Cara
Für einen kurzen Moment sah ich Cian hinterher, dann wandte ich meinen Blick ab und strich mir eine dunkelbraune Strähne hinters Ohr, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte. Meine Augen ruhten auf Fanny. Schon immer hatte ich sie für ihr Aussehen beneidet. Schlank, hübsch und klein. Alles an ihr wirkte so perfekt. Von den glatten blonden Haaren, bis zu den schwarzbraunen Augen. Sie unterhielt sich nun weiter mit Braxton, der sie aus seinen freundlichen blauen Augen anstarrte.
Ich erinnerte mich wieder an die Pferde, die noch Wasser und Heu benötigen. „Ich kümmere mich schnell noch um die Pferde", murmelte ich Fanny zu. Grey hatte bereits die Sattelschränke ausgeladen und war gerade dabei das Heunetz von Bandit zu stopfen.
Ich schnappte mir das von Sultan und tat es ihm gleich. Gerade als ich die Box betreten hatte, giftete Cians Stute Mon Petit du Levant durch die Gitterstäbe nach dem kleinen braunen Wallach. ,,Eine Zicke, wie aus dem Bilderbuch", hatte Cian einmal über sein Schimmelpony gemeint und er hatte wohl recht behalten.
Ich erinnerte mich an ein Sprichwort, das mir meine Tante, die in Bayern lebte, beigebracht hatte. Wie der Herr, so's G'scherr - und bei Cian und seiner Stute passte es wohl wie die Faust aufs Auge.
Sultan stupste mich freundlich mit seiner samtweichen Nase an, als wolle er sich für das Heu bedanken. Lächelnd strich ich ihm über den muskulösen Hals. Dieser Wallach war ein wahrer Kämpfer. Er besaß Ausdauer, Sprungkraft und Eleganz, wie kein anderer. In der Dressuraufgabe flog er wie ein Balletttänzer durchs Viereck, im Geländeteil nahm er jedes Hindernis, egal wie angsteinflößend es wirkte und letztendlich im Springen sprang er über Häuser. Aber egal in welchem Abschnitt der Vielseitigkeitsprüfung, er gab immer hundert Prozent. Und genau das schätzte ich an ihm. Das schätzte auch Fanny sehr hoch an ihm, da war ich mir sicher. Sultan of Ping war einfach ein grandioses Ponys, soviel stand fest.
Aber auch den kleinen Kracher Bandit hatte ich schnell in mein Herz geschlossen. Ich wusste, wie Fanny an ihren beiden Ponys hing und wie schwer es für sie werden würde Bandit am Ende dieser Saison herzugeben. Desto mehr freute ich mich für sie, dass Sultan für immer auf dem Hof der Kyrans bleiben würde.
Meine Freundin unterhielt sich immer noch mit Braxton Carey, weshalb ich sie für die nächsten Stunden wohl erstmal vergessen konnte, bei den schmachtenden Blicken, die sie ihm zuwarf. Von Cian fehlte immer noch jede Spur, obwohl dieser ganz sicher nicht meine zweite Wahl gewesen wäre.
Also beschloss ich mir alleine das Gelände anzusehen. Ich konnte mich erinnern, wie Fanny letztes Jahr schon einmal hier geritten war, somit fand ich mich auch schon schnell zurecht. Ich kaufte jeweils für Fanny und mich ein belegtes Brötchen und ließ dann meinen Blick durch die Leute schweifen. Viele waren bereits heute angereist, obwohl die Prüfungen erst morgen starten würden. Schnell entdeckte ich das Mädchen, das Cian vorhin fortgeschleift hatte. Dummerweise kam sie direkt auf mich zu.
,,Hey!", begrüßte sie mich mit einem breiten Lächeln und zog mich in eine Umarmung, als wären wir schon seit Jahren die besten Freundinnen.
,,Hallo", meinte ich etwas verwirrt, schenkte ihr aber dennoch ein leichtes Lächeln. In der Hoffnung, dass sie nicht auf die Idee kam sich eines der Brötchen zu schnappen, umklammerte ich beide fester. Die Tatsache, dass ich nicht einmal ihren Namen kannte, ließ mich etwas stutzig werden. Wer umarmte bitte eine wildfremde Person?
Aber wie sich herausstellte, war sie nicht ohne Hintergedanken so nett zu mir.
,,Könntest du Cian bitte sagen, dass wir einfach zusammengehören?", platzte sie heraus, nachdem ich erfahren hatte, dass sie Marine Dupont hieß, Französin war und wohl mal etwas mit Cian gehabt hatte.
Hätte sie mir jetzt nicht dreimal ziemlich fest auf den Rücken geschlagen, wäre ich jetzt wahrscheinlich an einem Brotkrümel erstickt. Das gibt bestimmt einen blauen Flecken!Dass ich ihm im Kindergarten mal mit einem Holzschwert eins Übergezogen hatte, weil er mir meine Bauklötze geklaut hatte, erwähnte ich jetzt besser nicht.
,,Ähm und wieso genau ich?", wollte ich nun wissen. Wahrscheinlich wäre ich die Letzte, auf die er hören würde.
,,Du bist die Einzige, die gegen sein Lächeln immun ist!" Möglich. Aber langsam musste ich mir ein Kichern echt verkneifen. Das hörte sich alles so lächerlich an. Wenigstens hatte ich mich noch nie mit solchen Problemen befassen müssen. Jungs waren noch nie wirklich mein Ding gewesen.
,,Bitte!" Flehend faltete sie ihre Hände. Jetzt konnte ich nicht mehr. Das lachen sprang einfach so aus mir heraus. Marine bedachte mich mit einem verständnislosen Blick. Es war wohl nicht angebracht gewesen zu lachen.
Augenblicklich wurde ich wieder ernst. Gruslig genug, dass sie soviel über mich wusste. Dann räusperte ich mich. ,,Na gut, aber ich kann nichts versprechen", meinte ich schließlich. Wer weiß, was sie mit mir gemacht hätte, wenn ich nicht eingewilligt hätte. Freudig sprang sie mir erneut um den Hals. ,,Danke, du bist die Beste! Wenn du willst, zeig ich dir mein Pony" Ich wollte dankend ablehnen, da ich ja noch zu tun hatte, aber dann dachte ich mir warum nicht.
Marines Pony stand nicht im selben Stallzelt, wie die von Fanny und Cian, sondern am anderen Ende des Geländes. Da meine Hand bereits begann zu schmerzen, bot ich Marine das Brötchen, das eigentlich für Fanny bestimmt war, an. Mittlerweile war es sowieso egal. Für meine beste Freundin würde ich dann später einfach ein neues holen. Aber wie ich sie kannte, hatte sie sowieso keinen Hunger. Ganz im Gegensatz zu mir, ich war immer hungrig.
Wie sich herausstellte war Oriad du Maucomble der schönste Ponyhengst, den ich je gesehen hatte. Lackschwarzes Fell, eine ungewöhnlich geformter Keilstern und ein so filigraner Kopf, dass er eindeutig eine ordentliche Portion Vollblut in sich haben musste.
,,Ori ist mein ganzer Stolz", offenbarte mir Marine, nachdem er eine kleine Streicheleinheit von mir genossen hatte. So übel war sie eigentlich gar nicht, allerdings wunderte ich mich immer noch darüber, woher sie meinen Namen kannte und wieso sie ausgerechnet mich gebeten hatte, ihr zu helfen.
,,Du bist Fanny Kyrans Pflegerin, nicht wahr? Reitest du auch?" Also erstens war ich nicht ihre Pflegerin, sondern ihre Freundin!
,,Beste Freundin trifft es wohl eher", korrigierte ich sie. ,,Ja ich reite auch, aber keine Turniere, das wäre mir wahrscheinlich viel zu viel Stress" Ein Grinsen huschte über meine Lippen und steckte Marine an.
,,Schade, aber wenn du mal möchtest, kannst du mich mal in Caen besuchen kommen"
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Upside Down
Dla nastolatków>> love has no limits << Fanny und Cara sind die besten Freundinnen. Fanny fährt mit ihren Ponys an den Wochenenden auf Turniere und Cara steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Aber dann lernt Fanny den charmanten Braxton kennen und schnell stellt sic...