Die Autofahrt mit Leon war ziemlich still. Unangenehm Still.
Erst wollte ich unbedingt, dass er die stille brechen würde, doch dann fragte er mich diese eine beschissene Frage.
"Ist heute nicht der Todestag deiner Mutter?", fragte er vorsichtig und sah mich von der Seite an.
Warum hatte ich ihm das nochmal an diesen einem Abend erzählt?
Ich wollte nicht dran denken. Nicht heute.
"Ja und?", fragte ich, emotionslos. Bloß nicht anfangen zu heulen, Jess.
"Soll ich dich vielleicht zum Friedhof fahren?", fragte er.
"Nein.", sagte ich. "Ich habe dir doch erzählt, dass ich ihr Grab nie besucht habe. Und das will ich auch nicht ändern."
"Komm schon, Jess. Vielleicht geht es dir dann ein kleines bisschen besser.", versuchte er mich zu überreden.
"Lass mich aussteigen.", sagte ich. Mir war es scheiß egal, dass ich keine Ahnung hatte, wo wir gerade waren. Ich wollte nur nicht mehr diese Unterhaltung weiterführen.
Leon seufzte nur. "Nope. Nicht in dieser Verfassung und nicht an diesem Tag."
"Es ist ein Tag wie jeder andere, verstanden?", schrie ich ihn an. Er sollte mich in Ruhe lassen.
Bei der nächsten Ampel die rot war, musste er anhalten und dies war meine Chance. Ich machte die Autotür auf und rannte weg. Ich hörte noch wie er mir hinterher rief, doch ich bog in irgendeine Gasse und rannte weiter.
Da ich diese Gegend kannte, rannte ich weiter und hielt erst an, als ich mir sicher war, dass mir niemand gefolgt war.
Ich setzte mich auf den Boden und dachte an sie. Warum musste sie genau vor 3 Jahren wegfahren nach unserem Streit? Warum hatten wir überhaupt gestritten?
Im Nachhinein ist es lächerlich, dass ich nicht einmal mehr wusste, weswegen wir uns gestritten hatten. Ich konnte mich tatsächlich nicht an den Streit erinnern, der der Grund des Todes meiner Mutter war.
Nach einer Zeit des Nachdenkens stand ich auf, klopfte meine Hose ab und lief durch die Gegend. Überall waren gestresste Menschen. Glückliche Familien, eine Mutter, die ihr Kind an der Hand hielt und rannte und ein Vater, der seinem Kind ein Eis kaufte.
Und dann war da noch eine Mutter, die mit ihrem Kind streitete. Es war schrecklich mit anzusehen und anzuhören, also ging ich schnell weiter.
Als ich eine Zeit lang rumgelaufen war ohne zu wissen wohin, kam ich an einem Friedhof an. Und natürlich musste es genau der sein, in dem sie vergraben wurde.
Ich hörte auf nachzudenken und lief einfach rein und suchte nach dem Grab meiner Mutter.
'Olivia Hunter, 26.05.1973 - 16.05.2013', das war dann wohl ihr Grab. Dort lag gerade mal eine einzige Blume, die schon verwelkt war. Ich hätte ihr Blumen mitbringen sollen, oder?
"Hi, Mum.", flüsterte ich. Auch wenn es von außen komisch aussah, wenn ich mit einem Grab redete, es war mir egal.
"Ich habe keine Ahnung ob du mich hörst oder nicht, oder ob du mich überhaupt hören willst. ", flüsterte ich und kam mir echt wie eine Irre vor.
"Oh Gott, ich rede schon mit einem Grabstein. Auf jeden Fall, tut es mir leid. Alles. Der Streit, der Unfall, der meine Schuld war, dass ich nicht auf deiner Beerdigung war und dass ich dich nie besucht habe. Es tut mir alles so schrecklich leid.", die erste Träne fiel, während ich das sagte. "Ich wünschte ich könnte noch einmal dein Gesicht sehen oder deine Stimme hören. Oh Gott, ich vermisse dich so sehr, Mum.", ich ließ mich auf die Knie fallen und fing an zu heulen.
Ich blieb noch dort auf dem dreckigen Boden sitzen, und dachte heulend über alles nach, bis es dunkel wurde. Dann stand ich auf und verließ den Friedhof.
Ich setzte mich auf den Bürgersteig und holte mein Handy raus, um Leon anzurufen.
"Kannst du mich abholen?", fragte ich ihn mit zittriger Stimme.
"Wo bist du?", fragte er einfach nur.
"Friedhof.", sagte ich nur, doch es reichte aus. Er sagte, dass er mich in 10 Minuten abholen würde und legte auf.
Als er vor mir hielt, und ich einstieg war ich so froh, dass er keinen blöden Kommentar dazu abließ, wie ich aussah, oder mir irgendwelche Fragen stellte. Er schwieg einfach nur, und fuhr weiter.
"Leon?", fragte ich unsicher.
"Mhm?", fragte er mich und sah mich kurz lächelnd an.
"Danke.", sagte ich einfach nur, und er nickte.
Bei ihm angekommen, wusste ich nicht was ich tun sollte. Ich meine, ich hatte keine bleibe und ihn fragen ob ich nochmal bleiben kann, wollte ich nicht unbedingt.
"Sind meine Sachen im Gästezimmer?", fragte ich einfach. Mir würde schon was einfallen.
"Jap. Und da bleiben sie auch noch. Mich stört es nicht, wenn du noch länger bleibst, meine Eltern kommen in nächster Zeit auch nicht wieder und du weißt eh nicht wo du hin kannst.", sagte er dann.
"Aber-", fing ich an, doch er unterbrach mich. "Jess, es ist ok."
"Sicher?", fragte ich noch einmal nach, und hoffte er würde ja sagen, was er dann auch tat.
"Danke echt Leon.", sagte ich. Ich wüsste echt nicht was ich ohne ihn tun würde.
**
Ich walzte mich im Bett hin und her, und konnte einfach nicht einschlafen. Ich konnte noch nie am Todestag meiner Mutter einschlafen.
Ich fragte mich ob Leon noch wach war. Ich ging an mein Handy, ging auf Whatsapp und drückte auf den Chat von mir und Leon. Und er war noch online.
Ich schrieb ihn an. "Ich kann nicht schlafen."
"Komm rüber.", schrieb er zurück. "Die Tür gegenüber gehört zu meinem Zimmer."
Ich stand also auf, ging aus dem Gästezimmer raus, und ging in das Zimmer gegenüber. "Kannst du auch nicht schlafen?"
"Nope.", sagte er und klopfte auf den Platz neben ihm. Ich schlich auf sein Bett zu und setzte mich neben ihn.
Wir redeten eine ganze Weile über Gott und die Welt und irgendwann schlief ich neben ihn ein.
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Ach, fuck it || Kurzgeschichte
Romance"Willst du auch eine Zigarette?", fragte er "Rauchen ist ungesund, und schadet dir nur.", versuchte sie es mir auszureden. Ach, fuck it. Und dann blies ich ihr den Rauch ins Gesicht. ** "Sicher, dass du keinen Alkohol willst? Wird sicherlich kei...