Kapitel 4

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„Cora, wach auf! Wir sind da!" Hanna rüttelte an mir, um mich aufzuwecken. Ich sah sie verschlafen an und lächelte ihr dankbar zu. Wir fuhren gerade auf den großen Parkplatz der Schule, wo sich schon eine Menge Eltern versammelt hatten, um ihre Kinder abzuholen. Sie winkten uns fröhlich zu und wir winkten zurück. „Cora." Ich drehte mich zu Tarek um. „Nehmt ihr mich mit? Ich würde gerne mit deinen Eltern reden." Den Grund dafür kannte ich ja und nickte. Ich stürmte aus dem Bus und nahm meine Eltern in den Arm. Genau das brauchte ich jetzt. Ich merkte, dass sie überrascht waren, erwiderten die Umarmung aber. Ich holte mein Gepäck aus dem Bus, verabschiedete mich von meinen Freundinnen, meldete mich bei Frau Maier ab, nahm Tarek an der Hand und zog ihn, unter Rosalies tödlichen Blicken, rüber zu meinen Eltern. „Mum, Dad, das ist Tarek. Er kommt aus Elementaria und würde gerne mit euch reden. Habt ihr was dagegen, wenn wir ihn mitnehmen?", fragte ich. Ich konnte an dem ängstlich, geschockten Gesichtsausdruck, den meine Eltern tauschten erkennen, dass ihnen der Begriff Elementaria etwas sagte. Sie nickten nur, dann verluden wir das Gepäck und fuhren los. Auf der Fahrt sagte keiner ein Wort. Nur mein Vater schaute hin und wieder Tarek misstrauisch durch den Rückspiegel an. Zuhause angekommen, stellten wir das Gepäck erst einmal in den Flur. Während meine Mutter sich im Wohnzimmer aufs Sofa setzte, sah Tarek sich anerkennend pfeifend um. Dann wandte er sich an meine Eltern. Meiner Mutter war jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen, während mein Vater versuchte sie zu beruhigen. Tarek war der Erste, der etwas sagte. „Ich bin nicht hier, um zu richten.", sagte er ruhig. „Was mich interessiert ist, welche Elemente sie haben und aus welchem der vier Königreiche sie stammen." „Wir stammen weder aus Elementaria, noch besitzen wir besondere Kräfte." Ich konnte in Tareks Gesicht sehen, dass er verwirrt war und auch ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Doch als Tarek mich nach ein paar Sekunden nachdenken schützend in dem Arm nahm, wusste ich, dass etwas Schlimmes dahinter steckte. „Wie erklären sie sich dann, das Cora mit einem Stern gezeichnet wurde, was definitiv heißt, dass sie besondere Kräfte hat.", fragte Tarek und versuchte ruhig und gelassen zu klingen. Meine Eltern sahen mich entschuldigend an und ich krallte mich in Tareks Jacke fest, auf das Schlimmste vorbereitet. „Sie ist nicht unsere leibliche Tochter." Die Stimme meiner Mutter zitterte. Ich wäre zusammen gesackt, wenn Tarek mich nicht mit seinen starken Armen festgehalten hätte. „Vor 16 Jahren klingelte es bei uns an der Tür.", begann mein Vater zu erzählen. „Draußen stand eine junge Frau mit einem kleinen Säugling im Arm. Sie bat uns eintreten zu dürfen. Als sie bei uns auf dem Sofa saß, erklärte sie uns, warum sie so spät noch bei uns geklingelt hatte. Sie hatte gehört, wir seien sehr liebevoll und sie suche ein sicheres Zuhause für das Baby. Sie zeigte uns das Gesicht des Säuglings. Das war das schönste Baby, das wir je gesehen hatten, gleich nach unseren eigenen natürlich. Sie sagte, sie käme aus einer anderen Welt, aus Elementaria, einem Land, in dem die Bewohner über die Elemente herrschten und besondere Kräfte besäßen. Sie sagte, dass dieses Baby noch mächtiger war als alle anderen im Land und deshalb sterben müsse, wenn es nicht in der Menschenwelt aufwachsen könne. Wir hätten aber nichts zu befürchten, da elementarische Kinder, die in der Menschenwelt aufwachsen, erst mit 16 ihre Kräfte erlangen, also dann, wenn sie in Elementaria als Erwachsen gelten. Es gäbe noch 4 weitere elementarische Familien hier in der Gegend, an die wir uns mit Fragen wenden können, vorausgesetzt, wir würden das Kind annehmen. Wir hatten uns sofort in das Baby verliebt und konnten gar nicht anders, als ja zu sagen. Wir haben uns dann mit den Familien in Verbindung gesetzt und einen Termin vereinbart, um uns zu treffen und zu gucken, ob ihr 5 euch überhaupt versteht. 3 der 4 Familien hatten mehrere Kinder, aber nur eines würde später die komplette Kraft entwickeln. Die 4 Kinder waren zum Glück alle Mädchen und auch nicht großartig älter als unser Baby. Ihr habt euch auf Anhieb super verstanden und seid seit diesem Treffen unzertrennlich. Es tut uns leid, dass wird dir davon nichts gesagt haben, aber wir wollten dich beschützen." Meine Eltern waren beide den Tränen nahe. Ich war noch zu geschockt, um was zu sagen und war froh das Tarek die Stille brach. „Welcher Elternteil der Mädchen stammt aus Elementaria?", fragte er. „Janas Vater hat das Element Feuer, Zoeys Vater hat das der Luft, Hannas Mutter besitzt das des Wassers und Linas Mutter das der Erde.", sagte mein Vater und versuchte, seine Stimme in den Griff zu kriegen. Inzwischen war ich aus meinem Schockzustand aufgewacht und begann die Situation zu realisieren. Meine Eltern waren gar nicht meine Eltern! Ein Fluss aus Tränen rann an meiner Wange nach unten und auch meine Mutter könnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Es tut mir so leid mein Schatz!", schluchzte sie. Meine ganze heile Welt brach gerade zusammen. Ich starrte nur gerade aus, während die Tränen weiter unaufhaltsam über meine Wange liefen. Tarek hielt mich immer noch in seinen Armen, was es mir ermöglichte nicht zusammenzusacken. Meine Tränen tropften, eine nach der anderen, auf seinen Jackenärmel, der inzwischen schon komplett aufgeweicht sein müsste. Aber das schien ihn nicht zu stören. „Wisst ihr, wer meine leiblichen Eltern sind?", wollte ich fragen, aber ich bekam keinen Ton heraus. Tarek schien zu wissen, was ich hatte sagen wollen, den er fragte: „Wissen sie, wer Coras leiblichen Eltern sind?" „Nein, wir haben die Frau gefragt, aber sie meinte, dass wäre nicht wichtig, ihren Namen sagte sie auch nicht, alles was sie sagte, war das das Kind Cora heißt, das war der Wunsch ihrer Mutter." „Was haben sie der Verwandtschaft erzählt? Ich meine, die werden sich doch gewundert haben, wenn sie plötzlich ein Kind mehr hatten." „Wir haben ihnen erzählt wir hätten sie Adoptiert, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sie haben sie alle gut aufgenommen, als wäre sie unsere leibliche Tochter. Auch Caro und Sebastian hatten damit kein Problem und haben es auch nicht an die große Glocke gehängt. Dass du besondere Kräfte besitzt hat sie nicht gestört. Sie sind aber auch die Einzigen, die das mit den Kräften wissen." Eine Weile sagte keiner mehr was, bis ich mich, so gut es ging, zusammenriss und fragte: „Könnt ihr mir was versprechen? Könnt ihr trotzdem immer meine Eltern bleiben?" „Natürlich mein Schatz!", versicherte mir meine Mutter sprang auf, entriss mich Tareks Umarmung und nahm mich in den Arm. Ich hielt sie ganz fest. Auch mein Vater kam dazu. Tarek sah uns nur lächelnd zu. „Hast du Hunger? Worauf hast du Lust?", fragte Mum mich. „Spagetti!" Ich hatte richtig Heißhunger auf Spagetti. Mit einem Lächeln löste sie sich aus der Umarmung und verschwand in der Küche. Mein Vater wischte mir die letzte Träne von der Wange. „Wie wäre es, wenn du deine Sachen hoch bringst und auspackst, bis das Essen fertig ist?" Ich nickte und machte mich daran, meine Sachen hoch zutragen. „Wo schläfst du eigentlich, Tarek?" „In so einer Art Hotel." „Wie wäre es, wenn du hier wohnst und nebenbei ein Auge auf Cora hast, damit hier wenigstens einer ist, der sie im Griff hat, wenn sie mit ihren Kräften herum spielt?" „Danke, das ist sehr nett von Ihnen." „Cora, zeig Tarek doch bitte, wo das Gästezimmer ist, bitte." Ich nickte und bat ihn mir zu folgen. Er schnappte sich sein Zeug und folgte mir. Das Gästezimmer war direkt neben meinem. Er verschwand im Zimmer, während ich begann meine Sachen auszupacken. Nach ein paar Minuten merkte ich, dass mich jemand beobachtete. „Wie geht's dir?" Ich drehte mich zu Tarek um, der mich besorgt ansah. „Geht so.", sagte ich und klang dabei nicht halb so selbstbewusst, wie ich es vorgehabt hatte. Er lächelte mir aufmunternd zu. „Das wird schon, wirst schon sehen! Ab morgen konzentrieren wir uns darauf herauszufinden, was deine Kräfte sind." Ich lächelte und wir gingen zusammen runter zum Essen. Auch meine Geschwister waren jetzt da. Meine Eltern hatten ihnen erzählt, dass sie mir von der Adoption erzählt hatten, aber auf meinen Wunsch hin taten wir so, als wäre alles wie immer. Wir aßen, lachten und redeten über die Klassenfahrt. Sie fanden es total cool, dass ich jetzt besondere Kräfte hatte, versprachen aber, es niemandem zu erzählen.

Elementaria - Das Land meiner ElternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt