Schmerz

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Ich hielt mir die Hand vor den Mund, um mich nicht zu übergeben. Ich weinte lautlos. Die Zeit verging umd ich spürte nichts als diesen unglaublichen Schmerz. Mein Herz fühlte sich an, als ob es in tausend Stücke zerbrochen wäre. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, dann verebbten die Tränen. Die Deutschen waren schon weitergezogen und das Grab, dass meine Freundin geschaufelt hatte, zugedeckt von etwas Erde. Es begann zu schneien und ich kletterte den Baum hinunter. Lange verharrte ich an dem Ort, wo die Familie meiner Freundin und sie starb. Es war gegen Mittag und es fiel noch immer Schnee. Er bedeckte das Grab und sah aus wie eine Decke. Wunderschön und traurig. Mein Magen knurrte. Ich hatte seit gestern nichts mehr gegessen oder getrunken. Wenn ich jetzt an Wasser dachte, fühlte sich meine Kehle schrecklich ausgedörrt an. Ich nahm mir also etwas Schnee und nahm ihn in den Mund. Er war zwar arschkalt (klar, es war ja SCHNEE), aber immer noch besser als nichts. Ich lief zu den Reifenspuren der Deutschen, wer weiß, vielleicht hatten sie etwas essbares fallen gelassen? Einige Minuten lief ich die Spuren entlang, dann bemerkte ich etwas: eine kleine Pistole. Ich lächelte etwas. Die Waffe konnte Gold wert sein! Vielleicht konnte ich einen Hasen oder so schießen, dann hätte ich Essen. Aber als ich an meine Freundin dachte, die durch solche Waffen umgebracht wurde und jetzt unter der Erde liegt, warf ich die Pistole gegen einen Baum. Niemand sollte doch sie zu Schaden kommen. Ich lief weiter, tiefer in den Wald, weg von den Deutschen. Plötzlich blieb ich stehen. Mir war etwas eingefallen. Der Teich der Relws! Dort hatten sie Fische, prächtige Barsche. Und ihr Haus stand nur wenige Minuten von hier entfernt (hoffte ich zumindest). Also machte ich mich auf den Weg. Ich sah Rauch aus ihrem Kamin kommen umd war verwirrt. Eigemtlich war ich davon ausgegangen, dass sie tot wären. Von drinnen hörte ich Lachen und Geschrei. Das konnten nicht die Relws sein! Die hatten keinen Sinn für Humor und erst recht nicht für Feiern. Plötzlich ging die Tür auf und ein Mann torkelte heraus. Er trug eine deutsche Uniform. Das musste die Nachhut sein, davon hatte ich gehört. Leise zog ich mich in den Wald zurück. Ich würde irgendwann zurückkommen. Aber jetzt brauchte ich erstmal ein Lager. Durch den Wald gelangte ich zu einem kleinen Häuschen. Ich hatte es vor Jahren gefunden und es war mein kleiner Rückzugsort gewesen. Früher. Gestern hatte ich es nicht gefunden, es war ja in der Nacht gewesen. Jetzt betrat ich das kleine Haus. Es war staubig, aber dort stand immer noch mein alter Strohsack mit einer dicken Decke, ein Tischchen und ein Stuhl. Außerdem ein kleiner Schrank und ein kleiner Ofen. Es war purer Luxus. Ziemlich kalt war es hier, aber ich wollte jetzt kein Aufsehen erregen, indem ich den Ofen anschürte. Mittlerweile war es Abend und ich war müde, also legte ich, meinen knurrenden Magen ignorierend, auf mein improvisiertes Bett, deckte mich zu und schlief ein. In meinem Traum sah ich den Mord an meiner Familie, an der Familie meiner Freundin. Ich versuchte, sie zu warnen, aber vergeblich. Ich sah zu, wie meine Eltern in kleine Stücke zerrissen wurden und meiner Freundin das Blut aus dem Mund rann. Ein Deutscher kam auf mich zu, mit einer Pistole im Anschlag, ein grausames und irres Lachen, dann wurde alles schwarz.

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