Kapitel 11

245 29 5
                                    

Du siehst aus dem Fenster.

Es regnet in Strömen, geräuschvoll prasseln die Regentropfen durch den starken Wind getrieben gegen die Scheibe. Dabei war vorhin noch so schönes Wetter gewesen...

Das eine Einheit des CCGs ausgelöscht wurde, findest du furchtbar. Eigentlich bist du an dem Praktikum nicht interessiert gewesen, weil du der Meinung bist, dass auch viele Ghoule gnadenlos umgebracht werden, obwohl sie versuchen so wenig Schaden wie möglich anzurichten.

Vor einiger Zeit hattest du einen Bericht im Fernsehen gesehen, der polarisiert hat. Ein Ghoul hatte Menschen gerettet – dennoch ist von der Regierung entschieden worden, ihn durch die CCG zu exekutieren.

Diese Entscheidung hattest du nicht verstanden, tust es noch immer nicht. Aber... scheinbar gibt es viele Ghoule, die töten, die gerne töten. Denen es Spaß macht, Familien auseinanderzureißen, ihre Opfer zu quälen. Genauso, wie es auch solche Menschen gibt.

Und ja, Polizei und CCG kämpfen dagegen an. Und einige bezahlen mit ihrem Leben. Vielleicht ist jemand gestorben, den du kennst.

Dieser Gedanke macht dir Angst. Seido und Shinohara sind unversehrt, aber was ist mit Ando, Ren und... Juuzou? Du hoffst, dass ihnen nichts passiert ist, dass sie nicht...

Du reibst deine kalten Händen an deine Oberschenkel, um sie zu wärmen. Nervös blickst du immer wieder zur Tür, die sich einfach nicht öffnen will. Das Ticken der Uhr hallt ungewöhnlich laut im leeren Raum wieder.

Angespannt siehst du erneut aus dem Fenster. Du fühlst dich, als würdest du auf heißen Kohlen sitzen. Unruhig knetest du deine Hände, die langsam warm werden. Als sich die Tür endlich öffnet, springst du von deinem Stuhl auf.

„Shinohara-san!", rufst du erleichtert – du bist froh ihn zu sehen – und gehst auf ihn zu. Er lächelt freundlich, doch es erreicht seine Augen nicht. Er wirkt erschöpft.

„Guten Morgen", sagt er, die Stimme ruhig und gefasst. Eigentlich wie immer. „E-Es tut mir leid, was passiert ist. Ich habe es schon gehört", platzt es aus dir heraus. Du kannst es nicht ertragen, dass Shinohara zu versuchen scheint, dass Geschehene vor dir zu verbergen.

„Seido, hat es mir erzählt", fügst du hinzu, als du seinen überraschten Gesichtsausdruck wahrnimmst. Er nickt daraufhin verstehend. „In Ordnung", erwidert er und bietet dir etwas zu trinken an.

Du nimmst dankend an. Ein Tee zur Beruhigung kann nicht schaden. Shinohara bemerkt deine Nervosität und spricht dich darauf an. „Du machst dir Sorgen, nicht wahr? Das es jemanden getroffen hat, mit dem du im Kontakt standest."

Dein Schweigen ist Antwort genug. „Ando hat es nicht geschafft", sagt Shinohara und du schließt kurz betroffen die Augen. „Ich weiß, dass du ihn beim Training kennengelernt hast." Du schluckst schwer.

„Hat... ist ansonsten noch jemand..." „Ren ist nicht zum Dienst erschienen. Er war befreit worden, da es einen plötzlichen Todesfall eines Familienangehörigen zu betrauern gab. Juuzou ist nicht Teil der Einheit gewesen." Shinohara macht eine kurze Pause.
„Außerdem stirbt der nicht so leicht."





An der heutigen Trauerfeier willst du teilnehmen. Shinohara hat dir die Wahl gelassen. Er meint, dass du auch nach Hause gehen kannst, wenn du möchtest.

Die Zentrale ist im Ausnahmezustand, die Arbeit wird weitestgehend eingestellt. Nur akute Notfälle werden heute noch bearbeitet. Die Stimmung ist gedrückt. Kaum jemand redet.

Stigma [Tokyo Ghoul-FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt