sieben [Cara's View]

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Langsam machte ich immer und immer mehr Schritte nach hinten. Dieser Junge hatte jemanden umgebracht. Mir stockte der Atem. Er kam auf mich zu und hielt mich an meinem Handgelenk fest.
"Cara. Komm ich...ich kann das erklär..." sagte er währenddessen.
"FASS MICH NICHT AN!", unterbrach ich ihn fauchend und riss meinen Arm aus seinen Klauen. Mein Puls erhöhte sich vor Angst. Alle Härchen stellten sich auf. Schweißperlen sammelten sich auf meiner Stirn. 
"Du ... Du kannst gar nichts erklären. Einen Mord kann man nicht erklären...d..d...das ist unmöglich." schrie ich. Immer und immer weiter entfernte ich mich von ihm.
"Cara!" Er wollte, dass ich stehenblieb, aber ich tat das genaue Gegenteil. Ich rannte weg. Einfach weg von ihm. Es dämmerte noch und deswegen konnte ich nicht viel sehen. Ich rannte so weit, wie meine Füße es schafften mich zu tragen. Diesem Jungen hatte ich mich anvertraut. Diesen Jungen habe ich gestern Abend in die Augen geschaut und ihn geküsst. Doch anscheinend hatte ich mich in ihm getäuscht. An alles, wirklich alles, habe ich gedacht.
Nur nicht an das! Ich lief schweren Atems in den Wald und wollte nicht stoppen, da ich mich immernoch verfolgt fühlte. Die Hügel wurden langsam steiler. Ich hielt mich verzweifelt an Bäumen und Ästen fest.
Meine Kraft hörte langsam auf mich vor ran zu treiben. Auf einem kleinen Plateau blieb ich stehen. Ich war von Bäumen umringt und drehte mich langsam einmal im Kreis. Dann blieb ich stehen. Rechts und links war tiefer Wald. Hinter mir eine steinige Wand und vor mir konnte man ein ganz kleines bisschen vom See erkennen. Vor Wut und Trauer schrie ich einfach drauf los. So laut ich konnte. Als meine Stimme verstummte hörte ich ein flattern von einem davonfliegenden Vogel. Enttäuscht schaute ich ihm hinterher. Ein paar Blätter fielen zu Boden und landeten vor meinen Füßen. Langsam sank ich auf den Boden.
"Mama. Papa." Wie sehr ich mir wünschte gerade bei ihnen zu sein. Oder einfach nur irgendwo anders, nicht hier.
"Dieses Arschloch!" flüsterte ich und vergrub meine Hände in meinen zerzausten Haaren. So langsam wurde mir sehr kalt und ich zog meine Strickjacke enger an mich. Ich verbrachte Stunden mit Nachdenken und ich konnte nicht einfach darauf warten das mein Retter kommen, und nach mir suchen würde. Ich war auf mich alleine gestellt und musste mich jetzt hier rausziehen. Langsam trottete ich los. Ich hatte kein Ziel. Nur ein indirektes: Zivilisation! Plötzlich hörte ich eine Stimme. So leise wie möglich versucht ich mich hinter einem Baumstamm zu verstecken.
"Cara." hörte ich Irons Stimme in der Ferne rufen.
"CARA!" es wurde immer lauter. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Nur noch wenige Meter von mir entfernt hörte ich ihn schwer ausatmen.
"Ich weiß, dass du hier bist." Sagte er sicher. Nervös wühlte ich das Laub auf und kratzte auf dem Boden entlang bis ich einen faustgroßen Stein in der Hand hielt.
"Lass es mich erklären. Bitte. Es gibt da einiges mehr was du wissen müsstest." Ich ließ meine Waffe in der Tasche meiner Jacke verschwinden, ließ sie jedoch nicht los.
"Ach ja?" rief ich und kam aus meinem Versteck worauf hin sein Blick schlagartig in meine Richtung wanderte. Selbstsicher und aufgerichtet ging ich auf ihn zu. Mein Blick war nur auf ihn gerichtet.
"Ja!" entgegnete er.
"Vielleicht, dass du noch ein paar mehr Menschen das Leben genommen hast. Einfach so jemanden umbringen. IST JA KEINE GROSSE SACHE!" spekulierte ich arrogant und mit sehr viel Ironie.
"Nein, so meinte ich das nicht." erklärte er mir angespannt. Immer noch auf ihn zugehend antwortete ich.
"Nein. Nur nicht. Hm...vielleicht bist du auch Kinderschänder oder du erpresst Leute? Nein jetzt hab ich's, foltern macht dir so richtig Spaß oder? Du bist so ein Arschloch." Meine Stimme wurde aggressiver und ich wurde nervöser. Vorsichtig machte er einen Schritt auf mich zu.
"KEINEN SCHRITT WEITER ODER..." Ich verstummte. Er machte erneut einen Schritt. Ich riss den Stein aus meiner Jacketasche und hielt ihn über meinen Kopf, bereit ihn zu werfen. Doch meine Schwäche übernahm die Oberhand. Ich klappte zusammen und fing an zu weinen.
"Schhh, Cara." Flüsterte Iron in mein Ohr und kniete sich neben mich. Ich lehnte mich an ihn und er nahm mir den Stein aus der Hand.
"Alles wird gut." versprach er mir und ich vergrub mein Gesicht immer weiter in seinem schwarzen Pulli. Ich spürte, wie er mir einen kurzen Kuss auf meinen Haaransatz gab. Meine Augen brannten und die Haut darunter spannte. Ein sehr komisches Gefühl verbreitete sich in meinem Bauch.
"Mir ist kalt." erklärte ich Iron, der schützend seine Arme um mich gelegt hatte. Er nahm meine Beine und hob mich hoch. Wie eine Prinzessin trug er mich an das Auto. Dort ließ er mich hinunter und gab mir direkt eine Decke. Ich kuschelte mich sofort hinein. Er setzte sich zu mir auf die Motorhaube und schaute durch die Bäume auf den See.

"Ich glaube es ist an der Zeit Klartext zu reden. Wie du schon weißt war mein Vater Alkoholiker und...er hat mir weh getan. Es war nicht immer so. Nur seit dem meine Mutter verschwunden ist. Wenn ich ihm keinen Alkohol gekauft habe hieß es Bestrafung. An diesem einen Tag hatte er sich nicht unter Kontrolle. Ich wollte mich wehren, da er so voll war, dass er mit einem Messer auf mich zu ging. Ich habe ihn geschubst, er ist... Dann ist er gestolpert und mit seinem Kopf auf einen Tisch geschlagen."

Ich legte mich mit meinem Kopf auf seinen Schoß. Ich frage mich, was er schon alles in diesem Leben durchgemacht hat.
"Iron? Es war nicht deine Schuld."
"Wenn die mich erwischen Cara, sehe ich nie wieder etwas anderes als den Knast."
"Dann werden sie dich nicht erwischen. Niemals."

HighlandboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt