Bleib 19

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Amelies Sicht

Ich stand da und wusste nicht ob ich heulen, lachen, ausrasten oder Luftsprünge machen sollte. Vermutlich hätte ich alles zur gleichen Zeit getan wenn es mir garantieren würde dass ich aus der Situation kommen würde. Marco stand hinter der Bar, wohin ich mit Tom geflüchtet war und schaffte es auch noch dass mein Kumpel nicht, so wie vor der Tür versprochen, auf mich aufpasste. Im Gegenteil, er fiel auf das Ablenkungsmanöver von Marco gekonnt rein und diese Berechnung machte mich direkt sauer. „was soll das? hast du da hinten nicht was zu tun? Sah nett aus deine neue Eroberung." – „meine Eroberung? Das war keine Eroberung Amelie. Das war eine der Weiber die dir niemals das Wasser reichen können. Du verstehst das einfach nur falsch Amelie." Wenn ich nicht zu Sauer gewesen wäre, hätten mir seine Worte durchaus imponiert und geschmeichelt doch ich überhörte sie einfach weil mir seine arrogante und überhebliche Art ziemlich gegen den Strich ging. Ich wollte doch nur mit meinem Kumpel einen Schnaps trinken, vergessen das er da mit der Ische stand und den Abstand zwischen uns vergrößern aber das blieb mir wohl vergönnt. Wieso tat er das? Wieso meldete er sich nie und machte jetzt so einen Aufriss das ich mit ihm einen Trank. Er drückte meine Hand mit seiner nach unten und ich gab nach. Der Mann war mir ein Rätsel und ich mir leider selber auch. Ich merkte dass ich ihm nicht viel entgegen zu setzen hatte, dass meine anfängliche Fassade bröckelte und ich nahm Schlussendlich das neu gefüllte Schnapsglas. Wie hätte ich auch anders können? Allein sein Blick, der dafür sorgte dass in meiner Bauchgegend mächtig was los war und sein Bemühen, was er an den Tag legte, reichte wohl aus. Jedoch war die Nummer mit der anderen Frau für mich nicht vom Tisch. Ganz bescheuert war ich ja nun doch nicht und da war auch noch die Sache mit der Eifersucht. Ich nahm das Glas in meine Hand, stellte mich gerade zur Bar und beugte mich ihm entgegen. „Sagst du mir wer sie war?"-„Sagst du mir wer er war?" Ich musste kurz schmunzeln und fuhr mir mit der freien Hand durch die Haare. Glaubte er jetzt etwa dass Tom mein Freund war? Der Gedanken daran war so absurd und ich musste Marcos Blick erstmal ausweichen. Ich brauchte einen Moment um mich zu sammeln, begegnete dabei neugierigen Blicke die uns beobachten, doch anders als bei dem ersten Treffen, störten mich diese Blicke nicht mehr. Denn was Marco hier abzog war doch eindeutig oder war das nur ein Wunschdenken von mir? Ich sah zurück zu ihm, begegnete einen abwartenden aber neugierigen Blick und konnte gar nicht anders als auf dieses Spiel reinzufallen. „Zuerst du, sonst kannst du deinen Schnaps alleine trinken." Ich versuchte sein leichtes Lächeln nicht zu erwidern während ich auf seine Antwort wartete und dabei das Glas demonstrativ weiter in die Höhe hielt. „Das habe ich doch schon. Sie ist ein niemand, unbedeutend." Ich konnte nicht verhindern dass die nächsten Worte aus meinem Mund sprudelten. „So unbedeutend schienst du aber ihr nicht zu sein." – „Was aber keine Rolle spielt, kleine Amelie. Ich bin hier. Reicht dir das nicht als Antwort." Seine Aussage verfehlte nicht sein Ziel und ich fing an leicht beschämt auf meiner Unterlippe zu knabbern. „Hey, lass das, deine schönen Lippen", dabei streckte er eine Hand aus und sein Daumen fuhr langsam über meine Lippe die noch eben von meinen Zähnen gefangen war. Ich musterte sein Gesicht als seine Hand sich weiter meine Wange entlang strich und er schließlich mit einer Haarsträhne von mir spielte. „Du bist dran." – „Was?", brachte ich nichts verstehend hervor da er mich so aus dem Konzept brachte mit seiner Aktion. „Mir zu sagen wer der Typ war." – „Ach so ja, also das war nur Tom, ein Kumpel von mir. Mehr nicht." – „Und du lügst mich auch nicht an?" Ich runzelte die Stirn „welchen Grund sollte ich haben dich anzulügen?" Das ich noch vor ein paar Stunden und Tagen total gefrustete war weil er sich nicht gemeldet hatte, schien ich hier vollkommen vergessen zu haben. Dafür fühlte ich mich in seiner Gegenwart jetzt einfach viel zu gut. „Schon gut.", diesmal war es er, der einmal kurz in die Menge schaute und plötzlich seine Hand von meiner Haarsträhne löste. „Komm, lass uns verschwinden. Hier sind mir zu viele Zuschauer." Ich sah mich selber um und musste feststellen dass wir tatsächlich einige neugierige Blicke auf uns gezogen hatten. Tja, er war nun mal eben der der er war und verstand das jeder seiner Schritte nicht unbemerkt blieben. „okay", gab ich zögerlich von mir. „Warte ich komm rum", sah ihm dabei zu wie er sein Glas exte und sich aufmachte um die Bar herum zu kommen. Meine Gedanken überschlugen sich, ich hatte ja nicht mal eine Minute Zeit darüber nachzudenken ob das jetzt eine gute Idee war mit ihm mitzugehen oder nicht. Ich leerte jetzt ebenfalls mein Glas, genau in dem Moment kam Tom zurück und ihm hinterher, Clara. Sie drängelte sich direkt an Tom vorbei „stimmt das was Tom mir erzählt hat? Ist er wirklich hier?" Ich nickte nur, was sollte ich auch sonst sagen. „Wo ist er hin?", war es Tom der sich in unserer Unterhaltung einmischte und sich neben mich hinstellte. Ich kam gar nicht dazu etwas zu sagen, denn Marco war bereits bei uns angekommen, schob sich demonstrative und mit einem bösen Blick zu Tom, zwischen uns. Konnte mal alle aufhören mich zu überfordern! Doch Marco schaffte es das er meine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte in dem er sich an mich schob und eine Hand an meine Taille legte. Sein männlicher Duft schob sich in meine Nase als er mit seinem Gesicht in die Nähe meines Ohres kam. „Warte draußen auf mich, ich muss nur eben jemanden Bescheid sagen. Und Amelie" er machte eine verheißungsvolle Pause „ich kann es kaum erwarten mit dir alleine zu sein." Um seine Worte zu unterstreichen hatte er es geschafft mit seiner Hand einen Weg an meine Haut zu finden. Ich presste meine Lippen zusammen als sich das Kribbeln ankündigte, was seine Berührung auslöste. Genauso wie meine Freunde, sah ich Marco hinterher, der sich in die Richtung des Vips verzog. Tom packte mich an meinen Arm und riss mich aus meiner Träumerei heraus. „Du wirst doch nicht so blöd sein und mit ihm mitgehen?" Was machte denn jetzt Tom für eine Szene und ich sah ihn fragend an. „Was hat das denn mit Blöd sein zu tun, huh?" – „Der will doch nur Vögeln." – „Ach", wurde ich jetzt etwas zickig denn es war immer noch meine Sache was ich tat. „Amelie, so bist du doch nicht." – „Jetzt halt mal den Rand Tom", mischte sich Clara ein. „Aber..." versuchte es er erneut. „Mir ist das zu doof. Ich bin weg.", war ich es die das ganze hier beendete und Clara einen Kuss als Abschied auf die Wange gab. Ich hatte mich bereits umgedreht doch konnte ich die Worte meiner Freundin deutlich hören. „Tom lass sie, sie muss selber die Erfahrung machen und sei es das sie sich da in was verrennt." Einen Schritt nach dem nächste setzte ich durch den Club doch hallten die Worte in meinem Kopf wieder. Was ist wenn ich mich wirklich in etwas verrannte? Wahrscheinlich tat ich das auch, es deutete ja alles darauf hin, nur wollte ich das aus seinem eigenen Mund hören. Ja das war mein Ziel und auch der Grund warum ich mich darauf einließ mit ihm alleine zu sein. Von weiten konnte ich sehen wie Marco und Marcel gerade dabei waren ihre Jacken zu holen und den Ausgang zusteuerten. Ich selber hatte keine Jacke dabei, da diese im Auto von Tom lag und bereute es direkt als ich in die kalte Luft trat. Mein Blick ging zu den zwei Jungs die schon einige Schritte von dem Club entfernt waren und an einem Auto schließlich Halt machten. Marco öffnete die hintere Türe und sah dann in meine Richtung, was für mich wie ein Startsignal war und zu ihnen ging. „Bitte schön", machte Marco eine einladende Handbewegung in das Innere des Autos und ich schob mich auf die Rückbank. Anders als wie bei der ersten Fahrt, setzte sich Marco diesmal nicht nach vorne sondern zu mir nach hinten. „Ist dir kalt?", fragte er mich und deutete auf meine verschränkten Arme. Ich nickte leicht und schon zog sich Marco seine Jacke aus um sie um mich rum zu legen. Erst jetzt richtete ich meinen Blick nach vorne. „Hallo Amelie. Schön dich wieder zu sehen", begrüßte mich Marcel und zwinkerte mir im Rückspiegel zu. Sein Ton gefiel mir gar nicht, es hatte was Wissendes und Sarkastisches an sich. „Ja, hallo" gab ich verhalten als Antwort. Marco schien das alles nicht zu interessieren und er nahm sich einfach eine Hand von mir und verschränkte sie mit seiner.

Die Fahrt verlief größtenteils schweigend. Immer wieder spürte ich wie Marco seinen Kopf zu mir drehte und gleichzeitig spürte ich den neugierigen Blick von Marcel im Rückspiegel, der vor Marco verborgen blieb. Mir gefiel es überhaupt nicht wie Marcel mich ansah und war froh das wir irgendwann vor dem Haus von Marco standen. „Tschüss", brachte ich noch hervor und war schon aus dem Auto gestiegen. Keine Sekunde länger wollte ich jemandem ausgesetzt sein der meine ganzen Zweifel zum Vorschein brachte. Ich zog die Jacke um meine Schultern enger und lief einfach schon mal los in die Richtung der Haustür da Marco sich noch von seinem Kumpel verabschiedete. „Hast du es eilig?" Ich blickte zu Seite und sah zu Marco hoch der jetzt neben mir stand und sich daran machte die Haustür zu öffnen. „Nein mir ist nur kalt." – „Wir bekommen dich gleich schon warm", zwinkerte er mir zu und gemeinsam gingen wir hoch in seine Wohnung.

„Bleib heute Nacht bei mir", murmelte mir Marco schlaftrunken in meinen Nacken und schlang seinen Arm fester um meinen Bauch. Mit geschlossenen Augen schmiegte ich mich mit meinem Rücken an seine nackte Brust und war so erschöpft das ich gar keine andere Wahl hatte.


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