OneShot-Sammlung

Let it Rip - Die Schwester

Die Bladebreakers und Yuriy befinden sich im Park. Bis jetzt hatten die Jungs noch keine Lust wieder abzureisen. Sie hatten ja auch keine Gründe dafür und Yuriy scheint die momentane Ruhe zu genießen. Tyson kämpft zum wahrscheinlich hundertstens Mal gegen Daichi, Kenny analysiert die Blades und Ray, Max und Hilary schauen den beiden zu. Kai hat sich wie immer ein Stück abseits ins Gras gesetzt und Yuriy liegt neben ihm.

„Kaaaiiii!" Der laute Ruf regt alle Aufmerksamkeit auf sich. Er kommt von einem Mädchen mit langen, dunkelbraunen Haaren. Sie trägt eine schwarze Mütze, eine schlichte Shorts und ein schwarzes Top mit einem Aufdruck, der scheinbar von einer Band stammt. Ihre Tasche lässt sie auf das Gras fallen und stürmt auf Kai zu. Dieser geht ihr einige Schritte entgegen, bis sie sich schließlich an seinen Hals wirft.

„Endlich hab ich euch gefunden." sagt sie freudig und er erwidert die Umarmung und erntet dafür verwirrte Blicke. Nach wenigen Minuten lösen die beiden sich voneinander. Das Mädchen lässt ihre Hände auf seinen Schultern und scheint ihn zu mustern.

„Was sollen denn die Kontaktlinsen? Bist du schwul oder was?" Auf diese Aussage war niemand vorbereitet. Alle, bis auf Kai, brechen in schallendes Gelächter aus und kugeln sich am Boden.

„Und du!" wendet sie sich nun mit scharfer Zungen Yuriy. Diesem bleibt das Lachen schlagartig im Hals stecken. Erwartungsvoll sieht er zu ihr hoch.

„Wie kann man nur zweimal auf ein und denselben Typ reinfallen? Muss ich denn immer auf dich aufpassen?"

„Ich freue mich dich zu sehen, Ale." entgegnet Yuriy freundlich. Der ernste Blick des Mädchens wird weicher, bis sie sich letzten Endes auch an seinen Hals schmeißt. Lachend erwidert er die Umarmung.

„Kai, sag mal...wer ist das?" fragt Ray.

„Ja, Kai. Wer ist die Kleine?" mischt sich Tyson ein und stupst Kai mit dem Ellenbogen in die Seite. Dieser ignoriert den aufdringlichen Blader und wendet sich an Ray.

„Das ist Alesya. Sie ist meine kleine Schwester."

„Kleine Schwester?" hallt es im Chor zurück.

„Habt ihr ein Problem damit?" kommt es von Alesya, welche nun neben Yuriy auf dem Boden sitzt. Ihre Stimme klingt freundlich und einschüchternd zu gleich. Die Jungs scheinen abzuwägen, wie viel Humor sie von Kais kleiner Schwester erwarten können.

„Das is ja ein Ding. Ich hätte nie gedacht, dass Kai so eine süße Schwester hat. Mein Name ist übrigens Max." wagt sich der Blondschopf vor.

„Die Schmeicheleien kannst du dir sparen." bremst Kai seinen Kollegen. Dieser weicht einen Schritt zurück und hebt beschwichtigend die Hände.

„Ich wollte doch nicht...ähh...ich meine..."

„Ganz ruhig Max. Kai meint nur, dass ich bereits einen Freund habe." erklärt nun Alesya mit einem Seitenblick auf ihren Bruder. Dieser gibt nur ein „hm" von sich und verschränkt die Arme vor der Brust. Natürlich hat er DAS nicht gemeint, als er Max zu Recht gewiesen hat. Der Junge atmet tief durch, als er bemerkt, dass sein Leben nicht in Gefahr ist, durch Kai frühzeitig beendet zu werden.

„Und eure Namen kenne ich übrigens auch alle." fügt sie noch hinzu. Von der anfänglichen Verwirrung ist mittlerweile nichts mehr übrig. Alle scheinen sich zu freuen Alesya kennen zu lernen.

„Sag mal Alesya, warum bist du eigentlich her gekommen?" fragt Kai schließlich.

„Darf ich mir, nach den neusten Meldungen, keine Sorgen um meinen Bruder und meinen Freund machen?"

„FREUND?!" hallt es von den Bladebreakers zurück und sie starren zu Yuriy. Verwirrt schaut Alesya in die Runde.

„Ist...das ein Problem?"

„Sie sind nicht gewohnt, dass wir mit Menschen normal umgehen." meint Yuriy hämisch. Auf diese Bemerkung hin beginnt Ale zu lachen.

Nach einer kurzen Diskussion zwischen Tyson und Hilary, bei wem Alesya wohl am besten unterkommen sollte, sitzen alle bei Tyson zu Hause. Alle bis auf Kai und Yuriy. Kai ist einfach verschwunden und Yuriy wollte sich noch einmal mit seinem Team treffen, bevor diese nach Russland zurück fliegen.

„Also Alesya, warum haben wir noch nie was von dir gehört?" fragt Ray.

„Ja, wieso? Warum hast du dich Kai nicht angeschlossen oder Yuriy?" hakt Hilary nach.

„Wenn ihr mir schwört Kai und Yuriy nicht zu sagen, dass ihr das von mir wisst, erzähl ich euch alles." Alle sind damit einverstanden und erwarten neugierig eine Geschichte, die ihnen mehr von Kai erzählen soll. Alesya atmet tief durch, bevor sie beginnt.

„Da unsere Mutter gestorben und unser Vater weggegangen ist, wuchsen Kai und ich bei unserem Großvater auf. Somit waren wir auch schon sehr früh in der Abtei. In der Zeit dort wurde Yuriy wie ein Bruder für uns. Aber je älter wir wurden, desto härter wurden das Training und die Methoden. Kai und Yuriy haben sich dadurch verändert. Sie waren verschlossen und sehr darauf fixiert jeden zu übertreffen. Mit 14 beschloss ich die Abtei zu verlassen und habe die beiden angefleht mit zukommen. Es war, als würde ich gegen eine Wand reden. Ich war damals so wütend auf die beiden, dass ich nie einen Versuch gestartet habe sie zu kontaktieren. 1 ½ Jahre später wurde Kai dann Profiblader und ich erfuhr, dass er selbstständig unterwegs war. Durch die Nachrichten blieb ich auf dem neusten Stand. Ich hatte eigentlich vor euch bei der Weltmeisterschaft in Russland zu treffen, doch kurz vorher bekam ich eine Nachricht. ‚Halt dich fern.' Für mich gab es keinen Zweifel, dass diese Nachricht von Kai kam, also blieb ich wo ich war. Nach der Meisterschaft bin ich dann doch nach Russland und habe mich dort mit Yuriy um die Kids in der Abtei gekümmert. Kai und ich haben ab und zu geschrieben und telefoniert. Als Boris vor kurzem wieder aktiv wurde, sagten mir beide, ich solle mich fernhalten. Und als die Luft rein war, bin ich hergekommen, um nach den beiden zu sehen. Und hier bin ich." Alle hatten gespannt zugehört. Selbst Tyson verkneift sich jeden Kommentar.

„Warum solltest du dich fernhalten?" fragt Max.

„Ich glaube beim ersten Mal war Kai nicht bereit mir gegenüber zu treten. Ich war immerhin echt wütend auf die beiden. Und sie hatten sich echt dumm benommen. Er wollte wahrscheinlich erst Boris eins reinwürgen. Quasi als Widergutmachung. Dass er sich kurzfristig doch wieder Boris angeschlossen hat, nagt immer noch an ihm. Beim zweiten Mal hatten Kai und Yuriy wahrscheinlich Angst, Boris könne mich als Druckmittel benutzen."

„Wer hätte gedacht, dass das Sprichwort ‚Harte Schale, weicher Kern' ausgerechnet auf Kai zutrifft." meint Hilary.

„Ja. Das ist schon fast gruselig." sagt Tyson lachend.

„Bitte sagt keinem der beiden, dass ich euch das erzählt habe." bittet Alesya.

„Keine Sorge wir sagen nichts." verspricht Ray.

„Worüber redet ihr?" Kai steht in der Tür zum Zimmer. Erschrocken fahren alle zu ihm herum.

„Gar nichts." sagen sie dann alle im Chor. Fragend zieht er eine Augenbraue hoch und schaut zu seiner Schwester.