Upside Down

4. by ponykxnd

Cara

Ein letzter Handgriff, dann die Zügel über den Kopf und Bandit stand bereit für den Geländeteil in der Stallgasse des Zelts. Ich war wohl viel aufgeregter, wie Fanny selbst, aber zur Europameisterschaft fahren zu dürfen wäre ja auch was tolles.

Also schnalzte ich mit der Zunge und führte den kleinen Wallach hinaus in die Sonne. Wenigstens spielte das Wetter mit. So hatte es nachts nicht geregnet, wie es der Wetterbericht eigentlich vorausgesagt hatte. Zu dem Glück der Reiter, denn auf einer rutschigen Geländestrecke konnte es schon mal gefährlich werden.

Bis Fanny mit Sultan fertig war, sollte ich den Dunkelbraunen am langen Zügel Schritt reiten, sodass meine Freundin ihn dann gleich abreiten konnte. Somit schob ich die Steigbügel nach unten und stellte meinen Fuß in den linken Steigbügel, um mich in den schwarzen Springsattel zu schwingen.

Die Steigbügel waren mir eigentlich viel zu lang, da Fanny viel längere Beine besaß, wie ich, aber im Schritt würde das schon gehen.

Der Abreiteplatz war restlos überfüllt. Am anderen Ende konnte ich Fanny erkennen, die gerade mit Sultan über eine Bürste sprang. Sie waren wirklich ein gutes Team. Es sah immer so leicht aus, wenn die Blonde auf seinem Rücken saß.

Marine und ihren wunderschönen Rappen mit dem merkwürdigen französischen Namen, den kein Mensch aussprechen konnte, hatte ich auch schnell entdeckt. Sie winkte mir freundlich zu. Ihre Art ging mir langsam auf die Nerven. Sie benahm sich so, als würden wir uns schon ewig kennen. Grauenvoll und gruselig zu gleich ihr Verhalten.

Cian war nirgends zu sehen, aber ich vermisste ihn nicht. Nun konnte mich nur eine Person nerven und diese kam gerade direkt auf mich zu.

"Und hast du es dir schon überlegt?" Ach ja, Marines Angebot sie in Frankreich besuchen zu kommen. Das war wirklich das Letzte, was ich wollte. Vorgestern hatte ich gemeint, ich müsse erst darüber nachdenken und um mich irgendwie aus der Sache herauszuwinden, war ich ihr gestern ständig aus dem Weg gegangen.

"Nein, noch nicht so wirklich", antwortete ich etwas zögerlich und hatte alle Mühe Bandit zurückzuhalten, der gerade einen Sprung zur Seite gemacht hatte, um loszustürmen.

"Naja ist doch auch egal. Hast du schon mit ihm geredet?" Nein, bitte nicht. Hab ich mir ernsthaft eingebildet, sie hätte es vergessen? Sie stellt sich das viel zu einfach vor. Er würde sich fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte. Wenigstens kannte ich ihn lange genung, um das zu wissen.

"Nein, hat sich noch nicht ergeben", meinte ich also und ließ dem Pony unter mir ein wenig mehr Zügel.

"Du musst es unbedingt heute machen! Du weißt ja, dass heute Abend die Party ist" Was hatte sie vor? Wollte sie ihn abschleppen? Für einen kurzen Moment fragte ich mich, wieso ich das überhaupt tat, dann vernahm ich Fannys Stimme, die zu uns hinübergeritten war.

"Sultan ist heute super drauf. Vielleicht hab ich wirklich eine Chance auf die Führung" Meine beste Freundin strahlte über das ganze Gesicht.

"Natürlich hast du das!", stimmte ich ihr zu. Sultan war eines der besten Ponys in ganz Europa. Da hatte sie wirklich sehr, sehr gute Chancen.

Erst jetzt bemerkte sie Marine. "Du bist Marine. Ich hab schon viel über dich gehört" Fanny grinste verschwörerisch und aus dem Gesicht der Französin wich jegliche Farbe.

"Du hast es aber niemanden erzählt oder?" Sie musterte mich mit einem prüfenden Blick und zog dann ihren Hengst, der gerade vorgehabt hatte nach Bandit zu schnappen, von dem Wallach weg.

"Nein" Energisch schüttelte ich den Kopf. Ich hatte Fanny lediglich von Marines Einladung erzählt und, dass sie so merkwürdig drauf war.

"Was hat sie niemandem erzählt?" Verwirrt blickte Fanny in unsere Richtung.

"Ach ist nicht so wichtig", winkte Marine schnell ab. Somit schien das Gespräch beendet, denn die Französin trabte ihren Rappen wieder an und Fanny begab sich langsam zum Start. Schnell sprang ich von Bandit und drückte seine Zügel Gary in die Hand, um meiner Freundin noch viel Glück zu wünschen und um ihren Ritt zu verfolgen. Es war immer wieder wahres Kino, wenn sie mit ihren Ponys über die riesigen Hindernisse flog.

Für mich wäre das eindeutig nichts. Ich würde mich insgesamt nicht als schlechte oder ängstliche Reiterin bezeichnen, aber das war eindeutig eine Nummer zu groß für mich. Dennoch beobachtete ich Fanny gerne beim Geländetraining oder packte auch mal mit an. Doch selber draufsetzen, wollte ich mich nicht.

Schon schade, dass ich kein eigenes Pferd besaß. Zwar durfte ich hin und wieder von den Kyrans ein Pferd reiten, aber das war einfach nicht das selbe. Fanny hatte schon enormes Glück. Seit Kindesbeinen an wurde sie gefördert und bekam die wundervollsten Ponys von ihren Eltern. Meine Eltern konnten noch nicht einmal ein Kaltblut von einem Warmblut unterscheiden.

Eilig stapfte ich über die Wiese. Beiden Ponys hatte ich Stollen eingeschraubt, damit sie auf der Geländestrecke besseren Halt hatten und nicht so leicht wegrutschten. Ich konnte Fanny erkennen, wie sie mit Sultan eine kleine Volte ritt.

Direkt neben ihr stand zu meiner Überraschung dieser Braxton, der auch schon gestern mit ihr die Geländestrecke abgegangen war, als die beiden mich mit Cian alleine gelassen hatten. Deswegen war ich immer noch ein wenig sauer auf meine Freundin. Zehn Minuten mit diesem Jungen und du kannst dir die Kugel geben. Ich fragte mich wirklich, wie man so anstrengend sein konnte. Und wie man auf ihn stehen konnte! Sorry Marine, aber das kapier ich echt nicht.

Braxton gab Fanny noch ein paar letzte Tipps, bevor sie in die Startbox ritt. Was fiel ihm eigentlich ein, sich wie ihr Trainer aufzuführen? Merkwürdig, dass Herr Kyran noch nichts gesagt hatte. Sonst war er immer sehr direkt und vor allen Dingen streng. In den letzten Minuten hatte ich mich, wie das dritte Rad am Wagen gefühlt. Fannys Vater war einfach nur schweigsam neben mir gestanden und hatte dem Fremden mit eisiger Mine beobachtet.

Der Countdown ertönte und das Pony stürmte aus der Startbox. Nach wenigen Galoppsprüngen hatten sie auch schon das erste Hindernis, das sie mit Leichtigkeit überwanden, erreicht. Dann verschwamm die Silhouette in einem waghalsigen Galopp hinter dem Horizont