Gefahr

40 4 0
                                    

Ala es dämmerte, wurde ich von Geräuschen geweckt, die näher kamen. Es waren Stimmen, viele Stimmen. Die einen lachten, die anderen redeten einfach. Es weckte schmerzliche Erinnerungen an die Hinrichtung meiner Freundin umd mir brach Angstschweiß aus. Was, wenn sie mich sehen würden? Was, wenn sie mich vergewaltigten oder schlimmeres? Mein Herz klopfte umd meine Hände fingen an zu zittern. Das letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war, vom Baum zu fallen, direkt vor die Füße der Deutschen, nur weil ich mich nicht festhalten konnte. Ich biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten und mich so verrieten.

Jetzt liefen die ersten Soldaten unter meinem Baum hindurch. Sie trugen komische Uniformen und noch komischere Helme und wenn ich nicht solch eine Angst gehabt hätte, hätte ich losgelacht. Plötzlich knackte es und ich klammerte mich am Baum fest, bevor der Ast, auf dem ich saß, mit einem lauten Krachen zu Boden fiel. Die Deutschen, die unter mir liefen, sahen hoch. Einen hatte den Ast am Rücken getroffen und er lag nun fluchen und eingeklemmt darunter. Ein Deutscher schrie etwas, aber ich konnte die Bedeutung nich wissen. Dann, so hatte es den Anschein, wiederholte er es auf Russisch: 'Partisanen! Kommt raus und euch wird nichts geschehen! Wenn nicht, werden wir euch finden und erschießen!'

Ich hielt die Luft an und schickte ein Stoßgebet nach dem andern in den Himmel. Ich hoffte, dass, wenn sie hochschauten, sie mich nicht sehen könnten. Mein Gesicht hielt ich am Stamm gepresst und so konnte ich nur vermuten, was sie unten gerade machten. Die Deutschen veranstalteten einen ziemlichen Lärm und ich ging davon aus, dass sie in alle Richtungen ausströmten, um die angeblichen Partisanen zu suchen. Kamwnn sie denn nicht auf die Idee, mal nach oben zu schauen? Während ich versuchte, ruhig zu bleiben, wurden meine Hände durch den Schweiß feuchter und ich begann abzurutschen. Verzweifelt hielt ich mich an einem kleinem Ast fest. Ich hörte wieder ein Knacken. Langsam, fast wie in Zeitlupe sah ich den Ast abbrechen. Ich suchte Halt, aber ich fand keinen. Ich fiel hinunter und ich wollte mich von der Welt verabschieden, als mich plötzlich etwas am Arm packte. Ich schwebte vielleicht fünf Meter über dem Boden. Der Griff um meinen Arm verstärkte sich und ich wurde auf einen dicken Ast gezogen, der ziemlich stabil aussah. Ich versuchte, meinen Atem zu beruhigen und nicht los zuweinen. Beinahe wäre ich gestorben, aber wer hatte mich gerettet?

Langsam blickte ich auf. Ein junger Mann saß neben mir und sah mich wütend an. Er war mir auf Anhieb unsympathisch. Ich wollte ihm trotz seines Gesichtsausdrucks danken, aber ich hielt dann lieber den Mund. Die Deutsch waren ja noch da und ich wollte nicht riskieren, gefangen genommen oder getötet zu werden, wo ich gerade fast gestorben wäre. Mir kam es vor, als wären Stunden vergangen, als die deutschen Soldaten endlich weiterzogen. Ich lauschte ihren Schritten, bis sie nicht mehr zu hören waren.

Langsam wandte ich meinen Blick zum Mann. Er sah mich mit unverholenem Zorn an. 'Was hast du dir gedacht, du dummes Kind?', zischte er voller Wut. 'Du lässt einfach den Ast nach unten fallen! Willst du mich etwa umbringen? Nicht auszudenken, wenn die mich geschnappt hätten!' Er packte mich am Arm und schüttelte mich. Meine Luppe zitterte und ich biss mir darauf. Bloß nicht weinen!, dachte ich, aber es half nichts. Tränen rannen mir uber die Wange und der Mann ließ mich los. Als ich mit dem Weinen aufhörte, blickte ich zu ihm. Er starrte stur gerade aus.

'Danke.', sagte ich leise. Meine Stimme war tränenerstickt und rau. Mir war es peinlich, dass ich geweint hatte. Unsicher sah ich zu ihm. Der Mann sah immer noch gerdeaus, aber seine Züge schienen sich etwas gelockert zu haben. 'Wieso haben Sie mich gerettet?', fragte ich ihn mit betont fester Stimme.
'Wenn du runtergefallen wärst, hätten sie den Baum abgesucht und mich gefunden. Jeremia wurde auch gefunden und der...' Er stockte. Ich überlegte und dann kam die Erkenntnis: Dieser Jeremia war der gehängte Mann gewesen, den uch gesehen hatte. Zugleich wurde ich aber auch wütend: Er hatte mich nur aus purem Eigennutz gerettet.

'Das tut mir Leid. Also das mit diesem Jeremia.', meinte ich und unterdrückte meinen Zorn.
'Mh.', brummte er. 'Wo wohnst du eigentlich?'
Ich schwieg. Was sollte ich denn antworten? >Hier auf diesem Baum natürlich. Oben steht mein Bett, wollen sie mit rauf kommen?< Nein, das hörte sich lächerlich an. Der Mann gab sich mit der fehlenden Antwort zufrieden und fragte stattdessen: 'Wo sind deine Eltern? Wissen sie, dass du im Partisanen-Teil des Waldes spielst?'

Ich kniff meine Lippen zusammen, um nicht wieder loszuweinen. Obwohl ich nahe dran war, schaffte ich es diesmal.

'Na schön. Du willst es nicht sa-', sagte er mit leichtem Ärger in der Stimme, aber ich unterbrach ihn. 'Sie sind tot. ', presste ich zwischen den Zähnen hervor. Jetzt war es am Mann, betroffen auszusehen. Er sah aus, als ob einen Kampf mit sich austragen würde, dann sagte er schließlich: 'Unsere Wege scheiden sich wohl hier. Möge Gott dich schützen.' Mit diesen Worten sprang er vom Ast, rollte sich ab und rannte davon. Ich zögerte kurz, dann kletterte ich hinunter und nahm die Verfolgung auf.
   


------------------------

Danke für über 150 Leser.

Mensch, dass hätte ich mir nie, nie auch nur träumen lassen.

Die Updates werden langsam (aber sicher) kommen.

Lg

Franzi

ON HOLD-Tränenkinder-ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt