1. by TinaWendyToni

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Fanny

Voller Vorfreude auf das kommende Turnier saß ich mit meiner besten Freundin Cara im hinteren Teil des LKWs. Es war die letzte Sichtung für die Europameisterschaften der Vielseitigkeit für die Ponyreiter. Da dieses Jahr mein letztes Ponyjahr begonnen hatte, wollte ich natürlich ganz besonders an den Europameisterschaften teilnehmen, auch wenn Cara meine Leidenschaft für die Turniere und den Ehrgeiz für den Sport nicht teilte, begleitete sie mich immer anstandslos auf all die Turniere, was ich ihr ziemlich hoch anrechnete.

Cara blickte aus dem Fenster, es dauerte nicht mehr lange und wir würden auf dem bekannten Gelände ankommen. Ihre brustlangen braunen Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatten, wippten aufgeregt hin und her. Während sich die Landschaft in ihren grünen Augen spiegelte. Ich mochte Cara wirklich gerne, natürlich sonst wäre sie nicht meine beste Freundin geworden, allerdings hatte sie fast ununterbrochen gute Laune, was mich nicht nur ab und an nervte, sondern manchmal auch ein bisschen stutzig machte, da ich es einfach nicht verstehen konnte, wie jemand dauerhaft so gute Laune haben konnte.

Meist war sie auf den Turnieren auch schon weit vor mir aufgestanden um sich gemeinsam mit meinem Pfleger um die Pferde zu kümmern. Auch heute waren wir wieder mit Gary unterwegs, da wir schon am Donnerstag mit den Ponys anreisen wollten, aber meine Eltern noch auf dem Hof arbeiten mussten, kamen diese erst am Freitag nach. Geschickt parkte Gary den LKW neben dem des erfolgreichen Vielseitigkeitsreiters Braxton Carey, Braxton selbst gehörte mit seinen 26 Jahren bereits mit zur Weltklasse, während sein kleiner Bruder, noch mit seinen Ponys zu meiner Konkurrenz gehörte.

Leider hatte ich Braxton bis heute nur aus der Ferne begutachten können, denn aus irgendeinem Grund gehörte der kleine Cian nicht zu unserem Freundeskreis, Cara konnte ihn nicht leiden. Also mied ich ihn ebenfalls. Dieses Wochenende musste sie allerdings mit ihm zurechtkommen, denn wie sich heraus stellte, standen meine beiden Ponys direkt neben den zweien von Cian und den beiden Großpferden von Braxton.

"Hallo Cara.", begrüßte Cian meine Freundin freundlich. Was hatte sie nur gegen ihn? Sie wurde immerhin von ihm gegrüßt, doch sie verdrehte nur die Augen und grummelte ebenfalls ein 'hallo', aber auch nur, da sie Manieren hatte.

Grinsend lief ich aus dem Stallzelt um die Futtereimer für die Ponys zu holen, als ich Cians großen Bruder das erste mal von nahem sah. Und mir gefiel was ich sah, dunkle, fast schwarze kurze Haare, aber dennoch lang genug um sie mit den Fingern verwuscheln zu können, blaue Augen, ob die man sofort eintauchen wollte, dabei war er allerdings etwas klein geraten, ich war gute 165 Zentimeter groß, er schien nicht viel größer zu sein als ich.

Also war er perfekt für mich.

Was dachte ich mir denn da? Er war fast zehn Jahre älter als ich, dennoch sah er absolut hinreisend aus. Nervös bis ich mir auf die Unterlippe, sollte ich ihn ansprechen? Warum eigentlich nicht? Was sollte schon schief gehen? Es war ja nicht so, als ob ich ihn gleich heiraten wollte, obwohl er im Hinblick auf seinen LKW bestimmt keine schlechte Partie gewesen wäre.

"Kann ich dir irgendwie helfen?" Oh, möglicherweise hatte ich ihn zu lange angestarrt.

"Du kannst mir ein Autogramm geben, das mir Glück bringt und ich mit einem meiner Ponys die Prüfung gewinne.", grinste ich ihn frech an.

"Nein! Mach das bloß nicht, sie gehört zu meiner stärksten Konkurrenz.", beschwerte sich Cian, der gerade gemeinsam mit Cara aus dem Stallzelt kam. Cian sah Braxton nur sehr wenig ähnlich, beide hatten zwar diese tollen blauen Augen und waren nicht all zu groß, doch Cian hatte dunkelblondes Haar, wobei ich mir nicht ganz sicher war, ob das nicht sogar gefärbt war. Was sie aber dennoch beide waren: beliebt bei den Mädels, von beiden hatte ich schon Geschichten gehört, die ich hier jetzt lieber nicht erzähle.

"Dann sollte ich es wohl erst recht machen.", lachte Braxton. Wo war er nur mein ganzes Leben lang?

Jeder nahm etwas aus dem LKW und brachte es in das Stallzelt, "dir gehört jetzt also der kleine Sultan of Ping.", stellte Braxton begeistert fest. Sultan war mein bestes Pony, ein kleiner brauner irischer Wallach, der einfach unglaublich gut springen konnte.

"Ja, das ist meiner.", sagte ich nicht ganz ohne stolz, es war nicht leicht an ihn heran zu kommen und mein Vater hat alle möglichen Beziehungen spielen lassen müssen um für mich dieses unglaubliche Pony kaufen zu können. Dafür wird er auch für immer bei uns bleiben, denn mit seinen vierzehn Jahren ist er nicht mehr ganz der jüngste, abgesehen davon ist er schon bei zwei Europameisterschaften mitgelaufen, wobei er einmal Gold und einmal Silber geholt hatte. Deshalb setzte ich meine ganzen Hoffnungen auf ihn.

Aber auch mein zweites Pony Bandit ist ein kleiner Kracher, dennoch war er viel schwieriger zu Händeln als Sultan und frecher war er auch, führen konnte man ihn nur mit einer Führkette und für den Teil im Gelände brauchte ich auch ein schärferes Gebiss um ihn Händeln zu können, trotzdem liebte ich den dunkelbraunen Ponywallach über alles.

"Den habe ich mal geritten, als er vierjährig war. Leider war dann ja meine Ponyzeit zu Ende und Cian war noch nicht soweit, deshalb haben wir dann beschlossen ihn zu verkaufen.", erzählte mir Braxton. Cian schien die Geschichte ebenfalls das erste mal gehört zu haben, denn er sah uns beide ziemlich entsetzt an.

"Was hast du eigentlich gegen mich.", jammerte Cian, "erst willst du ihr ein Autogramm geben, damit sie gewinnt und dann erfahre ich, dass ihr bestes Pony eigentlich meins sein sollte." Tja, so spielte eben das Leben.

"Du hast dafür Braxton als Bruder, das ist doch auch was.", versuchte ich ihn wieder etwas aufzubauen. Doch sein Interesse galt plötzlich etwas ganz anderem, ein Mädchen, das ich schon öfter auf dem ein oder anderen Turnier gesehen hatte, kam auf uns zu, sie schien etwas jünger als wir zu sein, dennoch schien sie vor Selbstbewusstsein nur zu strotzen.

Verschwörerisch zog sie Cian mit sich, der mit seinen Lippen ein Hilfe formte, aber keiner von uns reagierte darauf, das war eben der beste Weg die Konkurrenz auszuschalten. 

Upside DownWhere stories live. Discover now