Kapitel 3: Giftschlange

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•Iki Hiyori•

Die Stimmung in dem Raum war wirklich sehr...angespannt.
Alle Anwesenden hier kannten sie. Kannten Hiyori und wussten was passiert war, in welche grosse Sache sie involviert war.
Nach dem Yato und sie selbst am vorgestrigen Tag einige 'Differenzen' aus der Welt geschaffen hatten, waren sie auf die Suche nach Yukine gegangen - der dem psychisch noch leicht angeschlagenen Gott einige Stiche verpasst hatte. Doch durch das beruhigende Reden mit ihm war die Situation so weit wieder geklärt. Während Yukine also wieder versuchte normal zu sein und Hiyori täglich mit Geschenken überhäufte, war Yato eher ein Wrack als er selbst. Hiyori wusste nicht woran es lag - waren seine Schuldgefühle oder etwas anderes der Grund dafür?
Gestern hatte Tenjin die Oberschülerin bei Kofukus Schrein aufgefangen. Scheinbar hatte er ein wichtiges Gespräch mit ihr zu besprechen.
Der Gott der Belehrung hatte Hiyori darum gebeten, als Zeugin für das komische Ereignis vor einigen Tagen vor den Rat zu stehen - eine bisher noch nie vollführte Tat. Denn schliesslich war Hiyori eine der ersten Halbayakashis die nach Takamagahara ging. Allgemein gesehen, waren Halbayakashis selten.
Eigentlich hatte Hiyori erwartet dass es so kommen würde, aber es war ihr trotzdem sehr unangenehm das jeder zweite Gott der an ihr vorbei lief sie angaffte, als wäre sie ein seltenes Tier in einem Zoo. Die Präsenz des depressiven Häufchen Elends und dessen Meistershinki neben sich machte das Gaffen nicht besser - im Gegenteil, die fragten sich doch alle dasselbe!
"Entschuldigung, aber was macht denn so ein hübscher Halbayakashi wie Sie mit einem unbekannten Gott und diesem herausragenden Shinki hier?", sprach eine männliche Stimme die Gedanken Hiyoris. Konnte der Typ Gedanken lesen oder was?!
Denn genau dies war ihr gerade durch den Kopf gegangen!
Fast als hätte der unbekannte - und zu Hiyoris Bedauern recht gut aussehende - Gott einen Knopf gedrückt, stand Yato auf und holte zum Schlag aus. Welcher aber verfehlte und der Fremde bloss mit seiner Handkante den Kopf des Schwarzhaarigen treffen musste, damit dieser mit einem schmerzhaften Knall auf den harten Boden fiel. Yukine neben ihm schüttelte bloss grinsend den Kopf.
"Das war wohl nichts, Idiot!", war der Kommentar des Shinkis, worauf hin sich Yato erhob und ihn böse anfunkelte. "Ej hör Mal! Ich bin immer noch dein Boss!"
"Du bist dämlich!"
"Kannst du Mal die Beleidigungen lassen, das tut weh!"
"Baakaaaa!"
"Argh!"
Überfordert lächelnd liess Hiyori die beiden erst Mal weiter streiten - das war sowieso tägliche Routine.
Ihre pinken Augen richteten sich wieder auf den jungen Gott.
Er war in etwa so alt wie Yato vom Aussehen her. Seine grünen Augen schienen Hiyori genau zu scannen und auf seinen Lippen lag ein merkwürdig freundliches Lächeln - für Hiyoris Geschmack zu freundlich. Er trug einen lockeren, dunkelgrün-weissen Kimono (natürlich für Männer) und hatte seine langen, hellbraunen Haare hoch gebunden.
"Erkennen Sie mich, hübsches Fräulein?", richtete der Unbekannte seine Stimme wieder an Hiyori und wich einem von rechts kommenden Schlag Yatos aus.
"Yato, warum willst du ihn dauernd schlagen?", stellte Hiyori die Frage an den Blauäugigen und bekam als Antwort einen ernsten Blick.
"Lass' dich bloss nicht von seinem freundlichen Lächeln täuschen. Das ist Tobosaku, der Gott der Hinterhältigkeit. Er hat nicht umsonst eine Schlange auf seinen Schrein gezeichnet! Dieser Kerl ist echt mies, also pass bloss auf."
"T-Tobosaku?!", entwich es der Braunhaarigen, während sie den Gott vor ihr ungläubig anschaute. "A-Aber auf allen Bildern ist er ein alter Mann und trägt in der Hand eine Pfirsich, weil er in der Legende drei Pfirsiche geklaut hat!"
Tobosaku grinste amüsiert und strich sich arrogant einige verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Du solltest doch mittlerweile wissen, dass wir Götter immer wiedergeboren werden." Langsam kam er der auf der Bank sitzenden Hiyori näher und liess ihr langes, braunes Haar durch seine Finger gleiten. "Ausserdem finde ich es sehr unfair, dass du die Fehler einer alten Version von mir auf mich hetzt. Schliesslich ist dies der Verdienst des alten Sackes vor einigen tausend Jahren...hübsches Fräulein, du hast wirklich wunderschönes Haar."
Noch bevor Hiyori dem Gott ihre Haare entziehen konnte, kam ihr Yato zuvor, der das Handgelenk Tobosakus packte und ihn drohend anfunkelte.
"Ich habe nicht ohne Grund versucht dich zu schlagen, Schlange."
"Was willst du mir damit sagen, armseliger Gott?", antwortete Tobosaku und liess Hiyoris Haare in den Hintergrund fallen, funkelte den Schwarzhaarigen herausfordernd an.
Yato warf das Handgelenk mit einer statken Bewegung weg von sich und liess den Gott der Hinterhältigkeit ein wenig zurück taumeln. "Halt' dich von Hiyori fern, Schlange!", zischte er und stellte sich vor die Oberschülerin, als würde die 'Schlange' dann verschwinden.
Tobosaku zog einen Augenblick arrogant eine Braue hoch und musterte Yato argwöhnisch.
"Tzz", gab er dann von sich und drehte sich zum Gehen um. "Du bist wirklich nicht ganz ohne, armseliger Gott. Schade eigentlich, dass man dich nur als Unglücksgott kennt. Dabei hast du doch so ein gutes Herz."
Mit diesen Worten war der hinterhältige Gott verschwunden und hinterliess einen angespannten Yato, eine verwirrte Hiyori und einen bedrückten Yukine.

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