Als ich das bröckelnde Haus betrat, war mir sofort klar, dass ich kein Crossaint vorfinden würde. Ich bedankte mich bei meinem Ein-Tag-Freund und schloss geräuschlos die Türe hinter mir. Der Flur vor mir war dunkel, beinahe gespenstisch ruhig, und wenn ich diese Stille nicht Tag ein Tag aus gekannt hätte, hätte mich damals die Angst gepackt.
Ich schaute kurz in die Küche, doch der Backofen war kalt. Im Wohnzimmer befand sich auch niemand, das Badezimmer war offen, und der Schlafraum meiner Eltern war leer. Die linke Seite des Ehebettes war ordentlich gemacht - sehr im Kontrast zu der linken Betthälfte, auf der eigentlich eine Bettdecke liegen müsste, die stattdessen aber auf dem Boden lag. Ein schwacher Geruch von Alkohol schwebte in der Luft. Ich verließ das Zimmer mit den knarrenden Dielen und wechselte in mein Zimmer. Vor meiner Tür lag eine leere Flasche Wein, neben der sich eine kleine Lache Alkohol gebildet hatte.
Angewidert ging ich in den staubigen Raum. Auf dem Tisch lag ein kleines eingepacktes Geschenk. Ich setzte mich auf den Boden und betrachtete das Geschenkpapier, welches an manchen Stellen eingerissen war. Der Tesafilm war nicht geradlinig und sauber geklebt worden, woraus ich schlussfolgerte, dass das Päckchen von meinem kleinen Bruder stammte. Ein Crossaint war nirgends in Sicht. Warum sollte es auch? Ich war abgehauen. Und ich würde wieder gehen. Mein Zuhause war wo anders. Draußen. Abseits dieses Hauses, dieser Zeit.
Ich stand auf und holte unter meinem Bett einen Rucksack hervor. Er war gepackt. Er war schon immer gepackt und auf den heutigen Tag vorbereitet gewesen. In ihm war alles, was ich für die ersten paar Tage brauchen würde. Hinzu steckte ich das Päckchen, dann stand ich auf und verließ meine altes Leben. Der Alkohol stieg mir noch ein letztes Mal in die Nase. Hatte meine Mutter meinen Bruder daran hindern wollen, mir ein Geschenk hinzulegen? Ist sie ihm völlig betrunken hinterher getorkelt, hat die kostbare Flüssigkeit verkippt und dann versucht, meinem Bruder das Präsent aus der Hand zu reißen? Sah das Papier deshalb so mitgenommen aus?
Einen Moment schien ich begeistert von der Theorie, doch im nächsten war sie wieder vergessen und ich beeilte mich an die frische Luft zu kommen. Ich schlug die Türe hinter mir ins Schloss und ging.
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Der Hochsitz
Short StoryEs war ein kühler Morgen, ohne Freude und Licht. Nur Trübsinn und Schweigen. Am Rande eines Feldes stand ein Mädchen, das nach Leben suchte. Ihrem Leben. Und dann gab es da diesen Jägersitz im Schatten der Bäume. Es war der erste Morgen der Endlosi...