Trostlos und grau. Die ersten Gedanken, die Julia einfallen, als sie aus dem Fenster schaut. Oder jedenfalls was mal ein Fenster darstellen sollte. Aber mittlerweile hat sie sich daran gewöhnt, immer dieselben zerstörten Gebäude, Straßen und Geschäfte zu sehen. Sie fing an, die letzten Dosenvorräte einzupacken und sorgsam in den Rucksack zu verstauen. 8 Tage, dachte Julia, könnte sie sich davon noch ernähren. Sie schaut sich nach der Lampe um, die nur einen kleinen Winkel des noch relativ gut erhaltenen Zimmers erleuchtet. Zwar hatte sie noch genug Benzin zur Verfügung, da überall Autos liegen geblieben sind und die Tanks so derart verrostet sind, dass es ein Einfaches ist, sie aufzubrechen. Jedoch weiß sie aus Erfahrung, dass selbst ein Lichtschatten verräterisch ist und einen in Lebensgefahr versetzt. Deshalb beschließt sie, die Lampe zurückzulassen. Vorsichtig durchläuft sie die alten Räume und vergewissert sich, dass sie nichts vergessen hat. Kurz vor der Tür nach draußen bleibt sie stehen und lauert. Nur der Wind pfeift durch das Dach. Nichts zu hören.
Julia stößt die Tür auf und zieht ihren Schal über die Nase, um wenig Luft einzuatmen. Zwar ist diese nicht direkt tödlich, jedoch verursacht sie auf Dauer Halluzinationen und man verliert das Bewusstsein. Und draußen nicht in Bewegung zu bleiben endet immer mit dem Tod. Immer dicht an die Häuserwände gepresst und möglichst im Schatten spurtet sie vor, bis ein Plakat ihre Aufmerksamkeit gewinnt. "Live your dreams", und eine Familie, die nah beieinander steht am Horizont. Den Rest des Plakates kann sie weder lesen, noch erkennen. *Seufz*... Eine Familie... Julia fasst ihre Gedanken, zieht den Schal fester um und eilt wieder in Richtung "Plaza de Mare". So hat sie die Straßenkreuzung selbst genannt, da hier die letzte Begegnung mit ihrer ehemaligen Weggefährtin Maremy stattfand. Jahre zuvor war dies ein Platz, das vielen Menschen ein Zuhause bot, jedoch war dies nicht von langer Dauer. Die sogenannten Worms, menschenähnlich denkende Kreaturen, haben sich durch Kanäle verbreitet und nachts die "Station Plaza", wie Maremy sie meist nannte, überfallen. Julia hatte sich zuvor zu einer Expedition mit erfahrenen Söldnern zur "City" begeben, um Medikamente und allerlei Nützliches zu sichern. Als sie zurückkamen fanden sie nichts so, wie es war. Keine Leichen, kein Lebenszeichen. Nur Blut und Überreste eines Kampfes. Keiner hat je wieder was von den Menschen der "Station Plaza" gehört.
Heute ist die Plaza komplett verlassen. Ein Erdbeben vor Jahren riss einen riesigen Spalt mittig in die Straße, sodass zwei Hälften entstanden waren. Der "Sektor B", indem sich Julia befand, war meist der sichere Ort, hier war die radioaktive Strahlung weit weniger ausgeprägt als im Zentrum der anderen Seite, "Sektor A". Vorbei am Spalt läuft Julia in einen abgesicherten, umzäunten Bereich. Das Gute ist, dass die Worms miserabal im Klettern sind aufgrund ihres unstabilen Körpers( deswegen der Name), ansonsten hätte Julia nicht so lange überleben können. Denn in dem abgesicherten Gebiet befinden sich verschiedene, ramponierte Läden, die Werkzeuge, Elektronikzeug und kleine Bestände an Medikamenten anbieten, und Julia das eine oder andere Mal das Leben retteten. Zwar konnte sie mit der Elektronik technisch wenig anfangen, jedoch vertrieb sie sich manchmal die Langeweile mit dem Lesen der Bedienungsanleitungen von Fernsehern, Waschmaschinen und Kühlschränken. Erstaunlicherweise ist die Schrift echt gut erhalten geblieben, was Julia bis heute noch fasziniert. Diesmal ging sie aber in den abgesperrten Bereich nicht aus purer Langeweile, sondern aus einem bestimmten Grund hin.
Auf einem verwitterten Holzschild unterm toten Baum hängt ein Schild, in das die Wörter "Dicey RIP" eingeritzt sind. Es ist der 9te Todestag, seit der ewig treue Hund an Julias Seite nicht mehr existiert. Sie befreit ihre Nase vom Schal und lächelt. Sie bückt sich und nimmt ein wenig Kies vom Grab in die Hand und lässt es wieder langsam runter rieseln.
"Ich hab dir heute etwas mitgebracht mein Freund", und kramt in ihrem Rucksack herum. "Habe Stunden danach gesucht, hab aber schlussendlich doch einen gefunden", und holt einen kleinen Knochen heraus. "Jedoch weiß ich nicht, ob das von einem Menschen oder einem Tier stammt" und lacht. Sachte legt sie den Knochen nieder und steht wieder auf. Weißt du worüber ich mir letztens Gedanken gemacht hab? Ob nich andere Menschen in dem Stadtteil, egal ob im Untergrund oder in Häusern noch überlebt haben. Ich weiß, die Chance ist gering, dadurch, dass es wenig zu essen gibt , aber es ist ja nicht auszuschließen.. Sie greift in ihre Hosentasche und holt einen Zettel raus. Ein Stadtplan, der halb abgerissen ist und zudem auch ziemlich veraltet ist. Mit einem Kohlestift hatte sie versucht ihn langsam zu aktualisieren, hat aber doch eingesehen, dass es vergebliche Liebesmüh ist. "Am wahrscheinlichsten ist es, dass sich gegenüber dem Rathaus im Bunker des Sektor A welche überlebt haben. Die Frage ist, wie ich da hinkomme.."
Nach minutenlangem Grübeln reißt ein Geräusch sie aus den Gedanken, dass sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte. Ein Geräusch, dass ihre Adern gefrieren lässt und eine Schockstarre verursacht. Nur ein Wesen kann solches bewirken und zwar jene, die aus Gier und Lust morden.
Worms waren auf dem Vormarsch.
DU LIEST GERADE
After 28 years (feat. MCL)
Avventura2056. Eine Seuche, die vor 28 Jahren ausgebrochen ist, bestimmt die Lebensverhältnisse derjeniger, die übrig geblieben sind. Julia, eine angepasste Überlebenskämpferin, seit Jahren getrennt von ihrer Gruppe dank eines verheerenden Säure-Sturms, mach...