4. "Letzte Warnung"

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Ich schluckte schwer, traute mich kaum Marco anzusehen. Hatte er die Nachricht gelesen? "Was ist das?", er klang besorgt. Ok, er hatt es also auch mitgelesen. Was sag ich ihm jetzt? "Lynn, sieh mich an. Was soll das?" Ich sprang auf, steckte das Handy in die Hosentasche. "Nichts.", log ich ihn an. In die Augen konnte ich ihm dabei nicht sehen. "Ich glaub dir nicht. Sag, was los ist!" "Na nix! Ich werde jetzt ins Bett gehen." Marco stand auf, kam auf mich zu. "Lynn, sag mir was los ist! Wer schreibt dir so nen Scheiß?" Er stand dicht vor mir, ich sehnte mich nach seinen starken Armen, nach einem Beschützer. "Hast du mit Erik darüber gesprochen?" Ich sah ihm fest in die Augen. "Nein, es gibt nichts zu besprechen! Hör auf mich zu fragen!" Marco zog mich zu sich, "Lynn, was ist hier los?" Ich versuchte mich zu befreien. "Nichts."

"Ich werde hier bleiben." Ich wusste nicht, ob ich das jetzt imer noch will. Aber die Drohung mit der Bestrafung machte mich so nervös, dass ich einwilligte. Die Party schien sich ihrem Ende zu neigen, nur noch wenige Gäste tummelten sich im Haus, als ich ins Bad ging. Ich ging duschen und versuchte mich zu entspannen. Das heiße Wasser half ein wenig dabei. Da hörte ich ein Geräusch. Wie erstarrt verharrte ich in meiner Bewegung. Was oder besser gesagt, wer war hier? "Hallo?" Niemand antwortete. Angestrengt versuchte ich durch das Milchglas der Dusche etwas zu erkennen. Aber da schien Niemand zu sein. Ich stellte das Wasser aus und öffnete ganz langsam die Tür der Duschkabine. Außer viel heißem Wasserdampf, nichts. Ich atmete aus, hüllte mich in mein Handtuch. So langsam werde ich paranoid. Mein Blick wanderte zu dem großen Spiegel. Ich konnte nur schreien. Wie angewurzelt stand ich vor dem Spiegel, hatte die Hand vor den Mund geschlagen.

"Für immer Mein."

Es stand auf dem Spiegel. ER hatte es auf den beschlagenen Spiegel geschrieben. ER war hier im Bad gewesen, während ich unter der Dusche gestanden hatte?! Da wurde die Tür aufgerissen. "Lynn? Gott, Lynn, was ist passiert?!" Erik sah mich entgeistert an. Ich war unfähig, etwas zu sagen. Ich deutete auf den Spiegel. "Für immer Mein? Was soll der Quatsch? Wieso hast du dich so erschrocken? Deshalb?" Ich zitterte, mir war kalt und die Angst verstärkte es noch. Erik drückte mir seinen Bademantel in die Hand. "Zieh dich an. Wir müssen reden, Lynn!" Er verschwand. Ich starrte immer noch den Spiegel an. Er war hier gewesen. Im gleichen Raum. Ich hatte nichts bemerkt. Da war wieder diese schreckliche Gänsehaut. Ich trocknete mich ab, zog mich an und warf mir zusätzlich noch den kuscheligen Bademantel über. So würde es gehen.

Als ich im Gästezimmer ankam, saß Erik auf dem Bett, er klopfte neben sich. "Komm her , Schwesterherz! Und jetzt erzähl mir bitte mal, was hier eigentlich los ist." Ich setzte mich neben ihn, lehnte mich an seine Schulter. Ich brauchte ein paar Anläufe, um ihm zu berichten, was passiert war. Erik hörte schweigend zu, legte den Arm um mich. "Wieso hast du nichts gesagt? Ich hätte auf dich aufpassen können, von Anfang an! Er wird dir nichts tun, okay! Dafür sorge ich!" Ich erwiderte Eriks Umarmung und ein paar stille Tränen liefen mir über die Wangen. "Danke, Brüderchen. Ich hab dich so lieb." "Ich dich doch auch! Wer meiner Schwester was tut, bekommt es mit mir zu tun!" Ich musste lächeln,Eriks Beschützerinstinkt war geweckt. "Sag mal, soll Marco wirklich hier bleiben heute Nacht? Er hatte es grad erwähnt? Also für mich wärs ok." Ich nickte nur, ich brauchte Marco jetzt, er würde auch auf mich aufpassen.

Erik gab mir einen kleinen Gutenachtkuss auf die Wange und ging in sein Schlafzimmer. Marco lehnte im Türrahmen. "Wirst du mir sagen, was los ist?" Ich schwieg. "Ich kann dich nicht beschützen, wenn ich nicht weiß wovor." Er setzte sich zu mir. "Wieso willst du das eigentlich?" Er legte die Stirn in Falten. "Was will ich?" "Na mich beschützen! Du musst nichts tun, wir kennen uns doch kaum. Ist ja nicht so, dass wir jetzt zusammen wären. " Er kam näher, "Ich möchte es aber. Wenn dir was passieren würde, das würde ich nicht ertragen!", flüsterte er in mein Ohr. Ich bekam Gänsehaut - dieses Mal jedoch eine schöne.

Ich sah ihm in die Augen, sie waren wirklich fantastisch. Warum auch immer Marco unbedingt bleiben wollte, ich fand es schön. Allein sein hätte ich nicht ertragen im Moment. Marco küsste mich vorsichtig auf den Mund, so als hätte er Angst, ich würde ihn wieder wegstoßen. Doch das konnte ich nicht. Meine Arme legten sich wie von selbst um seinen Hals, ich erwiderte den Kuss und setzte mich auf seinen Schoß. DAS war das absolute Gegenteil zu den letzten Stunden und Wochen. Es war perfekt. Weshalb es ausgerechnet heute passierte, dass ich Marco näher kam, war mir schleierhaft. Doch ich wollte das jetzt nicht in Frage stellen. Marcos Hand wanderte unter meinen Pulli, ganz langsam. Ich bekam schon wieder diese Wahnsinnsgänsehaut. Er lächelte, während wir uns küssten. " Hör auf zu lachen!" "Ich lache nicht. Du bist nur so süß, außerdem kann ich das hier grade echt nicht fassen." "Wieso?" Ich küsste ihn erneut. "Weil ich dachte, dass das .."

Krach. Die Fensterscheibe splitterte, etwas landete mit einem harten Klonk auf dem Boden. Wir fuhren auseinander und starrten zum Fenster. "Was - was war das, Marco?", ich hielt seine Hand fest. "Ich weiß nicht. Warte mal." Ich rutschte von seinem Schoß und er ging zum Fenster. Ich rührte mich nicht, traute mich nicht. Erst jetzt erkannte ich, was da durch die Scheibe geflogen war. Ein großer Stein. An ihm war scheinbar ein Stück Papier befestigt. Marco hob ihn auf, las den Zettel und reichte ihn dann mit versteinerte Miene mir.

"Letzte Warnung. Finger weg!"





STALKER - Nachricht von UnbekanntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt