15. Letztes Stündlein

953 60 23
                                    

Hallo meine Lieben, ich bin zurück! Es geht endlich weiter! Ihr wart sehr geduldig und ich hoffe, ihr freut euch <3 Viel Spaß!

-----

„Ich hab Angst", flüstere ich, breche Marco dabei bestimmt fast die Hand und zittere am ganzen Körper. ER war hier gewesen, möglicherweise ist er es noch? Das flackernde Bild auf der Mattscheibe lässt mich frösteln. Wieso ich? Was habe ich diesem Wahnsinnigen getan, dass er mir das Leben zur Hölle macht? „Ich bin bei dir", gibt Marco zurück, mir fällt der raue Klang seiner Stimme auf und ich schaue ihn an, studiere sein angespanntes Profil. „Hast du keine Alarmanlage?" Es klingt beinahe vorwurfsvoll, so meine ich das nicht, doch jetzt ist es schon gesagt. „Doch, das macht mich auch sehr stutzig. Ich verstehe das alles nicht mehr! Er kommt in mein Haus! In mein verdammtes Haus, klatscht dieses Gestrüpp dahin und bastelt an meinem Fernseher rum! Was will der von dir, Lynn? Du musst doch irgendeine Idee haben, wer dich verfolgt?!" Marco ist laut geworden, seine Halsschlagader tritt deutlich hervor und ich weiche einen Schritt zurück, lasse seine Hand los. Tränen steigen in meinen Augen auf, ich bin durcheinander. Im Hintergrund dröhnt noch immer der Sturm, der Regen hämmert gegen die Fenster und ein weiterer Blitz erhellt den Raum. Wie zufällig habe ich hinaus gesehen und schlage nun mit einem lauten Aufschrei die Hand vor den Mund. Ängstlich starre ich dorthin, wo ich die Umrisse gesehen habe. Die Umrisse dieses Schattens, der mir bereits vorhin eine Heidenangst eingejagt hat. „Was?!", blafft Marco mich an, der mit dem Rücken zur Fensterfront steht und nichts bemerkt haben kann. „E-er ist noch hier. Draußen!", stoße ich hervor und zwinge mich weiter zu atmen, damit mein Gehirn noch mit Sauerstoff versorgt wird und ich denken kann. Doch sowohl als Denken, als auch das Atmen fallen mir sehr schwer. Mein Körper will flüchten, meine Beine wollen ihre Muskeln anspannen und mich so weit tragen, bis ich zusammenbreche. Alles in mir wehrt sich zwar gegen diese aufkommende Welle der Furcht, doch ich weiß, ich bin schon mittendrin in diesem Albtraum, in diesem scheinbar endlosen Tunnel der Angst. „Jetzt reicht's!", wettert Marco, sein wütender Ausruf geht halb im Donnergrollen unter. Ein letzter flüchtiger Blick, der mich erschaudern lässt, weil Marco so entschlossen und auch so voller Zorn zu sein scheint. Ohne sich mir zu erklären, schreitet er eilig in den Flur, rupft seine Regenjacke vom Haken und hastet anschließend zur Tür hinaus.

Wie erstarrt gucke ich ihm hinterher. Bis es endlich in meinem Kopf wieder beginnt zu arbeiten. „Nein!", kreische ich in den leeren Flur, schlüpfe ohne Nachzudenken in meine Schuhe und renne hinaus – in den strömenden Regen, die tiefschwarze Nacht, die mich unfreundlich in Empfang nimmt. Der Wind reißt an meiner Kleidung, die binnen Sekunden tropfnass ist. Ängstlich schaue ich mich um. Doch Marco kann ich nirgends entdecken. Ich muss ihn finden, hier allein – das ist genauso schlecht wie alleine in seinem Haus darauf zu warten, dass ER mich findet. Die Angst verstärkt das Kältegefühl, ich schlottere. Unsicher drücke ich mich an der Hauswand entlang, in dem Dunkel kann ich kaum etwas erkennen – warum funktioniert die Außenbeleuchtung nicht? Unter meinen Schuhen knacken kleine Äste, als es mit einem Mal taghell wird, ich gar nicht so schnell verstehe, was geschieht und ein lauter Knall den Sturm durchschneidet. Die Erde unter mir scheint zu erzittern. Schreiend schütze ich mein Gesicht, sinke auf die Knie und kauere an der Hauswand. Das Gewitter ist direkt über mir, dieser Donner glich einem Einschlag und ich weiß nicht wohin. Ich traue mich nicht mehr vor und zurück, Marco ist vom Erdboden verschluckt – ich habe mich in eine wohl noch schlimmere Lage gebracht. Wie von Sinnen rast mein Herz in meiner Brust, ich keuche vor Anspannung und Kälte. Der Regen rinnt in kleinen Bächen von meinen durchnässten Haaren, dann über mein kaltes Gesicht, als ich vorsichtig den Blick hebe. Das Rauschen der Bäume, die sich unter der Kraft des Windes biegen, der prasselnde Regen liegt wieder unter dem schweren, schwarzen Mantel der Nacht verborgen.

Da vernehme ich ganz deutlich, dicht neben mir im Gebüsch ein lautes Knacken. Eins, das viel zu laut für ein kleines Tier ist. Entsetzt reiße ich den Kopf herum, versuche etwas zu erkennen. Doch meine Augen lassen mich nur die Umrisse der Hecke erahnen. Alarmiert erhebe ich mich wie in Zeitlupe. Wenn ER da drüben hockt, habe ich kaum eine Chance – das weiß ich. Wie dumm von mir, hier sitzenzubleiben! Den Blick auf die Stelle geheftet, von der das Geräusch kam, stolpere ich die Hauswand entlang rückwärts. Erst langsam, dann schneller. Da ich nicht sehe, wohin ich laufe, rutsche ich aus, pralle unsanft gegen die Mauer und schürfe meinen Arm auf, bei dem Versuch mich abzustützen, strauchle dennoch und stürze. Unablässig starre ich ins Dunkel, darauf gefasst, dass diese schrecklichen schwarzen Augen gleich wieder vor mir auftauchen. Die Nässe macht es mir schwer, wieder auf die Beine zu kommen, mein Knöchel schmerzt. Ich wünsche mir, die Augen schließen zu können, bis drei zu zählen, sie wieder zu öffnen und alles wäre vorbei. Meine Tränen vermischen sich mit dem Regen, der noch immer nicht nachlassen will und meine Kleidung schwer wie Blei werden lässt. Jeder Schritt, mit der Ungewissheit im Rücken, lässt mein Herz fast zerspringen. Die Lippen aufeinanderpressend, versuche ich mich zusammenzureißen, versuche mich zu konzentrieren.

„Marco!", brülle ich dem tosenden Sturm entgegen, spitze die Ohren – aber nichts. Keine Antwort, nur der Lärm, der mich begleitet, seit ich freiwillig hinaus in die Finsternis gerannt bin. Mein ganzer Körper bebt im Takt meines sich fast überschlagenden Herzens, meine Atmung geht flach und ich schreie erneut so laut ich kann: „Marco!" Ich weiß nicht, weshalb ich es immer wieder versuche. Vielleicht, um mich daran zu erinnern, dass ich noch lebe, dass dieser Irre mich noch nicht in seinen Fängen hat und ich noch schreien kann. Denn es ist aussichtslos. Marco könnte auch nur wenige Meter neben mir stehen, er würde mich wahrscheinlich nicht hören. Der eisigkalte Wind zerrt an mir, meine Finger werden fast taub. Ein Klirren, wie von einer zerberstenden Fensterscheibe lässt mich aus meiner angespannten Starre aufhorchen. Wo kam das her? In diesem Getöse kann ich es kaum ausmachen, da höre ich es wieder. Zersplitterndes Glas. Nur wenige Meter von mir entfernt. Hinter mir. Meine Nackenhaare stellen sich auf, ich halte den Atem an und drehe mich um. Meine Kehle verlässt kein einziger Laut mehr, ich halte meine Augen offen, wage nicht zu blinzeln, um ihm wenigstens ins Gesicht sehen zu können – wenn er mich holt. Jetzt will ich sein Gesicht doch sehen, ich will wissen, wer mich so quält. Schrecklich lange Sekunden geschieht nichts. Ich rühre mich nicht von der Stelle, ich kann nicht. Wie angewurzelt verharre ich und in diesem Augenblick beginne ich zu beten. Ja, ich bete zu Gott, dass er mich das hier durchstehen lasse, dass das alles bald ein Ende hat.

Ich stehe dicht an die Wand gedrängt, nah an der Hausecke und völlig unerwartet erhellt ein heftiger Blitz das Dunkel um mich herum und mir gefriert das Blut in den Adern, mein Herz bleibt fast stehen. Vor mir, vielleicht fünf Meter entfernt, steht ER. Im gleißenden Licht erkenne ich mehr als seine Silhouette, es ist genau wie vorhin – als ich ihn hinter Marcos Wagen sah. In der Hand hält er die lange Klinge, das Licht bricht sich darin und ich bilde mir ein sein Lachen zu vernehmen. Sein lautes, aber heiseres, widerliches Lachen, welches mit dem Sturm fortgetragen wird, aber in meinen Ohren widerhallt.

Mein Schrei wird meilenweit zu hören sein, trotz des Gewitters. Keuchend fahre ich herum, renne – renne, um zu entkommen. Auf dem vom Regen aufgeweichten Boden finden meine Schuhe kaum Halt, ich falle fast über meine eigenen Füße. Das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren übertönt den rasenden Sturm, meine Augen suchen verzweifelt nach Licht, nach etwas, an dem ich mich orientieren kann – doch ich haste ohne Ziel ins Leere. Auf dem Kiesweg vor Marcos Haus ist es vorbei. Ohne Chance, gerate ich ins Wanken, stürze und rutsche über die nassen Steine. Von meiner Panik gesteuert, versuche ich mich aufzurichten, als mich eine starke Hand am Arm packt. „Nein", flüstere ich, schmecke meine salzigen Tränen, die sich mit den Regentropfen vermischen und über meine Lippen laufen, doch ich weiß – mein letztes Stündlein hat geschlagen. Jetzt hat ER mich.

-----

Hehe, ich melde mich mit einem Paukenschlag zurück. Ich hoffe sehr, dass ihr noch Bock auf die Geschichte habt - ich sehr. Ich hatte viel Zeit, um nachzudenken und Inspirationen zu sammeln.

Lasst von euch hören - ich freu mich auf euer Feedback.

WIR hören uns bald wieder - ganz bald...

Regnerische Grüße,

Eure Floraly <3

STALKER - Nachricht von UnbekanntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt