. Wegen dem Schlafplatz. Und wegen den Klamotten." - "Kein Problem. Hätte dich ja nicht einfach stehen lassen können." Er holte sein Handy raus und scrollte durch seine Nachrichten, während ich ihn interessiert betrachtete. Eigentlich wollte ich ihn wegen dem Foto ansprechen, doch vielleicht war das eher keine gute Idee, vorallem weil wir die ersten beiden Stunden zusammen mit Dan Spanisch haben.
"Fertig?"- "Jap, wir können."
Nachdem die Schüsseln im Geschirrspüler gelandet sind und die 10 Minuten verstrichen waren, machten wir uns auf den Weg zum Bus, der 3 Straßen weiter und etwa 5 Minuten Fußweg entfernt war. Vor der Schule rannte Milly uns entgegen und bevor sie in Hörweite war, stupste ich Chris an und flüsterte:"Ich wäre dir sehr verbunden, wenn das alles unter uns bleiben könnte und wir uns nur zufällig an der Haltestelle getroffen haben." Er nickte verständnisvoll und im selben Moment überrumpelte mich meine beste Freundin. "Mein Gott, warum hast du mir denn nichtmehr geschrieben!? Ich hab' mir mega Sorgen gemacht!" Milly sah flüchtig zu Chris rüber doch hauptsächlich waren ihre sturen Augen auf mich gerichtet. "Ich.. äh.. hab' mein Ladekabel irgendwie verlegt, tut mir unendlich leid." Skeptisch beäugte sie mich, schien es mir aber vorerst abzukaufen, damit wir nicht zu spät zum Unterricht kommen.
Als wir in den Raum kamen und uns auf unsere Plätze setzten, waren alle Augen auf uns gerichtet, nur ein Augenpaar war stur nach unten gerichtet - Dan. Irgendwas stimmt nicht mit diesem Typen und ich weiß nicht, ob ich herausfinden will, was es ist. Als der Unterricht begann, konzentrierte ich mich auf meine Lehrerin, doch bemerkte die ständigen Blicke von der Seite. Als ich auch in diese Richtung sah, starrten mich Dan's kühle Augen an, bis er schnell und so arrogant er nur konnte wegsah.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 29, 2016 ⏰

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