Police

30 1 0
                                    

3. Police

Am nächsten Tag kam ich mal wieder zu Spät. Nur dieses Mal war es nicht einmal Absicht. Nur zu gut, dass wir heute noch meine Lieblingslehrerin in der ersten Stunde hatten.

Dieses mal rannte ich sogar den leeren Schulflur entlang, fragt mich nicht wieso, ich hatte einfach Lust zu rennen. Dieses mal lief ich zum Glück auch nicht in einen gestressten Streber rein. Sonst hätte ich diesen wahrscheinlich fertig gemacht.

Ich ging außer Atem in den Raum rein und setzte mich auf einen Platz.

Die Lehrerin sah mich voller Freude an. Was war denn mit der los?

"Außer Atem?", fragte mich jemand, der neben mir saß. Och, bitte nicht.

Ich drehte mich zur Person um, und wen sah ich? Den Leon, der mir gestern meinen Platz wegnehmen wollte.

Er hatte sich doch tatsächlich einen Tisch neben mich geschoben.

Dann erst fiel mir ein, dass er was gesagt hatte. 'Außer Atem?'.

Und erst jetzt fiel mir ein, wie es auf andere gewirkt haben musste, dass ich außer Atem ankam. Das sah so aus, als würde es mich jucken, dass ich zu Spät komme. Sie hatte wieder Hoffnung, dass es besser werden würde.

Naja, war ja eigentlich nicht mein Problem, dass sie sich Hoffnung macht. War ja auch nicht mein Problem, dass sie dachte ich wär' Depressiv.

"Scheint wohl so.", es klang eher nach einer Frage, als nach einer Antwort. Was war in mich gefahren, dass ich gerannt bin? Ich hasste es zu rennen. Dadurch wurde man verschwitzt und die Luft entweicht aus deinen Lungen, was zum tot führen könnte. Und sterben wollte ich nicht.

"Gestern hat es dich doch auch nicht interessiert, dass du zu Spät gekommen bist?", er sah mich verwirrt an. Was ging ihn das an?

"Tut es mich auch heute nicht.", sagte ich genervt. Konnte er mich nicht in ruhe lassen?

"Warum bist du dann gerannt?", fragte er, immer noch verwirrt.

Ich antwortete nicht. Erstens hatte ich keine Antwort auf diese Frage und zweitens ging ihn das ja eh nichts an.

"Jess?", fragte er.

"Nerv mich nicht, Leon.", sagte ich dann, als er mir in die Seite pikste.

"Komm schon. Der Unterricht ist total langweilig.", sagte er.

Damit hatte er wohl recht. Doch er war wahrscheinlich genau so langweilig, wie dieser Unterricht.

"Jess. Komm schon man, mir ist langweilig.", er pikste mir zum gefühlt tausendsten mal in die Seite.

"Dann setz sich das nächste Mal lieber neben jemand anderen.", sagte ich jedoch nur und schlug seine Hand weg.

"Autsch.", sagte er beleidigt und hielt seine Hand, obwohl ich nicht einmal hart zu geschlagen hatte. Ich schmunzelte. Moment? Ich schmunzelte? Sofort hörte ich auf zu schmunzeln.

"Ha! Ich hab's gesehen!", sagte er, etwas zu laut.

"Leon?", fragte die Lehrerin und jeder starrte ihn an.

"Hm? Oh, eh, ja, sorry?", sagte er.

"Meine Schuld.", sagte ich zur Lehrerin und sie sah uns noch einmal durch dringlich an, bevor sie mit dem Unterricht fort fuhr.

Ach, fuck it || KurzgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt