Weddingplanerin 64

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Claras Sicht

Die Runde hätte so lustig sein können, wäre das Thema ein anderes gewesen und doch schien mir Amelie irgendwie nicht mehr so traurig zu sein, wie vor 5 Minuten noch. Ich legte meinen Kopf schief und sah sie eindringlich an "müde?"-"neiiin" kam es gedehnt von ihr und es schien als wäre sie sehr weit weg mit ihren Gedanken. "Denkst du an ihn?" ihr Blick war schlagartig nicht mehr so betrübt und es huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. "Nein auch das nicht" ihre Stimme klang selbstbewusst, hatte aber einen Unterton und verirrt mir die Lüge in ihren Worten. "Wann kommt der Stripper?" rief sie urplötzlich in die Runde und sprang auf um den Weg zur Bar einzuschlagen. Schnell stand ich auf und ging ihr nach. Mir kam ihr Verhalten so suspekt vor und wollte es, wie eine richtige Freundin, tiefer ergründen und analysieren. Amelie merkte meine Absichten gleich und rollte mit den Augen "können wir Bitte das Thema lassen? Es fällt mir doch schon schwer genug ohne darüber zu reden"-"ich habe 2 Wochen lang geschwiegen"-"und heute Nachmittag deine Meinung gesagt" pflaumte sie mich an und ich hielt den Mund. Ich orderte mir auch einen Drink, dann stürmten drei Polizisten den Raum. Aufgeregt quietschten alle durcheinander und liefen kreuz und quer durch den Raum, was mir nur ein Kopfschütteln abrang. Als wüsste, bis auf die zukünftige Braut, keiner warum die drei Jungs hier aufgetaucht sind. Daniela führte die Kerle zu Michelle, die direkt abgeführt wurde und der Spaß konnte beginnen. Ihr Blick war göttlich! Umso mehr Kleidung abgelegt wurde, umso mehr kreischte die Meute und sogar Amelie blühte auf. Als die Stripper das letzte Stück Stoff blank zogen, drehten sie der Braut zuerst den Hintern entgegen, die mittlerweile mittig auf einem Stuhl saß und zeigten dann nur ihr die volle Pracht ihrer Männlichkeit. Michelles Augen sprangen ihr förmlich aus dem Kopf und ich musste laut lachen. Eigentlich wie jeder, der den Gesichtsausdruck sah. Dann bedeckten die Kerle ihr Gehänge und zogen ab in einen Nebenraum um sich wieder anzuziehen. Als sie fertig waren, ging ich hin für die Bezahlung und bedankte mich für die tolle Show. Nun stand noch Karaoke auf dem Programm, zu das der DJ alle einlud. Die Frauen grölten und jaulten, mit lallender Zunge, zu den Schlager des letzten Jahrhunderts. Meine Bauchmuskeln schmerzten vor Lachen und Amelie machte mit. Irgendwie gab sie für mich noch eine bessere Show ab als die Stripper. Ich wusste nicht was ich noch mit ihr tun sollte, sie tat mir irgendwie tief in meinem Herzen leid. Ich hatte sie lang und viel gemeinsam beobachtet, sie und Marco. In meinen Augen gaben sie ein perfektes Paar ab. Wäre doch Amelie nur nicht so kompliziert. Ja, sie ist meine beste Freundin, dennoch wusste ich, dass sie nicht immer einfach war. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsste Schicksal spielen. Nur Amelie in den Rücken fallen, wäre auch nicht das Richtige. Ich war schon fast gewillt heimlich Marco anzurufen, vielleicht hat er ja Zeit um sie hier vor Ort, bei dieser Junggesellinnen Party, zu überraschen? Ein schwerer Seufzer ging mir über die Lippen und ich schob diesen grausamen Gedanken beiseite. Nein, ich könnte Amelie nicht so hintergehen. Ich ging zu ihr rüber, packte sie an ihrer Hand und zog sie schwungvoll mit mir mit. "Wir sollten auch etwas zusammen singen" brüllte ich ihr über die laute Musik und Gejaule zu. "Bist du bekloppt?" kam es wie schon fast zu erwarten von ihr und sie unterstrich ihre Meinung, mit einem kräftigen tippen gegen ihre Stirn "die anderen können sich gerne zum Affen machen aber ich ganz sicher nicht!" Da war sie, die echte Amelie. Ganz ohne Schauspiel und aufgesetzter fröhlichen Maske. "Doch und ob!" ließ ich sie nicht mehr los wie ein Angler seinen Fang. Mit etwas Mühe bugsierte ich sie auf die gerade leer gewordene Bühne und gab dem DJ ein Lied durch. "Glaub ja nicht ich würde jetzt hier einen auf Vogel machen und singen" zischte sie mir zu als ich ihr das Mikrofon in die Hand drückte. Ich winkte nur ab, grinste frech und nickte dem DJ zu, als Zeichen zum Starten. Die ersten Töne des Partyklassikers dröhnten aus den Boxen und ich sang drauf los. "Komm schon" flötete ich zwischen den Text von Nenas "irgendwie, irgendwann, irgendwo". Ich fand den Song irgendwie so passend zu ihrer Situation und nachdem die erste Strophe durch war, verzog sie ihre Mundwinkel und sang erst leise und dann immer lauter mit. Am Ende hatte ich mein Ziel erreicht. Amelie lachte nicht mehr nur mit einer Maske, sondern aus dem Herz und mit Überzeugung. Es lief so gut, dass sie sich noch ein weiteres Lied wünschte und wir zu "Baby one more time" nicht nur sangen, sondern die dumme Choreografie gleich dazu mittanzten. Die Braut selbst kam zu uns auf die Bühne und machte schlussendlich auch noch mit. Ja wir hatten richtig Spaß und wir feierten unsere neue Gesangskarriere mit einer Runde Shots. Dann setzten wir uns wieder raus auf die Terrasse mit einem Tablett Getränke, sollte ja keiner Durst bekommen. Wir hingen in den Stühlen und sahen dem Treiben gemeinsam zu "jetzt besser?" fragte ich leise zu Amelie rüber und konnte ihr Kopfnicken im Augenwinkel erkennen. „Freut mich" eine wortkarge Unterhaltung, ganz untypisch für Frauen. „Ich glaube Michelle hat eine richtig coole Party bekommen oder?" ja ich war selbst von meinem Können überzeugt und wollte natürlich eine Bestätigung bekommen von meiner Freundin. Sie legte mir ihre Hand auf den Oberschenkel, kniff leicht zu und sah zu mir rüber „das hast du echt super gemacht und sollte ich jemals jemanden finden, der mich freiwillig heiraten will, werde ich dich mit der Planung dafür beauftragen" ja, das war Balsam für meine Seele und ich nickte anerkennend für ihre Aussage, schnappte mir ein neues Glas und hob es in die Höhe. Amelie griff schnell auch nach einem Glas und prostete mir zu „auf die beste Weddingplanerin der Welt". Lachend kippten wir uns den Kurzen in die Kehle, was mich zum Prusten brachte, da es leicht brannte. Als ich meine Augen wieder aufmachen konnte, sah ich direkt einmal quer durch den Saal und wäre fast vom Glauben abgefallen. Da stand Marco persönlich! Als hätte er mein Gehirn angezapft und hätte sich auf den Weg gemacht um nun endlich da zu sein.

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