Kapitel 3 - Veränderungen.

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Ich war bereits seit einer Stunde wach, aber lag immer noch im Bett. Mein Körper wollte einfach nicht aufstehen und erst recht nicht mein Verstand, der war wo ganz anders. Ich schaute auf die Wand und ließ meinen Gedanken freien lauf. Es war so als hätte ich meine ganze Lebensenergie verloren und das mit 17, es war als ob ich auf nichts lust hätte. Mein Alltag bestand daraus vom Haus zur Schule und von der Schule nach Hause zugehen, dass schlimmste jedoch war, das es mir gefiel.

Ich hatte nicht wirklich etwas daran auszusetzen und wollte auch nichts großartig daran ändern. Manch anderer würde mich als langweilig bezeichnen, vielleicht bin ich das ja auch, aber mir gefiel es so, wie es war. Mein Leben bevor sich meine Eltern getrennt hatten und bevor ich mein Abi anfing, sah ganz anders aus.

Ich hatte immer viele Menschen um mich rum und zich Freundinnen, welche sich jedoch nach dem Vorfall mit meinem Vater als unzuverlässig herausstellten, nur Asli war in dieser Zeit bei mir gewesen. Wie man so schön sagt ; Es ist nicht wichtig wer in deinen guten Tagen bei dir ist, sondern in deinen schlechten. Somit hatte ich beschlossen alle Menschen, die nicht für mich in dieser schwierigen Zeit da waren aus meinem Leben komplett auszuschließen und mich völlig von der Gesellschaft abzuschirmen.

Um ehrlich zu sein geht es mir sogar seit dem besser. Als ich im Mittelpunkt stand, hatte ich viele Probleme was das Leben anging, ich hatte mit Streitigkeiten oder Lästereien zu kämpfen, welche es Tonnenweise gab. Früher konnte ich auch gar nicht damit umgehen, ich besaß eine schwache Persönlichkeit und habe gelernt in der Zeit wo ich mich zurück zog, mein Charakter zu stärken und selbstbewusster zu werden.

Im Moment kann ich sagen, dass ich es geschafft habe und mich die Erfahrungen, die ich bis her gemacht habe, mich abgehärtet haben.

Fazit : Ich bin ein 17 jähriges Mädchen, welches sich aus der Gesellschaft abgeschirmt hat, und dessen Leben lediglich aus Schule besteht, womit sie super zufrieden ist.

'Steh endlich auuuuuf!' hörte ich meine Mutter rufen, wahrscheinlich hatte sie das Frühstück bereits vorbereitet, weil sie am Wochenende das Kochen bzw. das zubereiten vom Frühstück übernahm. Nur ich kochte in der Woche für sie, da sie in den meisten Fällen viel zu erschöpft von der Arbeit war um noch etwas vorzubereiten.

'Ich komme!' rief ich zurück und zwang mich aus dem Bett. Genau vor meinem Bett hing ein Spiegel, worin ich mich jeden Morgen betrachtete. Bin ich das wirklich? Das fröhliche Mädchen von früher, die sich jetzt von allem und jeden abschirmte? Ja, das war ich.

Während ich mich genau anschaute, fragte ich mich ob mir man den ganzen Schmerz den ich erlebt hatte ansehen konnte. Sah man mir anhand meiner Gesichtszüge an, dass ich eine schwierige Zeit hinter mir hatte, sah man es mir an meinen ernsteren Blicken an oder daran das ich kaum lächelte? Sah man mir meine Erschöpfung am Leben an, keine Lebensfreude zu haben und mich nur auf eines in meinem Leben beschränkte? Nein? - Doch! - Ich weiß es nicht.

Nachdem ich bemerkte wieder tief in Gedanken gefallen zu sein, raffte ich mich auf und ging ins Bad um mich frisch zu machen.

Wie ich vermutet hatte; Mama hatte das Frühstück zubereitet da ich den Geruch von Eiern und frischem Brötchen bereits beim runter gehen der Treppen roch. Letzte Stufe erreicht, sah ich meine Mutter mit Kopfhörern im Ohr tanzen und gleichzeitig Gurken schneiden. Ich schlich mich leise hinter sie, in der Hoffnung sie könne mich nicht bemerken, zog ihr schnell die Kopfhörer aus dem Ohr und schrie lachend in ihr Ohr 'Günaydin! (Guten Morgen)' und platzierte ein Kuss auf ihre Wange, worauf sie völlig zusammen zuckte, meine Mum war sehr leicht erschreckbar.

'Was erschreckst du mich denn so? Aber dir auch ein guten Morgen.' wünschte sie mir genervt worauf ich nur noch mehr anfangen musste zu lächeln. Während sie die Gurken schnitt, nahm ich mir ebend ein Stück, worauf meine Mutter mich leicht auf die Hand schlug bevor ich es überhaupt runterschlucken konnte. 'Du weißt ganz genau das mir so etwas nicht gefällt!' ja ich wusste es, und tat es trotzdem um sie zu ärgern, da ich es liebte wenn sie sich aufregte, sie wurde dann immer so süß.

Also schnappte ich mir rasch noch ein Stück, tat es mir in mein Mund, platzierte noch ein Kuss auf ihre Wange und entfernte mich sofort von ihr, damit sie mir nicht noch einen Schlag verpassen konnte, worauf sie genervt ihre Augen verdrehte und tief ein- und ausatmete um sich nicht noch mehr aufzuregen. Ich bereitete mir noch ein Tee zu, worauf wir uns gemeinsam an den Tisch setzten und anfingen zu frühstücken.

Als ich anfing mir mein Brötchen mit Erdbeermarmelade zu beschmieren, fragte mich meine Mutter uhrplötzlich 'Geht es dir gut?'. Ich konzentrierte mich weiterhin auf mein Brötchen und schaute im Augenwinkel zu ihr rüber. Weshalb fragte sie?

Bisher hatte ich doch super geschafft, meine Fassade anzupassen und als glücklich zu erscheinen. Ich wollte nicht, dass meine Mutter von meinen ganzen Gefühlen etwas mitbekam, nicht die Veränderungen sah die ich durchgemacht hatte, ich wollte nicht das sie sich schuldig für meine Abschirmung von der Gesellschaft fühlte und erst recht nicht dachte, dass mich der Vorfall mit meinem Vater ziemlich negativ beeinflusste. Ich spielte immer vor als wäre es mir egal, klar tat ich nicht so als wäre es etwas ganz normales, denn ich erwähnte oft das ich meinen Vater keineswegs ausstehen konnte.

Natürlich war es ihr aufgefallen, dass ich nicht mehr so oft wie vor dem Vorfall rausging, nichts mehr mit Freunden unternahm, jedoch erzählte ich ihr, dass es am Schulstress lag und ich kaum noch Zeit für meine Freunde hätte. Ich wollte einfach nicht, dass sie sich sorgen um mich machte, sie musste selbst noch die ganze Sache verdauen und ich sah es ihr auch jeden Tag  an, dass sie litt. Da brauchte sie sich nicht auch noch um mich Gedanken machen.

Ich hatte sie auch ab und zu in ihrem Zimmer weinen hören und auch wenn ich es mir selbst nicht eingestehen wollte, wusste ich das meine Mutter noch für diesen Kerl Gefühle hatte, was ich kaum nachvollziehen konnte. Jedoch ließ ich sie mit dem Thema in Ruhe, da meine Mutter sehr sensibel war was solche Sachen anging und da ich ihre Gefühle sowieso nicht nachvollziehen konnte, wollte ich sie auch nicht darauf ansprechen.

'Natürlich geht es mir gut, wie kommst du jetzt darauf?' fragte ich sie ruhig mit einem vorgetäuschten Lächeln, versuchte Augenkontakt zu vermeiden und strich schneller mein Brot weil ich nervös wurde, hoffentlich war ich nicht schon knall rot.

'Ich weiß nicht, du kommst so rüber als wärst du lustlos. Du gehst kaum noch raus, unternimmst nichts mehr mit deinen Freunden. Was ist eigentlich mit Asli? Ich habe schon lange nichts mehr von ihr gehört.' fragte sie mich aus und biss in ihr Brötchen.

Ich antwortete immer erst nach einigen Sekunden, da ich versuchte die Wahrheit zu überspielen. Dabei vermeidete ich strengstens Augenkontakt mit ihr, weil ich Angst hatte sie könne mir die Lügen ansehen. 'Anne ich hab dir doch erzählt, dass es am Stress in der Schule liegt, ich hab kaum noch Zeit. Außerdem bin ich doch jeden Tag mit Asli gemeinsam in der Schule.' versuchte ich ihr wieder zu verklickern.

'Das kann ich ja auch völlig nachvollziehen, jedoch ist es in letzter Zeit schlimmer geworden als früher. Ich verstehe es zwar wenn du in der Woche nichts unternimmst, da du nach der Schule viel zu erschöpft bist, aber du könntest doch wenigstens am Wochenende raus gehen.'

Was eine Ironie. Meine Mum versucht mich dazu zu drängen endlich mal raus zu gehen, wobei andere Mütter sich bei ihren Töchtern beschweren, dass sie kaum noch zu Hause sind.

Wie auch immer, ich wollte nicht, dass sie wieder begann sich um mich Sorgen zu machen und sagte uhrplötzlich, dass ich heute mit Asli verabredet war, was eigentlich garnicht stimmte, jedoch musste ich etwas sagen was sie davon abhielt mich weiter auszufragen.

'Toll! Was habt ihr denn vor?' fragte sie weiter. So viel dazu sie abzuhalten weitere Fragen zu stellen. 'Ehm, wissen wir noch nicht. Eigentlich bin ich auch schon satt, sana afiyet olsun (dir noch einen guten Appetit).' sagte ich, stand rasch vom Tisch auf und stieg die Treppen rauf in mein Zimmer.

Nefes - Und die erste Lüge beginnt.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt