19 - The Truth

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Ich nehme mein Handy kurz in die Hand um zu sehen, ob sich Tanja gemeldet hat. Sie hat mir nicht geschrieben. Na gut, dann werde ich das jetzt zun.


Ardy: Es sinid nur Tadl und ih.

Ardy: Ich bni betrunkn und es is eeeeecht coool

Ardy: Felhst nur uddd zum kushcln

Tanja: Ach du Süßer <333333

Ardy: <333333333


Taddl kommt wieder aus dem Badezimmer und ich lege mein Handy auf die Seite. Als er mich so liegen sieht beginnt er zu lachen. Er legt sich zu mir und es fühlt sich nicht so komisch an, wie es sich vielleicht anfühlen sollte. Es ist zwar ein bisschen eng auf meinem Bett. Aber es fühlt sich an als wäre es wie früher. Früher sind wir auch immer ganz nah beinander gewesen. Es ist so, als hätte sich nie etwas in der Zwischenzeit geändert.

„Taddl?", flüstere ich.

„Ja?", antwortet er mit tiefer rauer Stimme.

„Bist du auch betrunken?", frage ich.

„Ja", lacht dieser.

„Okay gut, dann ist es nur halb so peinlich", sage ich kichernd.

„Dir braucht gar nichts peinlich sein", sagt Taddl.

„Ich will aber nicht, dass du mich dann wieder wegen irgendetwas fertig machst...", sage ich ein wenig besorgt und unsicher. Taddl setzt sich auf und sieht mich streng an.

„Ardy... ich werde das nicht mehr machen, versprochen."

Taddl wirkt so ernst. Meint er es wirklich so? Habe ich eine andere Wahl, als ihm nicht zu glauben? Immerhin war er einmal mein bester Freund. Auch wenn er in den letzten Jahren, alles andere als ein guter Freund war. So wie Taddl jetzt ist, ist es genauso wie damals.

„Okay", sage ich vergnügt. Er lässt sich wieder seufzend auf mein Bett fallen.

„Alles okay?", frage ich.

„Mhm", sagt er. Ich halte den Mund. Taddl wirkt genervt. Wir verstehen uns seit langem wieder gut, dass will ich nicht wieder kaputt machen.

„Ardy... es gibt eine Sache, die ich dir bis heute verschwiegen habe und ich hoffe, du bist betrunken genug, damit ich sie dir erzählen kann um mein Gewissen zu erleichtern und du sie wieder vergisst."

„Wieso soll ich sie wieder vergessen?", frage ich. Wovon spricht er?

„Weil es Scheiße war ...", sagt Taddl. Diese Antwort hilft mir nciht viel weiter.

„Es kann nicht schlimmer sein, als was du mir die letzten fünf Jahre angetan hast", sage ich.

„Doch... für mich war es so schlimm", sagt Taddl. Meine Stirn legt sich zu einer Falte. Wavon redet Taddl?

„Es war bei Lunas Party... Wir waren 12 und betrunken und als ich dich nach Hause gebracht habe...", Taddl stockt.

„Was?", hacke ich nach.

„Ich ... Wir ... haben uns geküsst", sagt er und versteckt sein Gesicht mit seinen Händen. Was? Wir haben was? Ich versuche meine Gehirnzellen anzukurbeln. Ich war 12, ich war sehr betrunken. Ich weiß es nicht mehr. Das ist so lange her.

„Ich kann mich nicht erinnern", sage ich.

„Du hast mich schockiert angesehen und dich danach sofort übergeben", erklärt Taddl. Habe ich das? Eine wage Erinnerung kommt mir hoch. Ich habe einen schockierten jungen Taddl vor Augen. Ich sehe nur leichte Umrisse. Danach sehe ich nur überall Erbrochenes. Als ich meinen Blick wieder zu Taddl hoch gebe, war er weg. Ich sehe nach rechts, er ist davon gelaufen. Ich haben nach ihm gerufen, doch er ist einfach weiter gelaufen.

„Aber ich habe mich nicht auf dir übergeben oder?", frage ich. Taddl lacht leicht.

„Nein, hast du nicht. Ich war damals nur überfordert mit dieser Situation... Ich wusste einfach nicht wie mir geschieht und als du dich übergeben hast nach meinem Kuss. Der übrigens mein erster Kuss war, war mir das so peinlich, dass ich weggelaufen bin."

„Dachtest du ich habe mich wegen dir übergeben? Ich habe doch nur zu viel gesoffen", sage ich.

„Ja, das wusste ich damals nicht so genau", sagt er. Also habe ich damals seinen 'Stolz' gekränkt, weil ich mich übergeben habe. Er hat das komplett falsch interpretiert, außerdem kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern.

„Ich wusste das gar nicht mehr ...", sage ich.

„Ich weiß und ich hoffe du vergisst es wieder... Jedenfalls, war ich damals so verletzt von dieser Geste. Ich war so verdammt wütend auf dich Ardy. Ich wollte, dass du dich genauso schlecht fühlst, wie es mir in diesem Moment ging."

„Deswegen? Deswegen dieses jahrelange quälen und die ganzen Demütigungen?", frage ich.

„Ja.. Anfangs schon und irgendwann bin ich da hinein gerutscht und konnte nicht mehr hinaus. Ich habe es Felix erzählt, weil Felix und ich... wir... wir hatten kurze Zeit darauf... Wir waren sowas wie zusammen und er wollte das... wie sag ich das am besten. Als 'Beweis'", erklärt er mir. Beweis. Was meint er damit?  Taddl spricht für mich in Rätseln.

„Als Beweis?", frage ich.

„Ja, als so eine Art Liebesbeweis", erklärt Taddl. Meine Vermutungen stimmen also. Taddl und ich waren nicht nur Freunde, wir waren mehr als das. Beziehungsweise für Taddl war es mehr. Ich glaube, ich wusste damals nicht was vor sich ging. Ich bin immer noch verwirrt. Ich wurde fertig gemacht, nur weil ich mich nach einem Kuss übergeben habe? Um jemanden die Liebe zu beweisen? Ich finde das nicht Richtig.

„Es tut mir Leid, Ardy", erklärt Taddl.

„Ich hoffe, dass war es wert...", sage ich kühl.

„Nein, das war absolute Scheiße. Das weiß ich jetzt. Es war mehr als das, ich werde das nie wieder gut machen können und werde ewig damit leben müssen, dass ich dir Schreckliches angetan habe, nur weil du an meinen Ego gekratzt hast. Ich war verwirrt damals. Sehr verwirrt. Und dumm, so verdammt dumm. Aber diese Zeit ist jetzt vorbei. Versprochen!"

Was meint er denn mit verwirrt? Meint er damit, dass er nicht wusste das er schwul war? Weiß er es jetzt? Ist er es? War er es? Oder ist das ‚Schwul sein' jetzt vorbei?

Ich bin etwas verwirrt. Ich dachte früher ich kenne Taddl, aber anscheinend gab es da etwas, dass ich nicht wusste. Beziehungsweise nicht realisiert habe. Und jetzt? Jetzt weiß ich gar nichts mehr. Eine normale Reaktion von Jungs ist Abneigung, wenn man so etwas hört. Aber das fühle ich nicht. Ich finde es okay. Es ist Taddls Leben mit seiner sexuellen Orientierung. Das geht mich absolut nichts an. Ich schätze es trotzdem, dass er mir davon erzählt. Es ergibt nur langsam mehr Sinn, wieso ich leiden musste.

Ich denke nach, an früher, an die letzten fünf Jahre. Was das alles für mich bedeutet. Irgendwie fühle ich mich schlecht, weil es aus den falschen Gründen passiert ist. Aber davor, ist es grundlos gewesen. Wieso war es grundlos besser verprügelt zu werden, als den wahren Grund zu wissen? Weil der wahre Grund mich wütend macht. Das hätte man auch verbal klären können.

Irgendwie fühle ich mich auch ein wenig Erleichtert. Erleichtert, weil ich jetzt die Wahrheit weiß und sie hoffentlich auch morgen wissen werde und weil es jetzt vorbei ist. Es ist jetzt vorbei. Endlich.

Messages (Tardy FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt