Der Hochsitz

Der Wald

Irgendwann begann ich mich zu fragen, warum ich mich verlieren wollte. Vielleicht, um mich wieder zu finden. Aber eigentlich wollte ich etwas ganz anderes. Ich wollte mit dem Wind eins werden, tanzen und jaulen, durch die Welt segeln und im Weltall taumeln. Taumeln bis ich vergaß, wer ich war und woher ich kam. Unendlich sein. Genau das war es, was ich wollte. Doch ohne etwas Konkretes zu fühlen.

Meine Beine trugen mich immer schneller und irgendwann rannte ich die Straße entlang, wobei ich hin und wieder über Schlaglöcher stolperte. Die Gegend war schon ewig durchfressen und ausgebeutet zurück gelassen. Stumm lag sie da, ihre Schreie verstummt und vergessen.

Mein Atem wurde schwer.

Kurz bevor sich völlige Düsterheit über das Grab legte, fand ich ein unverletztes Waldstück, das ein  Dutzend Meter von der Straße entfernt an einem Feldweg lag. Gespenstisch wiegten sich die wenigen Baumwipfel im blassen Mondschein und eine unbehagliche Gänsehaut zog sich über meine nackten Arme. Obwohl ich es besser wusste, suchte ich mir einen Weg zwischen dem Dornen behangenen Gestrüpp. Ich schaute nicht zurück. Als ich es geschafft hatte, blieb ich kurz stehen, um mir einen Kontrast zwischen Hecke und Pfad zu schaffen. Es dauerte, bis ich vernünftige Umrisse erkennen konnte, aber letztendlich schien mir die Dunkelheit willkommen.

Wie ich durch den kargen Wald ging, lauerte in mir eine Katze, die mit ihren gelben Augen die Schwärze durchschnitt. Doch nichts Auffälliges versteckte sich hinter den dicken Stämmen und unter der modrigen Erde.
Bis ich auf eine Lichtung stieß.
Sofort nahm meine innere Katze die vielen Äste wahr, die ein Sturm runter gerissen haben mochte. Mit einem Blitzen in den Augen und einer Idee, die sich in meinen Kopf grub, suchte ich mir eine Stelle zum Schlafen. Da meine Augen fast zufielen und die Katze langsam verschwand, entschied ich, nicht lange zu überlegen. An einen grünen Stein gelehnt, nickte ich ein.