Wahrheit oder Pflicht 47

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Marcos Sicht

Als Marcel über seine Leidenschaft zu Schuhen erzählte, musste ich lauthals anfangen zu lachen. Ich hätte im Leben nicht dran geglaubt, dass er dies jemals einer Frau erzählen würde. Ich fing mir einen komischen Blick ein von Amelie, die es überhaupt nicht witzig fand „sag mal, erzählt ihr euch auch sonst so solche Sachen?" stellte sie ihre Frage dann an die beiden, ganz unverblümt. „Es ist am ehrlichsten. Es wird doch schon genug gelogen" lächelte Alex aufrichtig zu Amelie rüber. „Ich bin ein ehrlicher Mensch und habe mit meiner Vergangenheit keine Probleme und dasselbe erwarte ich auch von meinem Partner"-„wir hatten bis jetzt nicht einmal Streit, es scheint echt zu funktionieren mit dieser Ehrlichkeit" stützte Marcel seine Freundin und sah mich funkelnd an. Ich wusste genau auf was er anspielte, ließ mir aber nichts anmerken. „Naja, alles muss aber doch nicht sein" räusperte sich Amelie und sah schon leicht verschämt aus und blickte dann zu mir „wir streiten auch selten. Eigentlich gar nicht". Ich musste dann doch meine Augenbrauen bis weit hoch auf meine Stirn ziehen, denn mit „Wahrheit" hatte es nicht wirklich was zu tun und ich grinste „Jaaaa, in der Öffentlichkeit, streiten wir eigentlich gar nicht mehr. Da hat sie mittlerweile Beißhemmungen aber sobald wir zu Hause sind. Uuui uuui uuui" ich schüttelte mit meiner Hand, als hätte ich mich verbrannt und alle fingen an zu lachen. Natürlich war es ein Seitenhieb gegen Amelie und ich konnte es an ihrer Haltung sehen, wie sie sich zusammen riss. „Wenn du meinst?" war ihr tonloser Kommentar, was sie mir halb über die Schulter zu warf, da ich mich nach hinten angelehnt hatte. „Sag ich doch, Beißhemmungen" flüsterte ich und hatte wieder den Lacher auf meiner Seite. Ok, das war ein Witz zu viel, der ja irgendwie auf ihre Kosten ging. In einer Angriffshaltung drehte sie sich zu mir „na los, du bist dran"-„ähm echt?"-„ja, nur los"-„Ok, Wahrheit oder Pflicht?", ich konnte ihr es direkt ansehen wie sie am Abwägen war und es klang leicht gequält als sie versuchte selbstbewusst „Wahrheit!" zu sagen. „Wahrheit also?!" nickte ich und wollte ihr so noch eine Chance geben ihre Meinung zu ändern, was sie aber nicht tat. „Was stört dich an deinem Freund?" platzte es aus mir heraus und alle Augen waren auf uns gerichtet. „Ähm, darf er das? Ist das nicht gegen die Regeln?" ich wusste es. Sie konnte sich auf die Frage nicht vorbereiten und dann waren wir zusätzlich auch nicht alleine. Es würden unsere besten Freunde mitanhören, was sie an mir störte. „Ach komm Amelie, so schwer kann das doch nicht sein" grinste ihr Clara frech entgegen und Amelie holte tief Luft und sah mich wieder an. „Na gut. Ähm ... er ist manchmal ein kleinwenig selbstgerecht und manchmal will er mit dem Kopf einfach durch die Wand ..." sie sah an die Decke und schien noch weiter zu überlegen. „Warten wir einfach noch ne halbe Stunde, dann macht sie euch eine Power-Point Präsentation zum Thema und alles gut durchdacht" ich wollte mich amüsiert anhören, doch in mir drin, fing es an zu brodeln. „Und das er mich ständig provoziert und mich immer dazu bringt, Dinge zu machen, die ich eigentlich gar nicht machen möchte. Weil er genau weiß, welche Knöpfe er drücken muss" Amelie redete sich in Rage und bekam leichte Flecken auf den Wangen. Ich kannte diese nur zu gut, zeigten sie doch, dass auch sie anfing zu kochen wie ich. „Wisst ihr was das schlimmste ist? Das macht mich auch noch an! Und dann stehe ich da und kann es selbst nicht fassen" ich konnte es auch nicht fassen, was sie gerade gesagt hatte. Ich lehnte mich vor und sah sie an, dann zu den anderen rüber um meine Sicht der Dinge zu giften „weil das, was sie eigentlich will, ist ein Ritter auf nem weißen Pferd!"-„Das will ich überhaupt nicht! Es ist einfach nur so ..." sie brach ab und da ich nicht aufgeben wollte, starrte ich sie an. Sie räusperte sich und schoss mir im Sekundentakt Giftpfeile entgegen „Doch!" sagte sie plötzlich entschlossen und stand auf um sich zu mir runter zu beugen und fuchtelte dabei mit ihrem Finger vor meiner Nase rum „Weißt du was? Genau das will ich. Ein Ritter auf dem weißen Pferd! Der mir die Tür aufhält. Die Tasche nachträgt und das Gefühl gibt, eine Prinzessin zu sein. Und was bekomm ich? Einen Typen, der glaubt man könnte dieses Gefühl erkaufen. Ich wollte nicht die Prinzessin auf deinem Schloss werden, wegen Geld und was kostet die Welt. Sondern, weil ich mit dir auch bettelarm glücklich sein will. Weil du mir eben das Gefühl gibst ich wäre eine Prinzessin. Du hast irgendwie an der Stelle weder Manieren, noch Taktgefühl und Romantik geht auch nur wenn der Geldbeutel weit offen ist" sie schnaubte geräuschvoll ein und aus. „Was ist mit stiellos, formlos, geschmacklos?" fragte ich trocken und bekam nur ein lautes „der mich nicht ausreden lässt!" entgegen geschmettert. Sie packte ihre Tasche, die neben uns am Boden stand. Schulterte diese, nickte in die Runde und hatte für mich nur noch Hass in den Augen, dann war sie weg. „Ich glaub, der Abend ist offiziell beendet" kam es kleinlaut von Robin aus der hintersten Ecke. „Da könntest du recht haben Bro" ich sah immer noch zur Tür, zu der Amelie rausgestürzt war und rieb mir über das Kinn. Ich wusste nicht so recht was ich tun sollte. Ob es Sinn machte ihr hinterher zu laufen oder sie einfach mal für sich in Ruhe zu lassen? Ich hatte sie wirklich extrem provoziert und dennoch stach jedes ihrer Worte tief in mein Herz rein.


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